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Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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die aus dem Überfall auf einen Lumpensammler stammen konnten. Die meisten von ihnen trugen Stöcke oder hölzerne Dreschflegel; einige hatten handgeschnitzte, vom Gebrauch blankpolierte Eichenknüttel; und alle zeigten eine Miene unschuldiger Grausamkeit. Diese Grausamkeit galt Mellia, die in der Mitte des wilden Haufens stand. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt und halb bis zum Ellbogen mit dicken, braunen Stricken umwunden.
    Gekleidet war sie in grauen Homespun; der Wind ließ ihren langen Rock flattern und blies ihr das rötlich-braune Haar um die Schultern, als wäre es ein Signal hartnäckigen Widerstandes. Ein Stein streifte sie an der Stirn. Sie stolperte, fing sich und starrte die Angreifer mit hoch erhobenem Kopf an. Langsam rann ihr ein Tropfen Blut über die Wange. Dann fiel ihr Blick plötzlich auf mich. Falls ich ein dankbares Lächeln erwartet hatte, so wurde ich tief enttäuscht. Sie sah mir offen in die Augen – und wandte mir dann wortlos den Rücken.
    Ein breitschultriger Mann streckte seine riesige Pranke aus, packte sie bei der Schulter und riß sie wieder herum. Ich stieß ein paar Komiteemitglieder beiseite und trat ihn mit Wucht gegen die linke Wade. Er stieß einen Schrei aus, drehte sich auf einem Bein um und bot mir seine dicke, gerötete Nase als leichtes Ziel. Sie krachte angenehm unter meiner geraden Rechten, gefolgt von einem linken Haken, der ihn der Länge nach zu Boden streckte. Einer begann zu schreien; ich fuhr herum und traf ihn mit der Unterarmkante mitten auf den Mund. Er wankte ein paar Schritte zurück, setzte sich hart auf die Erde und spie Blut sowie vermutlich ein bis zwei Zähne.
    »Du Idiot! Du hirnverbrannter Idiot!« schimpfte Mellia.
    Über meine Schulter hinweg fuhr ich sie an: »Halt den Mund!«
    Inzwischen erholten sich die Männer von ihrem Schock. Ein paar von den Gescheiteren begannen zu ahnen, daß die Party ihrem Ende zuging, und das gefiel ihnen nicht. Also stürzten sie sich auf mich, eine Woge von häßlichen, wutverzerrten Gesichtern mit rissigen Lippen, schlechten Zähnen, geplatzten Äderchen und glasigen Augen. Ich hatte die Nase voll. Ich arretierte sie mit einem ›Halt‹, was ich natürlich sofort hätte tun müssen, und sie erstarrten mitten in der Bewegung.
    Mellia geriet natürlich ebenfalls unter das ›Halt‹-Feld. Mit großer Vorsicht hob ich sie auf; in diesem Zustand zerbricht man nämlich leicht ein paar Knochen. Der Marsch den Hügel hinunter glich einem Marsch unter Wasser. Unten, auf einer festgestampften, ungepflasterten Straße, stellte ich sie auf die Füße und schaltete das Feld aus. Sie schwankte und warf mir einen wütenden Blick zu, der auch nicht die kleinste Spur von Dankbarkeit enthielt.
    »Wie … hast du das fertiggebracht?« keuchte sie.
    »Ich habe eben verborgene Talente. Weshalb waren sie eigentlich hinter dir her? Hast du ihre Kühe verhext?« Ich tupfte ihr das Blut vom Gesicht. Sie wich meiner Berührung aus.
    »Ich … habe gegen die Sitten verstoßen. Sie wollten mich lediglich auf traditionelle Art und Weise bestrafen. Umbringen wollten sie mich nicht. Und jetzt hast du alles zunichte gemacht – alles, was ich bisher erreicht hatte.«
    »Gefällt es dir gut, für einen Karg namens Dr. Javeh zu arbeiten?«
    Sie sah mich zuerst verwundert, dann aufgebracht an.
    »Es stimmt«, versicherte ich. »Er hat dich aus dem Nichts geborgen und auf diesen Job angesetzt.«
    »Du bist ja wahnsinnig! Ich bin mit eigener Kraft aus der Stase gekommen. Dies hier ist mein Programm …«
    »O nein, meine Dame. Er hat dir diese Idee in den Kopf gesetzt. Du hast für einen Karg gearbeitet, und überdies für einen Schurken von Karg. Er hat sich selbst umgepolt und seinen Talenten einige hinzugefügt, die nicht im Sinne seiner Erfinder waren. Sehr geschickt. Aber vielleicht hat es auch ein anderer getan. Das spielt keine wesentliche Rolle …«
    »Du redest Unsinn!« Böse funkelte sie mich an und ergriff die Gelegenheit, nun endlich loszuwerden, was ihr auf der Seele lag. »Sie spielte vermutlich auch keine wesentliche Rolle«, stieß sie mit reizender weiblicher Unlogik hervor.
    »Die ältere Agentin Gayl? Nein, Mellia, da hast du recht. Sie spielte keine Rolle. Sie wußte, daß …«
    »Du hast sie umgebracht! Um deine eigene Haut zu retten! Du Feigling! Du elender, widerlicher Feigling!«
    »Natürlich, Kleines, du hast ja recht. Aber ich habe nur eine von meinen Häuten gerettet; du scheinst dagegen fest entschlossen, die

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