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Zeitbombe

Titel: Zeitbombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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können, aber das macht nichts.«
    Wieder hätte Zwick am liebsten losgebrüllt, doch diesmal unternahm er nicht einmal den Versuch dazu, weil sich alles an ihm unendlich kraftlos und zerschlagen anfühlte. Das Einzige, was noch halbwegs zu funktionieren schien, war sein Gehirn, und auch da war er sich nicht wirklich sicher.
    Woher kenne ich diesen Geruch?, fragte er sich erneut, und diesmal hatte er eine erste Antwort parat. Er war neulich irgendwo gewesen, und dort hatte es genauso gerochen. Nach Terpentin und Teer und irgendwie ungesund.
    Wieder hörte er das zuerst leise surrende, dann bedrohlich anschwellende Geräusch, das sich erneut zu einem Inferno auswuchs, bevor es langsam verklang. Am liebsten hätte der Kriminalrat sich die schmerzenden Ohren zugehalten, doch es kam ihm vor, als seien seine Arme gar nicht mehr mit seinem Körper verbunden. Sie waren einfach aus der Schaltzentrale in seinem Kopf verschwunden, wie die Beine auch.
    Was habe ich Ihnen denn getan?, wollte Zwick den Fremden anschreien, was stellen Sie hier mit mir an?
    Stattdessen bemerkte er, wie sich aus seinem rechten Auge, das noch immer offen stand, etwas löste und die Wange hinabbewegte. Was …?
    Eine Träne. Aus seinem Auge hatte sich, für ihn zunächst nicht spürbar, eine Träne gelöst.
    »Es wird Zeit für uns«, ließ der Mann in seiner Nähe ihn wissen.
    Der Polizist bemerkte, wie sich jemand an ihm zu schaffen machte. Er wollte sich wehren, wollte aufbegehren, doch noch immer waren seine Extremitäten für irgendwelche Befehle des Gehirns einfach nicht zu erreichen.
    Nun hörte er, wie eine Tür geöffnet wurde, und eine Brise der teer- und terpentingeschwängerten Luft wehte über sein Gesicht. Irgendwo ganz weit in der Ferne schimpfte eine Krähe.
    Etwas unter ihm setzte sich in Bewegung, obwohl er sicher war, noch immer in einer gekrümmten Haltung zu liegen. Mit leicht wippenden Bewegungen wurde sein Körper langsam beschleunigt. Von irgendwoher drang ein knirschendes Geräusch an seine Ohren, so, als würden Kieselsteine aneinanderreiben. An seine Pupille, die unscharfe und starre Bilder lieferte, drangen helle und dunkle Reflexe. Wieder wippte sein Körper, und mit einem Mal kam in ihm eine Erinnerung aus seiner Kindheit hoch. Was hatte er es als kleiner Bub geliebt, sich von seinem Großvater in der mit Stroh gepolsterten Schubkarre über den Hof kutschieren zu lassen.
    Mehr, Opa!, hatte er, vor Vergnügen quietschend, gerufen, schneller, Opa!
    Es fühlte sich genauso an wie damals, nur war es nicht so weich unter ihm und roch nicht nach frischem Gras und Stall. Hier roch es nach Teer und …
    Die Erkenntnis, wo er sich befand, traf ihn wie der Schlag eines riesigen, unerbittlichen Hammers.
    Bitte nicht, dachte er, bitte nicht!
    Das Nächste, was er bewusst wahrnahm, war die Panik, die ihm in jede Zelle seines paralysierten Körpers drang. Er konnte förmlich spüren, wie ihm der kalte Schweiß aus allen Poren schoss, doch er konnte nichts tun, um seine Situation zu verbessern. Mit der blitzartigen, erneuten Steigerung seiner Anspannung wurde seine Atmung wieder flacher; zu flach, um seinen Kreislauf mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Er fühlte sich für ein paar Augenblicke so, als sei er im Büro zu schnell vom Schreibtisch aufgestanden oder zu Hause aus dem Bett gesprungen, und bekam einen weiteren Angstschub, weil er befürchtete, ohnmächtig zu werden.
    Jetzt packte ihn jemand unter den Kniekehlen und an der Schulter und hob ihn an.
    Verdammt, schoss es ihm durch den Kopf, warum kann ich alles spüren, mich aber nicht bewegen? Und zum ersten Mal an diesem Morgen schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass sein Leben bald zu Ende sein könnte. Es könnte genauso enden wie das von Norbert Schneider und Wolfram Humpe.
    Hilfe!, wollte er laut schreien, doch sein Mund öffnete sich keinen Millimeter.
    Die Höhe, die er zuvor offensichtlich gewonnen hatte, verlor er nun wieder. Mit großer Vorsicht wurde sein Körper abgesenkt und auf einer kalten Unterlage abgelegt. Dann griffen zwei Hände nach seinem Kopf und bewegten ihn ein paar Mal hin und her, bis er offenbar in einer Position gelandet war, die dem Ausführenden gefiel.
    Für Franz Zwick hatte das zwei gravierende Folgen. Zum einen wurde ihm blitzartig kalt am rechten Ohr, zum anderen nahm er sehr leise, nichtsdestotrotz jedoch überaus beängstigende Geräusche wahr.
    Damals, als er diese Geräusche schon einmal gehört hatte, waren sie verbunden gewesen mit

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