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Zeit zu hassen, Zeit zu lieben

Zeit zu hassen, Zeit zu lieben

Titel: Zeit zu hassen, Zeit zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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sagte er.
    Manfred lachte laut und rief: »Nur, solange du nicht drin bist.«
    Die Blütental-Bande übrigens trat Bruno nicht mehr feindlich gegenüber und nach weniger als sechs Wochen gehörte er irgendwie dazu.
    Der Rosenkranz wurde nie mehr erwähnt, aber das, was sie ihm bei der ersten Verfolgungsjagd nachgeschrien hatten, das wurde zu seinem Spitznamen. Wann immer sie ihn anredeten, sagten sie »Padre« zu ihm.

17
    »Das kann doch nicht schwer sein«, sagte Paul etwas großspurig, als der Meister ihn in die neue Arbeit einwies. Willi Rath lachte spöttisch und sagte: »Wenn man’s kann, dann schafft eine gute Kolonne hundert Nieten in der Stunde. Aber bis man’s kann, vergehen oft Wochen.«
    »Ich bin es gewohnt, mit Eisen umzugehen«, antwortete Paul.
    »Na gut, ich führ dich herum. Du siehst dann, wie’s hier läuft.«
    Um Punkt sieben Uhr morgens begann Willi Rath mit dem Rundgang. Der Nietjunge hatte die Feldschmiede schon angefeuert und machte die ersten Nieten heiß. Es war Anfang Februar und ziemlich kalt geworden. Ein paar Arbeiter standen rund um das Feuer und streckten die Hände bis nah an die Glut. Als der Meister mit Paul näher kam, machten sie sich an ihre Arbeit.
    »Hellrot müssen die Nieten sein«, erklärte Willi Rath. »Pass auf, dass sie nicht weiß glühend werden. Dann sind sie verschmort und nicht mehr zu gebrauchen. Wenn der Junge dir solche Nieten andrehen will, gib ihm eins hinter die Löffel.«
    Der Junge, ein etwa sechzehnjähriger, schmächtiger Bursche, feixte hinter dem Meister her und schnitt ihm ein Gesicht.
    »Die glühenden Nieten werden mit der Nietzange runter ins Schiff an deinen Arbeitsplatz geworfen. Dort wartet der Einstecker. Wenn dann der Vorhälter dir zuschreit ›Los!‹, dann schlag zu mit deinem Niethammer.«
    Er reichte Paul einen Hammer mit leicht abgerundeter Schlagfläche und einem etwa achtzig Zentimeter langen Stiel. Paul warf ihn zwei-, dreimal ein wenig in die Höhe, schnappte ihn auf und sagte: »Der liegt glatt und gut in der Hand.«
    »Behalt ihn im Auge«, warnte Willi Rath. »Hier läuft allerhand Volk herum. Matrosen, Lieferanten, Schifferkinder, Hausierer. Du bekommst einen Satz Werkzeug. Ist davon etwas weg, ziehe ich’s dir vom Lohn ab.«
    »Klar«, sagte Paul. »Ich brenne mein Zeichen hinein.«
    »Gut«, stimmte Willi Rath zu. »Pass jetzt gut auf, ich zeige dir, wie es gehen muss.«
    »Ich passe immer gut auf«, murmelte Paul.
    Der eiserne Boden eines Kahns ruhte zusammengebaut auf seinem hölzernen Bett. Jetzt sollte der Mittelgang aufgesetzt werden. Diese senkrecht stehenden Eisenplatten waren je acht Meter lang und zwei Meter breit. Dort, wo sie übereinanderlappten, reihte sich Bohrloch an Bohrloch, jedes etwa drei Finger breit vom anderen entfernt. Noch hielten einige Schrauben die Platten zusammen.
    »Wir kommen mal rauf, Marek«, sagte der Meister. »Paul hier ist dein neuer Kollege.« Dann fuhr er an Paul gewandt leise fort: »Von dem kannst du ’ne Menge lernen.«
    Sie kletterten auf das Gerüst. Marek trat zur Seite. »Wollte gerade loslegen, Meister«, sagte er beflissen.
    »Der Paul ist ein gelernter Schlosser, Marek. Der wird mit dir zusammenarbeiten. Er hat zum ersten Mal ’nen Niethammer in der Hand.«
    Auf der anderen Seite der Eisenplatten, innen im Schiffsrumpf, standen der Einstecker und der Vorhälter.
    »Los!«, schrie Willi Rath.
    Gleich wurde eine glühende Niete durch das Loch gesteckt. Willi schlug mehrmals kräftig mit dem Niethammer zu. »Los!«, rief er wieder. Schon erschien eine neue Niete in dem benachbarten Loch. So ging es im Takt, Niete um Niete. Nach zehn Minuten legte Willi Rath den Hammer aus der Hand. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Er hatte zwanzig Nieten eingeschlagen. Ein Nietkopf glich dem anderen aufs Haar. Alle lagen flach und absolut dicht auf der Eisenplatte auf. Von der anderen Seite her rief der Einstecker: »Zwanzig Stück in zehn Minuten! Ich sag’s euch, der Meister hat immer noch den schnellsten Hammer!«
    »Alles klar?« Willi Rath sah Paul an.
    »Alles klar«, bestätigte der.
    »Na, dann spuck in die Hände und leg los. Hier werden gute Löhne nur für gute Arbeit gezahlt. Servus, Leute!« Willi Rath schwang sich vom Gerüst und verschwand in der Werkstatt.
    »Also los!«, schrie Paul. Er arbeitete ohne Hast. Marek begann an der entgegengesetzten Seite der Platte.
    Als er die letzte Niete der unteren Reihe platt gehämmert hatte, hielt er inne und sah, dass Paul etwa halb so

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