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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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konnte, ohne erwischt zu werden. Sie verengte die Augen zu Schlitzen und stellte sich vor, wie sie die heißbegehrten Menschen zwischen den Zähnen den ganzen Weg zu ihrem geliebten Joshua zurücktragen würde, um sie ihm vor die Füße zu legen: ein Geschenk. Wie lieb würde er sie dann haben! Dann würde sie gewürdigt werden. Er würde die bestimmte Stelle zwischen ihren Ohren kraulen, bis sie es nicht mehr aushielt; dann würde sie wehrlos zu seinen Füßen umfallen und die Augen schließen und …
    Sie öffnete die Augen. Sie musste sie jetzt offen halten. Und aufpassen.
     
    Josh öffnete die Augen. Über ihm hing Jasmines Gesicht, ihre Finger prüften seinen Puls.
    »Was ist passiert?« fragte er.
    Beautys Gesicht tauchte auf.
    »Du bist wieder ohnmächtig geworden. Du hast dich überanstrengt.« Der Zentaur wirkte tief besorgt. »Wir können eine Weile hier rasten. Diese Teufel entkommen uns nicht. Du hast mehr Blut verloren, als wir dachten.«
    Joshua schüttelte den Kopf.
    »Nein. Nein. Das war anders, nicht wie eine Ohnmacht durch den Blutverlust. Es war … anders.«
    Beauty kam zu dem Schluss, dass Joshua die Dinge verniedlichte, weil er die Jagd wieder aufnehmen wollte.
    »Nein.« Er schüttelte wissend den Kopf. »Wir bleiben …«
    »Wir bleiben nicht. Ich sage dir, das ist etwas anderes. Ich … habe es schon früher erlebt.«
    Beauty schüttelte den Kopf, aber Jasmine, die scharf die Brauen zusammengezogen hatte, spitzte plötzlich die Ohren.
    »Warte, Beauty, lass ihn reden. Da war auch etwas merkwürdig. Wenn es eine Blutung gewesen wäre, hätte sein Pulsschlag schneller sein müssen. Ich habe ihn die ganze Zeit gefühlt, seit er umfiel, und er ist … unerklärbar. Zuerst langsam – ganz, ganz langsam, nur noch zwanzig Schläge in der Minute. Dann plötzlich zweihundert. Stark zuerst, dann schwach. Regelmäßig, dann stockend. Jetzt ist er völlig normal, sechzig Schläge in der Minute, und stark.«
    Josh setzte sich auf. Beauty wirkte doppelt besorgt.
    »Das sind Anfälle«, sagte Josh. »Ich habe sie schon seit ungefähr einer Woche. Ich fühle mich ganz schläfrig, wie betäubt. Dann wird alles schwarz, bis auf ein grelles kleines Licht. Es ist … wie ein Magnet. Dann wache ich auf.« Er sah Jasmine fragend an.
    Sie untersuchte ihn kurz.
    »Kopfschmerzen?« fragte sie. »Seltsame Gerüche? Schwindel? Übelkeit? Doppelbilder?«
    Er schüttelte zu allem den Kopf.
    »Ich weiß nicht recht«, sagte sie und rieb sich die Wange. Sie half ihm auf die Beine. »Wir müssen abwarten.«
    Beauty gefiel das Ganze nicht. Das sagte er auch. Der Donner schien seine Worte zu bekräftigen.
    »Es bleibt nichts anderes übrig«, meinte Jasmine achselzuckend. Sie hätte sich sehr gewünscht, dass er das einsah. Er murrte noch, aber sie sagte nichts mehr, obwohl ihre Gedanken düster den Dingen nachhingen. Die Anfälle, von denen Josh sprach, deuteten stark auf ein organisches Hirnsyndrom. Vielleicht eine Epilepsie oder ein Tumor. Narkolepsie ließ sich nicht ausschließen. Auf jeden Fall blieb tatsächlich keine andere Wahl, als abzuwarten, wie sie schon zu Beauty gesagt hatte. Manchmal war gerade dies das schwerste.
    Sie zogen weiter. Der Weg war leicht zu erkennen, aber je tiefer sie in den Wald eindrangen, desto dunkler wurde es. An verschiedenen Stellen zweigten Bärenspuren ab, was Beauty als störend empfand. Er richtete sich auf, nachdem er die Spur aus der Nähe betrachtet hatte, und stieß sich den Kopf an einem niedrigen Ast an. Die Wunde, die er im Bordell davongetragen hatte, öffnete sich wieder, und über sein Gesicht rann Blut.
    Jasmine lief auf ihn zu, riss Spinnweben aus einer Baumgabel und drückte sie auf die Wunde. Die Blutung hörte sofort auf.
    »So fest scheinst du dich gar nicht angestoßen zu haben«, meinte sie.
    »Ach.« Er winkte ab.
    Joshua lachte leise.
    »Das ist vor zwei Tagen passiert. Eine Pferdehure hieb ihm ein Brett auf den Schädel.«
    Beauty blickte finster. Jasmine lächelte.
    »Ah, ich verstehe«, sagte sie mit einem wissenden Augenzwinkern.
    Beauty wirkte verlegen. Diese Pein wirkte auf Jasmine aber ebenso rasch wie seine körperliche. Sie legte ihre Hand auf die seine und sah ihm in die Augen.
    »Verzeih«, sagte sie leise. »Das war gemein von mir.«
    Er erwiderte kurz den Druck ihrer Hand, scheute plötzlich, hustete und wandte sich ab. Sie sah ihm nach, dann blickte sie auf den Boden.
    Die Jagd ging weiter.
    Das Rauschen auf dem Blätterdach begleitete weiterhin

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