Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
Vom Netzwerk:
lutschte nachdenklich an ihrem Teil. Eric legte die Zehe unter seine Zunge und vergaß rasch, dass sie da war.
    Dicey führte den Knoblauch an die Lippen und ließ ihn auf den Boden fallen. Dann tat sie, als kaue sie, während sie die Knoblauchzehe mit Laub und Moos zudeckte.
     
    Es regnete wieder. Jasmine kam in dem verfilzten Dickicht nur langsam vorwärts, dicht gefolgt von ihren Begleitern. Knorrige Ranken griffen nach ihren Füßen und zerkratzten ihnen die Gesichter. Wurzeln wanden sich über den Boden wie aufgedunsene Finger. Äste baumelten, Lianen wanden sich. Der Urwald bedrängte sie.
    Schlagartig schien sich der Dschungel zu öffnen. Jasmine trat hinaus, entdeckte ein Funkeln im roten Schein und blieb stehen. Zweieinhalb Meter hoch, den Zugang zur Lichtung wie eine Gazetür überspannend, schimmerte eine klebrige Spinnwebe, Zentimeter vor dem Gesicht der Neurofrau. Sie trat einen Schritt zurück. Aus der geometrischen Mitte der gewebten Falle starrte die behaarte melonengroße Spinne die entwischte Beute an.
    »Zurück«, sagte Jasmine über die Schulter. »Wir müssen einen Umweg machen.«
    Sie bogen nach rechts ab und hackten alle zwei, drei Schritte die Hindernisse auseinander. Sie kamen an einer Stelle vorbei, wo es stark nach verfaulenden Früchten roch. Eine wohlgenährte Schlange glitschte über Joshuas Fuß und verschwand im Unterholz. Es hörte auf zu regnen. Über ihnen flog etwas.
    Sie erreichten eine Wand von Hängeranken.
    »Da wären wir«, murmelte Jasmine und begann mit dem Degen auf die Wand einzuhacken. Die anderen ruhten sich aus und sahen zu. Josh war müde. Eine solche Landschaft hatte er noch nie gesehen. Er wusste nicht, was er von ihr zu halten hatte. Die ständige körperliche Belastung, die andauernde Spannung, die unbekannten Gefahren – diese Dinge wirkten sich auf den jungen Jäger aus. Er begann bei jedem Geräusch zu erschrecken.
    Beauty war weniger beunruhigt, eher angewidert. Für ihn roch der Dschungel faulig, verrottend, als erdrossele er sich selbst. Die Wesen, die hier gediehen, konnten nur übel sein. Er begriff, dass er eben kein Wesen des Regenwaldes war – wieder etwas, das er nicht war; noch keinen Schritt näher dem, was er sein mochte.
    Nach einer Viertelstunde Hacken hatte Jasmine in die Lianenwand eine große Lücke geschlagen. Als die letzte Ranke fiel, sahen sie plötzlich einen Pfad vor sich.
    »Beim Wort«, sagte Joshua. Beauty war stumm beeindruckt.
    Sie begaben sich auf den verborgenen Weg. Der Boden war weißer Kalkstein, von den Leuchtalgen bedeckt. In der Breite maß er über drei Meter, wirkte aber eher wie ein Tunnel, so dicht wuchs der Urwald heran. Jasmine atmete nach einer Weile auf.
    »Jetzt kann ich es euch ja sagen. Ich hatte vorhin ein wenig Angst, ich hätte mich verirrt. Aber nun sind wir genau auf dem richtigen Weg. Wir nannten das die Gelbziegelstraße.« Sie lachte.
    Joshua sah sie verwirrt an.
    »Warum?« fragte er, da die Straße weder gelb noch aus Ziegelsteinen war, wie man sehen konnte.
    Sie gingen mit langen, lockeren Schritten und streiften die Anspannung ab, die sich in der Nacht eingestellt hatte. Beauty galoppierte sogar ein kurzes Stück den Weg hinunter, der eine leichte Biegung beschrieb.
    »Warum das, hm?« sagte Jasmine halblaut. »Eine gute Frage. Ach, ich weiß es wieder. Da habe ich übrigens Lon kennen gelernt, als wir miteinander unterwegs waren.« Ihr Gedächtnis kehrte zu dieser Zeit zurück, ihre Erinnerungen überströmten sie, wie Honig durch eine Kehle rinnt. »War das nicht eine großartige Zeit!« sagte sie.
    Josh wartete, aber als Jasmine stumm blieb, sagte er drängend: »Ja?«
    »Ach ja.« Sie kehrte in die Gegenwart zurück. »Na ja. Ich war eben ins Terrarium gekommen. Das ist wohl … na, hundert Jahre her, mehr oder weniger. Aber lange nach dem Großen Beben. Ich war durch Gerüchte von einer Verlorenen Stadt hergelockt worden, einem zauberischen Ort voller Schätze. Solche Geschichten lockten viele Prospektoren her. Die meisten fraß der Urwald.«
    Eine entschlossene Kolonne schwärzlicher Ameisen marschierte vor ihnen über den Weg.
    »Vorsichtig darübersteigen«, warnte Jasmine. »Das sind Missionarsameisen.« Josh und Beauty gehorchten, sprangen vorsichtig über den Insektenzug und setzten ihre Wanderung fort.
    Jasmine tat dasselbe mit ihrer Geschichte.
    »Ich sah mir das hier einmal zwei Jahre an. War eine richtige Dschungelhexe, kam ein paar Mal knapp davon, entdeckte einige praktische

Weitere Kostenlose Bücher