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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
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einen Schlag aus. An der Wand hingen mehrere Bilder von Wes und mir. Ich sah mich auf dem Jahrmarkt mit Wes Kuchen essen; ein anderes Bild zeigte uns beim Essen in dem Sandwich-Shop, und dann waren da mehrere Nahaufnahmen von jedem allein. Es war eine sonderbare, gruselige Vorstellung. »Magst du sie?«, fragte er. Ich blickte ihn an und überlegte, ob ich ihn kannte, war mir aber sicher, dass wir uns nie zuvor über den Weg gelaufen waren. Er war viel älter, irgendwo in den Sechzigern, aber muskulös und einschüchternd. Er hatte einen Stiernacken und ein breites, viereckiges Kinn mit hellgrauen Stoppeln. Sein Haar war von einem dunkleren, schmierigen Grau. Ich wandte den Blick schnell wieder ab. »Oh nein, Lenny, sieh nicht weg! Du hast die Frage noch nicht beantwortet. Wer bin ich?«
    Ich schloss erneut die Augen und versuchte, diesen Irren auszublenden. Er wurde wieder böse. »Wer bin ich?«, brüllte er in mein Ohr.
    »Ich weiß es nicht!«, schrie ich zurück.
    »Aha, streitsüchtig wie immer«, meinte er und schien belustigt. Er begann wieder um mich herumzutigern. Als er genau vor mir stand, beugte er sich herunter. »Sieh genau hin und rate mal.«
    Ich atmete ein, langsam und tief, und öffnete die Augen. Dann sah ich in sein Gesicht, so lange ich konnte, was etwa zwei Tausendstelsekunden waren, und schloss die Augen wieder. »Ich weiß es nicht«, sagte ich krächzend.
    Er richtete sich auf. »Verständlich«, entgegnete er. »Aber lass doch mal sehen, ob ich deine Erinnerung nicht ein bisschen auffrischen kann.« Er kam einen Schritt näher und packte den Mittel- und Zeigefinger meiner rechten Hand. Mit einer brutalen Bewegung brach er mir die Finger. Ich schrie schrill auf. Der Schmerz schoss meinen Arm hoch. Instinktiv versuchte ich, mit der anderen Hand danach zu greifen, doch die war immer noch an der Lehne festgebunden.
    »Hilft das deiner Erinnerung auf die Sprünge?«, fragte er. Ich krümmte mich vor Schmerzen, als ich das Pochen in meinen deformierten Fingern spürte. »Nein? Und jetzt?« Er griff nach den beiden anderen Fingern und riss sie mit noch mehr Kraft als vorher nach hinten. Ich schrie erneut und begann vor Schmerzen, Angst und Wut zu weinen.
    »Warum tun Sie mir das an?«, schrie ich.
    Er kam ganz nahe und sagte mit einer schaurigen dunklen Stimme: »Weil dein Freund mir eine gebrochene Hand schuldet, Lenny.«

Kapitel 19
    Der Plan
    I ch öffnete die Augen und versuchte Sinn in die Anschuldigung zu bringen. Bei einem Blick in seine funkelnden, rücksichtslosen und selbstgefälligen Augen klickte es endlich. »Andy«, flüsterte ich.
    »Du erinnerst dich also doch«, sagte er. Äußerst zufrieden mit sich stand er jetzt wieder vor mir.
    »Nein«, erwiderte ich und versuchte mutig zu sein, obwohl dieser abgewrackte Mann dabei war, mein Leben zu ruinieren.
    »Was war das?«, hakte er nach.
    »Nein, ich erinnere mich nicht an Sie. Wie könnte ich? Sie sind alt . Der einzige Grund, warum ich weiß, wer Sie sind, ist die Sache mit Ihrer Hand.«
    Er beugte sich über mich und presste meine gebrochenen Finger zusammen. »Möchtest du sonst noch etwas sagen?« Mit jeder Sekunde, die verging, drückte er fester zu, und ich hörte das grauenvolle Knacksen.
    »Nein«, brüllte ich zwischen zusammengepressten Zähnen. Er ließ meine geschundenen Finger los.
    »Gut, dann können wir jetzt zur Sache kommen. Du hast etwas, das ich haben will.«
    Mein Atem ging schwer, in mir machte sich Panik breit. Ich ließ den Kopf hängen und machte die Augen wieder zu, darauf hoffend, die Realität dadurch irgendwie verdrängen zu können.
    »Weißt du, Lenny. Es hat mir ganz und gar nicht gefallen, dass du mich so vorgeführt hast. Und noch viel weniger hat mir gefallen, dass dein Freund mir die Hand gebrochen hat. Ich hatte Pläne für uns. Na ja, vielleicht nicht unbedingt für uns, aber für mich. Du solltest meine Fahrkarte sein, um endlich rauszukommen. Weißt du, im Gegensatz zu deinen Eltern besaßen meine keine Kohle, und ich hatte gehofft, daraus Kapital schlagen zu können. Aber du musstest ja alles kaputt machen.«
    Meine Atmung hatte sich etwas beruhigt, aber dafür spielten jetzt meine Nerven verrückt. Ich hatte das Gefühl, dass überall kleine Käfer auf mir herumkrabbelten, und ich konnte nichts dagegen machen, weil ich auf dem Stuhl festgebunden war. Der Typ machte mir Angst, angesichts seiner Unzurechnungsfähigkeit wollte ich nur noch weg.
    »Aber das ist schon okay, Lenny. Weißt du, zuerst

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