Zeitbombe
während er den Motor des Mazda startete. »Und eine große Flasche Mineralwasser dazu.«
»Gute Idee.«
Der Hauptkommissar sah auf die Uhr im Armaturenbrett.
»Schon Mittag. Lass uns in die Stadt fahren und irgendwo was Asiatisches futtern.«
Eine gute Stunde später saßen die beiden Polizisten ihren leeren Tellern gegenüber und tranken an der vierten Flasche Wasser. Die Temperatur hatte längst die 30-Grad-Marke hinter sich gelassen.
»Warum um alles in der Welt sollte sich …?«, wollte Lenz die schon während des Essens geführte Diskussion über den Tod von Wolfram Humpe wieder aufnehmen, wurde jedoch vom Klingeln seines Telefons unterbrochen.
»Ja, Lenz«, meldete er sich.
»Ich bin’s, Ludger.«
»Ludger?«, erwiderte der Kommissar höchst erstaunt. »Das ist ja eine Überraschung. Was kann ich denn für dich tun?«
»Wo bist du denn?«
»Wie, wo ich bin.«
»Na, wo du steckst.«
»Thilo und ich sind bei einem Chinesen in der Stadt und haben uns gerade den Bauch am Buffet vollgeschlagen. Warum willst du das wissen?«
»Dann seid ihr beide also an dem Tod von Wolfram Humpe dran?«
»Ja«, gab Lenz zurück, wobei sich sein Erstaunen noch ein wenig steigerte.
»Woher weißt du davon, Ludger?«
»Ach, Paul, hör doch auf. Wenn einer Bescheid weiß, dann doch wohl ich, oder?«
»Es fällt mir nicht leicht, es zu erwähnen, Ludger, aber ich kann mich dunkel daran erinnern, dass du vor ein paar Wochen in den Ruhestand verabschiedet wurdest.«
Er dachte an die Diskussion mit Franz Zwick ein paar Stunden zuvor.
»Was die gesamte Abteilung natürlich noch immer bedauert. Also, lehn dich zurück, nimm dein Enkelkind auf den Schoß und lass Gott einen guten Mann sein. Du musst mit diesen Sachen, zu deinem Glück, nichts mehr zu tun haben.«
Der Kommissar konnte Brandts Schlucken durch die Telefonleitung hören.
»Ich habe mit Wolfram Humpe zusammengearbeitet.«
Wieder erhöhte sich der Grad des Erstaunens bei Lenz um einige Punkte.
»Oh, Scheiße, Ludger, das hab ich nicht gewusst.«
»Es ist ja auch schon ein paar Jahrzehnte her. Wir waren damals gerade bei der Kripo eingestiegen.«
»Aber«, wunderte sich Lenz, »du bist doch um einiges
älter als er. Wie passt das denn zusammen?«
»Ich war eben ein Spätzünder. Trotzdem würde ich mich gern mit dir oder euch unterhalten. Am besten gleich.«
»Gut. Willst du hierherkommen?«
»Ja.«
Lenz nannte ihm den Namen des chinesischen Restaurants.
»Das kenne ich. Bin in einer Viertelstunde da.«
Exakt elf Minuten, nachdem Lenz die rote Taste an seinem Telefon gedrückt hatte, kam Ludger Brandt betont lässig in das Lokal geschlendert und steuerte direkt auf den Tisch seiner ehemaligen Mitarbeiter zu.
»Na, Rentner, wie ist es so im Ruhestand?«, flachste Thilo Hain ihn an.
Der Exkriminalrat zog sich vom Nachbartisch einen Stuhl heran und setzte sich.
»Passt schon«, erwiderte er kurz angebunden, um sich direkt im Anschluss Lenz zuzuwenden.
»Erzähl!«, forderte er ihn auf.
»Was soll ich dir erzählen, Ludger?«
»Alles über die Sache mit Wolfram Humpe. Und wenn du mehr über den Tod von Wasserpfeifen-Nobby weißt, als in der Zeitung stand, will ich das auch wissen.«
Hain legte irritiert die Stirn in Falten.
»Ludger, Ludger«, sinnierte er laut. »Erst konntest du es gar nicht erwarten, dich endlich von uns verabschieden zu können, und jetzt kommst du schon zwei Wochen später mit Entzugserscheinungen um die Ecke.«
Brandt bedachte ihn mit einem bösen Blick.
»Vielleicht hast du es nicht mitgekriegt, Thilo, aber Wolfram Humpe und ich waren die ersten Jahre in der gleichen Dienstgruppe. Das ist was anderes.«
»Ich weiß«, gab Hain seelenruhig zurück. »Er hat mir mal davon erzählt.«
»Was hat er dir erzählt?«, bellte Brandt gereizt zurück.
»Na, dass ihr beide zusammengearbeitet habt.«
»Und was noch?«
Der junge Oberkommissar stand auf und ging um den Tisch herum.
»Irgendwie ist mir im Moment ein bisschen miese Stimmung im Saal«, stellte er mit einem Blick Richtung Brandt beleidigt fest. »Deshalb hole ich mir noch ein paar gebackene Bananen. Bis ich zurück bin, hast du dich hoffentlich wieder eingekriegt, Ludger. Ich kann nämlich nichts dafür, dass mein ehemaliger Boss und dein alter Kumpel Wolfram tot im Bahntunnel gelegen hat.«
Damit stapfte er davon.
»Recht hat er«, bemerkte Lenz, ohne aufzusehen.
»Ach, komm, Paul, hör mir auf mit dieser Scheiße. Es geht mir einfach auf die Nerven, dass schon
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