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Zeitbombe

Titel: Zeitbombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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notwendig gewesen, unter die Lok zu kriechen und mit der Taschenlampe zwischen die Schläuche und Leitungen zu leuchten und nach dem Kopf des Getöteten zu suchen. Mehrmals stand Hain kurz davor, sich zu übergeben, doch er brachte die Tortur zu Ende, ohne zu kotzen.
    »Er war mein erster Chef, nachdem ich zur Kripo gewechselt bin«, erklärte er, nachdem er einen weiteren Schluck Wasser genommen und die Flasche zurückgegeben hatte.
    »Ich weiß«, bemühte Lenz sich, möglichst sachlich zu antworten. Sein junger Kollege sah mehr als mitgenommen aus.
    »Ich hatte nie viel mit ihm zu tun«, fuhr er fort, »aber ich glaube, dass er ein guter Vorgesetzter gewesen ist.«
    »Und speziell einer, bei dem ich es mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass er sich vor den Zug wirft.«
    »Das hat er auch nicht gemacht, Thilo, da verwette ich meinen Arsch. Hier ist irgendwas ganz und gar oberfaul, und wenn die Jungs ihn unter der Lok hervorgefischt haben, will ich, dass Dr. Franz ihn so dermaßen gründlich obduziert, wie er es noch nie in seinem Leben mit einem Toten gemacht hat.«
    »Coole Ansage«, nickte Hain. »Bevor du es ihm sagst, solltest du vielleicht noch ein bisschen an der Syntax feilen.«
    »Ach, leck mich doch …«, erwiderte Lenz, musste jedoch selbst ein wenig über seinen letzten Satz schmunzeln. Gleichzeitig nahm er aus dem Augenwinkel wahr, dass sich ihnen ein kleiner, gedrungener Mann im schwarzen Anzug näherte. Kriminalrat Franz Zwick machte seine Aufwartung, ihr neuer Vorgesetzter.
    »Guten Morgen, Herr Lenz«, begrüßte er den Leiter der Mordkommission. »Was ist denn hier schon wieder passiert?«
    Lenz fragte sich instinktiv, ob in seinen Worten ein Vorwurf mitschwingen sollte.
    »Wir haben einen Toten, Herr Zwick. Es handelt sich …«
    »Ich weiß, um wen es sich handelt«, fiel Zwick seinem Mitarbeiter mit dem für ihn typischen österreichischen Singsangakzent ins Wort.
    »Ich will aber vielmehr wissen, was bei uns im Präsidium so schrecklich schiefläuft, dass hier schon wieder ein toter Polizist auf den Gleisen liegt.«
    »Sorry, das konnten wir in der Kürze der Zeit noch nicht herausfinden. Natürlich auch, weil die Bergung der Leiche mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden ist.«
    Zwick schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Was kann denn so schwer daran sein, einen Selbstmörder unter einer Lokomotive herauszuholen, Herr Lenz?«
    »Nun, Herr Kriminalrat, ich gehe nicht davon aus, dass wir es hier mit einem Suizid zu tun haben. Deswegen …«
    »Fangen Sie jetzt nicht ein wenig das Spinnen an, Herr Hauptkommissar? Nur, weil sich innerhalb von zwei Wochen an der gleichen Stelle zwei Polizisten vor die Bahn werfen, müssen Sie nicht gleich den Anfang einer Mordserie an Polizisten konstruieren.«
    Vom Tunneleingang her kam Dr. Franz auf die drei Männer zugeschlendert. In der Hand hielt er einen kleinen Plastikbeutel, den er Lenz zur Ansicht hinhielt.
    »Was ist das?«
    »Vier Finger der linken Hand des Toten. Offenbar hat er sich am Gleis festgehalten, als die Lok über ihn drübergefahren ist. Dabei …«
    »Danke, Herr Doktor, ich kann’s mir sehr gut vorstellen.«
    Zwick trat auf den Arzt zu und reichte ihm die Hand.
    »Guten Morgen, Herr Dr. Franz. Sind Sie, wie mein geschätzter Mitarbeiter hier, ebenfalls der Ansicht, dass wir es beim Tod des Kollegen Humpe mit einem Fremdverschulden zu tun haben? Oder gar, mit Blick auf den letzten Fall an dieser Stelle vor ein paar Wochen, mit dem Beginn einer Mordserie?«
    Hain und Lenz tauschten einen kurzen, vielsagenden Blick aus.
    Franz ließ sich mit seiner Antwort ungewöhnlich lange Zeit.
    »Ob es sich bei dem Tod Ihres Kollegen Humpe um Suizid oder Fremdverschulden handelt, kann ich Ihnen natürlich erst nach dem Abschluss meiner ausführlichen Untersuchungen sagen, Herr Zwick.«
    Wieder eine lange Kunstpause.
    »Was ich Ihnen allerdings jetzt und mit Sicherheit sagen kann, ist, dass wir nicht am Beginn einer Mordserie stehen, weil der letzte Fall von vor zwei Wochen mit absoluter Gewissheit ein Selbstmord gewesen ist. Das haben meine Untersuchungen zweifelsfrei ergeben.«
    Zwick drehte sich wieder zu Lenz.
    »Da sehen Sie es«, meinte er gedehnt und betonte dabei jedes Wort, als erkläre er einem Kind die Welt. »Selbst wenn wir es hier mit Fremdverschulden zu tun hätten …«
    »Was ich nach dem ersten Augenschein jedoch ausschließen möchte«, warf Dr. Franz dazwischen.
    »… ja, was wir mit an Sicherheit grenzender

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