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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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gelenkte Hacker aus anderen Nationen abwehren? Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), eine Unterbehörde des Bundesinnenministeriums, zählte in den ersten neun Monaten des Jahres 2010 rund 1600 Angriffe aus dem Cyberspace auf deutsche Behörden und öffentliche Institutionen. Die meisten davon kamen aus China. In Bundeswehr, Bundesinnenministerium und Verfassungsschutz arbeiten zwar seit Längerem kleine Einheiten, Gruppen und Stäbe an einer Strategie, sich gegen Angriffe aus dem Cyberspace zu schützen. Aber die Bundesregierung hat es stets vermieden,
darüber viel nach außen dringen zu lassen. Erst im Jahr 2011 sollen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik offiziell ein Cyberabwehrzentrum in Bonn-Mehlem aufbauen – Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat es im Juni offiziell eröffnet. Kritiker spotten, dass die zehn bis zwanzig aktiv mit der Cyberabwehr beschäftigten Mitarbeiter, aus den unterschiedlichsten Behörden zusammengewürfelt, den wahren Gefahren im Internet kaum etwas entgegenzusetzen hätten.
    Das politische Grundmuster könnte man als »Versagen durch Unterlassen« beschreiben. Verantwortlich dafür sind im Wesentlichen vier Ministerien: Bundeswirtschaftsministerium, Bundesinnenministerium, Bundesjustizministerium und mit einigem Abstand das Bundesverbraucherschutzministerium. Aus Sicht der einzelnen Minister ist diese Haltung sogar rational, denn über Internetthemen können sie bisher nicht stürzen. Der Bundesinnenminister blieb folgenlos untätig. Der frühere Verteidigungsminister zu Guttenberg stolperte über seinen erschlichenen Doktortitel, aber ob er den Cyberspace militärisch sichern ließ, danach ist er selten gefragt worden.
    Der Stellenwert der Internetpolitik lässt sich auch am Umgang der Bundesregierung mit dem Sozialen Netzwerk Facebook im Jahr 2010 erkennen. Zuständig wären der damalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière gewesen, aber wer legte sich mit Facebook an, als ein Datenleck dem nächsten folgte und Datenschützer warnten, dass Facebook die Adressdaten von Millionen Menschen sammelte, die nicht Mitglied bei Facebook waren? Ilse Aigner war es. Die Bundesverbraucherministerin wetterte, trat öffentlichkeitswirksam aus dem Sozialen Netzwerk aus, aber mit den Mitteln des Rechtsstaats und des Apparats konnte sie nicht drohen. Sie hatte nichts in der Hand. »Federführend«, wie sie sagt, waren andere.
    Aigner organisiert und finanziert so viel sie kann: Aufklärungskampagnen wie den »Safer Internet Day« und »Watch Your Web«. Die Ministerin reiste in die USA, um mit Beamten
der FTC über ein überholtes Datenschutzabkommen zu sprechen, dass zwischen den USA und Europa existiert.
    Aber worauf ihr Apparat wirklich ausgerichtet ist, zeigt ein Besuch in ihrem Ministerium: Es ist ein klassizistischer Bau in der Wilhelmstraße, nahe dem Hintereingang des Hotels Adlon. Aigners Büro liegt im ersten Stock, und im Treppenaufgang dorthin hängt ein mehr als vier Quadratmeter großes Bild mit Riesenkirschen. Auf dem Weg zum Klo: liegende Bauernknaben gerahmt. Auf dem Weg zur Pressestelle: das Porträt einer glücklichen Kuh. Mit Bauern und Essen, damit kennen sich die Beamten im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft aus. Dagegen verwaltet bloß das kümmerliche Referat 212 »Neue Technologien«, während sich jeweils ganze Referate mit »Milch« und »Gartenbau« oder mit dem weiten Feld der Jagd – und der Waldpolitik – befassen.
    Ton, Scheine, Scherben. Raubkopierer werden hart verfolgt
    So brach also weite Landstriche in der Internetpolitik liegen, so intensiv düngen Wirtschafts- und Justizministerium eine spezielle Wiese: den E-Commerce. Internetpolitik als Wirtschaftsförderung ist eine deutsche Konstante, egal ob Rot-Grün, Rot-Schwarz oder Schwarz-Gelb regiert, und bei allen ragt der Schutz geistigen Eigentums heraus.
    Dies könnte ein Paradebeispiel für modernes Markt-Design sein. Ökonomen wie der Kölner Professor Axel Ockenfels haben die Überzeugung entwickelt, dass Märkte nicht perfekt sind. Politiker haben in ihren Augen die Aufgabe, durch Analyse, die Einbeziehung von Fachleuten von außen – und am Ende durch Versuch

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