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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
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Mittags?
    So lange konnte ich nicht warten. Ich brauchte jetzt Antworten, und deshalb schrieb ich zurück:
    Nein, jetzt. Aussichtspunkt, zehn Minuten. Ich fahr jetzt los …
    Ich hatte keine Ahnung, ob er kommen würde, aber ich musste einfach raus, und sich am Aussichtspunkt zu treffen war eine gute Idee. Die Stelle war wie ein natürliches Beruhigungsmittel, am Rande einer kurvenreichen Straße gelegen, mit Blick über den Fluss, die Hügel und die Stadt. Tagsüber konnte man dort das wunderschöne Wasser und die grüne Hügellandschaft bewundern. Abends wurden die Hügel von den Lichtern der Stadt beleuchtet. Für mich war es ein perfekter Ort, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, ob Wes nun da sein würde oder nicht.
    Ich war bereits auf halbem Wege, als mir auffiel, dass ich das Haus in karierten Shorts, T-Shirt und Flipflops verlassen hatte, und mir graute bei der Vorstellung, dass er tatsächlich kommen würde. Das war mal wieder typisch. Alles ging den Bach runter, aber ich spielte Detektiv. Ich wollte herausfinden, warum er keine Mühen gescheut hatte, meinen Wagen zu reparieren, und mehr noch, wie er es geschafft hatte, diese Aktion ohne mein Wissen durchzuziehen. Ich war zwar den ganzen Tag nicht draußen gewesen, aber ich war mir sicher, dass es länger als einen Tag dauern würde, einen solchen Schaden zu beheben.
    Ich bog zum Aussichtspunkt ab, einem breiten Kiesbett direkt neben der Straße. Weil es dort sehr dunkel war, blieb ich mit verriegelten Türen im Wagen sitzen. Ich hatte nicht vor, auszusteigen, der Ausblick aus dem Auto war fast genauso gut. Außerdem litt ich unter Höhenangst, und der Gedanke, im Dunkeln so nahe am Abgrund zu stehen, war nicht gerade reizvoll.
    Ich hatte die Zündung ausgeschaltet, doch die Musik lief weiter, während ich wartete und nachdachte. Nach wenigen Minuten bog aus der entgegengesetzten Richtung ein Wagen mit grellem Scheinwerferlicht ab. Beim Näherkommen brach sich der Lichtstrahl am Kliff, und ich erkannte dasselbe schwarze Auto, das ich gerammt hatte. Diesmal betrachtete ich es genau, denn ich war neugierig geworden. Die Seite, die ich beschädigt hatte, war repariert. Es war ein schöner Wagen – nicht zu protzig. Für mich sah er aus wie irgendein kleiner, schwarzer, moderner Sportflitzer.
    Ich schaute zu, wie er den Wagen ausrollen ließ, ausstieg und sich lässig gegen die Fahrertür lehnte. Das verstand ich als Aufforderung. Wenn ich mit ihm reden wollte, würde ich aussteigen und hinübergehen müssen. Damit konnte ich leben, denn schließlich hatte ich ihn dazu gebracht, abends um halb zehn alles stehen und liegen zu lassen, um sich mit mir zu treffen. Es war nur ein kleiner Kompromiss.
    Als ich auf ihn zuging, registrierte ich, dass er Jeans und eine schwere marineblaue Jacke mit Reißverschluss trug. Ich fühlte mich in meinen Shorts und Flipflops nicht nur ausgesprochen blöd, mir wurde da draußen auf dem Felsvorsprung sogar etwas kühl. Hinzu kam, dass er für den Anlass übertrieben gut angezogen war.
    Ich ging zu seinem Wagen und lehnte mich wie er dagegen. Einige Minuten schwiegen wir beide. Schließlich brach ich die Stille.
    »Erklärst du mir jetzt, warum du mein Auto repariert hast?«, fragte ich und sah ihn an.
    »Das habe ich doch schon. Es hat mich gestört, dass du in einem Unfallwagen herumfährst.« Er blickte nicht in meine Richtung, aber ich wusste, dass er dieses versteckte Lächeln lächelte.
    »Von einem Unfallwagen kann ja wohl kaum die Rede sein. Der Jeep ist sehr robust. Der Schaden war kaum sichtbar«, korrigierte ich ihn.
    »Das kommt auf den Standpunkt an.«
    »Okay, damit hattest du aber immer noch nicht das Recht, ihn zu stehlen.«
    »Ich habe ihn nicht gestohlen. Du hast ihn doch wieder.«
    »Natürlich hast du das. Ich hatte dir nicht erlaubt, ihn zu nehmen.«
    »Wie ich bereits sagte«, entgegnete er und wandte sich mir zu. »Ich musste das für dich erledigen.«
    Ich verdrehte die Augen und zitterte in der kühlen Brise, was er sofort bemerkte.
    »Du frierst.«
    »Nein, tue ich nicht«, log ich.
    »Tust du doch. Jeder, der so dünn angezogen ist wie du, würde hier draußen frieren«, sagte er, während er mich von oben bis unten musterte.
    »Du willst nur ablenken«, konterte ich. »Aber das klappt nicht. Ich will wissen, wie du an mein Auto gekommen bist und es ohne mein Wissen und mein Einverständnis innerhalb eines Tages repariert hast. Und ich mag es nicht, wenn man mich anlügt.«
    »Ich habe dich nicht

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