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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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Handel mit bestimmten Wertpapieren im Unternehmen bestimmte Gesetze eingehalten werden müssen und warnt die frisch dazugestoßenen Mitarbeiter oder Partner weit draußen im Unternehmensverbund, wenn sie dagegen zu verstoßen drohen. Der Computer im Hintergrund sortiert Terminkalender, Leistungsziele für einzelne Mitarbeiter und Hotelbuchungen um, wenn plötzlich ein harscher Wintereinbruch kommt und am Flughafen eines wichtigen Standortes keine Flugzeuge mehr abheben können.
    Das ist immerhin eine Idee: Der Computer übernimmt die Kontrolle über die Datenflut – und darüber, was die einzelnen Mitarbeiter bitteschön machen sollen. Kürzlich hat der Computerriese IBM die französische ILOG-Gruppe übernommen, einen Pionier für »Business-Rule-Management-Systeme«. Der ILOG-Gründer Pierre Haren hat mehrfach erklärt, dass seine Erfindung »das Äquivalent der industriellen Revolution für Büroarbeiter« sei. Mal sehen.
    Was auf jeden Fall schon eingetreten ist, ist eine andere,
sehr viel weniger wünschenswerte Veränderung: Weil neuerdings alle mit ihren neuartigen Geräten mit neu kennengelernten Businesspartnern reden, schwappt eine gewaltige Datenflug durch die Welt der Wirtschaft, mitsamt Geschäftsgeheimnissen, Kreditkarteninfos, persönlichen Daten, Blaupausen und Nachrichten.
    Durchs Internet. Mit wenig ausgereifter Technik. Über Firmengrenzen hinweg, weil das ja neuerdings so gewollt ist. Ziemlich offen und ziemlich ungeschützt.
    In den besten Händen? Die Jagd auf heiße Daten
    Es gibt Leute, die legen überdurchschnittlich viel Wert auf Datenschutz. Sie wollen ihre Daten auf Computern und im Internet vor fremden Spähern schützen, koste es, was es wolle. Wenn man sich in der Szene der Hacker und Krypto-Experten danach umhört, wie man so etwas am besten schafft, fällt nach einiger Zeit ein Name: Venkat. Das ist nur ein Vorname. Ein Nachname ist nicht zu erfahren, und wer weiß schon, ob »Venkat« der richtige Name ist.
    Venkat unterhält eine Webseite, auf der merkwürdige Dinge stehen: »Wenn Sie uns als Vertreter einer Strafvollzugsbehörde kontaktieren sollten, geben Sie uns bitte Ihren vollen Namen, Ihren von der Regierung ausgestellten Ausweis, Ihre Polizeimarke, Kontaktinformationen über Sie selber und Ihre Abteilung und eine notariell beglaubigte beeidigte Erklärung darüber, dass Sie die vollen Kosten für eventuelle geschäftsschädigende Folgen Ihres Auskunftsersuchens tragen, sowie Beweise für jedwede Beschuldigung, die Sie erheben.«
    Vor allem aber stehen auf dieser Webseite lauter Angebote für Leute, die es richtig ernst damit meinen, dass sie ihre Daten geheim halten wollen. »Als Unternehmer brauchen Sie sichere Kommunikationswege für sich selber und für Ihre Belegschaft, die Flexibilität, von irgendwo auf der Welt zu arbeiten, ... sichere Anrufe zu Ihren Mitarbeitern und sicheren Text-Chat, ... ein sicheres internes Firmennetzwerk, um Ihre
Daten und Ihre Webseite zu schützen und eine Methode, Ihr Firmenkapital in Gold zu sichern. Sie brauchen das – und wir liefern das.«
    Die Dienstleistungen im Einzelnen: Telefone zum verschlüsselten Telefonieren, wobei angeblich nicht einmal die Geheimdienste der Welt mitlauschen können. Computerserver draußen im Netz, auf denen man seine Daten verschlüsselt ablegen kann, und die angeblich sogar massiven Angriffen organisierter osteuropäischer Banden standhalten können. Ein von Venkat und seinen Leuten maßgefertigtes Laptop, das »Crypto Toughbook«, das sicher ist vor Regen, Eis, Pfefferspray, Stürzen und Gewehrschüssen, und das außerdem sämtliche Daten ganz extrem verschlüsselt. Allein das Softwarepaket für dieses Ding kostet über 3000 Euro. Venkat wirbt damit, dass die Rechner auch »uniformierten Schlägertypen« standhalten, was böswillige Leser als eine unfreundliche Umschreibung für Polizisten verstehen könnten.
    Beim Besuch dieser Webseite und im Gespräch mit dem wortkargen Venkat – der eine Geschäftsadresse in der Schweiz angibt, Wurzeln in New York hat, aber über eine Telefonnummer in Panama erreichbar ist – bekommt man keinen ganz klaren Eindruck: Entweder blickt man da in das Hirn eines paranoiden Wahnsinnigen, der zu viel Zeit vor einem Rechner verbracht hat – oder Venkat beliefert irgendwelche James-Bond-Typen

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