Zeitenlos
ich. »Das ist eklig.«
»Du hast mich gefragt, was ich mag, und ich mag Gemüse. Solltest du auch mal probieren. Ist sehr gesund. Wenn jemand das wissen müsste, dann du«, antwortete er kauend.
»Was soll das denn heißen?«
»Na ja, deine Mutter ist schließlich Medizinerin und so. Du solltest dich gesund ernähren.«
»Okay, wie auch immer. Was noch?« Das Ganze machte mir Spaß. In weniger als fünf Minuten hatte ich mehr über ihn erfahren als in all den letzten Wochen zusammen.
»Was willst du sonst noch wissen?«
»Warum wohnst du in einem so großen Haus?«
»Nun, ich wollte diesen Ausblick, die Privatsphäre und brauchte genug Platz für meine Autos.«
Das klang vernünftig, aber die letzten Worte hingen im Raum. Er war also doch nur ein großer Junge.
»Deine Autos?«, hakte ich nach. »Lass mich raten. Noch mehr Rennwagen?«
»Nein, keine Rennwagen.«
Ich hatte eigentlich keine Lust auf noch mehr schicke Sportkarossen oder schnelle Autos. Ich würde mich auch nicht noch mal überreden lassen, irgendeinen davon zu fahren, geschweige denn durch ein Wagenfenster zu klettern. Wenn er also keinen Monstertruck oder Ähnliches in der Garage hatte, war ich nicht wirklich interessiert.
»Geländewagen?«, riet ich.
»Nö.«
»Hm«, machte ich nur. Jetzt wurde er schon wieder so geheimnisvoll. Das gefiel mir überhaupt nicht. »Motorräder?«
»Nein, nur Autos, die schon lange in Familienbesitz sind.«
»Und du magst sie so sehr, dass du deswegen ein großes Haus kaufst?«
»Das sind die einzigen Dinge, die für mich die Erinnerung wachhalten. Du sagst, dass dich Fotos an besondere Orte erinnern und Menschen, die du lieb hast. Für mich erzählen die Wagen da draußen«, er nickte mit dem Kopf in Richtung der Garage an der Seite des Hauses, »die schönsten Geschichten von früher. Sie erzählen mir, wo Menschen gewesen sind. So bleiben die Erinnerungen lebendig, die ich bewahren möchte.«
Jetzt machten wir tatsächlich Fortschritte . Er wurde für mich immer greifbarer, und ich wollte, dass er weiterredete. »Kann ich sie sehen?« Ich war neugierig, wie diese Wagen, von denen er sprach, Geschichten erzählen konnten.
Wes führte mich um die Küche herum und dann einige Stufen nach unten in einen Waschraum, der zur Garage führte. Dort öffnete er die Tür zu der saubersten Garage, die ich jemals gesehen hatte. Wände und Boden waren hellgrau gestrichen. Nur drei Wagen standen darin. Sie waren mit weißen Schutzhüllen abgedeckt. Wir standen einige Minuten da und betrachteten sie, dann merkte Wes, dass mir das nicht reichte.
»Soll ich die Hüllen abnehmen?«
»Das wäre schön.«
»Wo soll ich anfangen?«, fragte er. Ich wusste nicht, was er meinte. »Mit dem Jüngsten oder dem Ältesten?«, fügte er erklärend hinzu.
»Dem Ältesten«, erwiderte ich immer noch etwas verwirrt. Er ging zu dem Wagen, der am weitesten entfernt geparkt war, und ich folgte ihm. Als er die Hülle abnahm, musste ich zweimal hinschauen. Zuerst dachte ich, er wollte mich veralbern, doch dann wurden mir die Vollkommenheit und die Echtheit des Wagens bewusst.
»Was ist das?«, wollte ich wissen und beugte mich über den blitzblanken Oldtimer.
»Das ist ein Ford Modell T Speedster von 1921. Er ist am längsten in meiner Familie.« Er sah den Wagen voller Besitzerstolz an, und ich verstand, warum. Er war eine Schönheit. Nirgends auch nur ein Kratzer. Ich ging um den Wagen herum und konnte nicht aufhören, ihn überall zu berühren.
»Ist alles im Originalzustand?«
»Ja«, bestätigte Wes.
»Unglaublich.« Ich wandte mich um, neugierig, was sich wohl unter den anderen Schutzhüllen verbarg. Er verstand den Wink und ging zu dem zweiten Wagen. Behutsam schlug er die Abdeckung zurück. Es war ein neueres Modell, aber trotzdem atemberaubend.
»Und dieser?«, fragte ich.
»Ein Rolls-Royce Silver Wraith von 1958.«
Noch eine Schönheit. Silber und königsblau mit weißen Reifen. Hätte ich nur meine Kamera dabei! So etwas sah man echt nicht alle Tage.
»Er bedeutete meinem Onkel sehr viel. Ihm zuliebe behalte ich den Wagen.«
»Wahnsinn. Das ist wirklich nett von dir.« Ich dachte kurz nach. »Was sagtest du, hat dein Onkel gemacht?« Ich hörte mich schon wie meine Mutter an, konnte aber meine Neugier einfach nicht zügeln. Mit Wes hörten die Überraschungen nicht auf, hinter jeder Ecke wartete etwas Neues. Ich fragte mich, wie viel mehr wohl noch kommen konnte.
»Er war Arzt«, sagte er. »Ein Wissenschaftler,
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