Zeitenlos
zusammen, als mir auffiel, dass sie irgendwie nervös wirkte. Ich saß an meinem üblichen Platz am Tisch und aß Müsli, da setzte sie sich mit einer Tasse Kaffee zu mir, was bedeutete, dass sie reden wollte.
»Sophie?«, sagte sie fragend, als sei sie sich nicht sicher, ob ich ihr tatsächlich gegenübersaß.
»Ja?«, antwortete ich und rüstete mich, für was auch immer sie mit mir besprechen wollte. Ich hoffte zutiefst, dass es nicht um Jungs ging.
»Sophie, ich habe jemanden kennengelernt«, sagte sie zögernd. »Einen Mann. Er ist wirklich nett«, fügte sie hinzu.
Oh Gott! Das war ja noch schlimmer als das Thema Jungs. Hier bahnte sich ein Männergespräch an. Ich blickte kauend in die Schale vor mir, damit ich ihr nicht in die Augen sehen musste. Ich hätte ahnen müssen, dass etwas im Busch war, als sie neulich über meine Kekse hergefallen war. Das war absolut ungewöhnlich für sie, aber ich war so mit meinen Problemen beschäftigt gewesen, dass es mir gar nicht aufgefallen war.
»Und?«, fragte ich mit vollem Mund.
»Und ich möchte, dass du ihn kennenlernst.«
Oh nein , dachte ich, und strengte mich gleichzeitig an, nicht die Augen zu verdrehen. Das war zu viel. Ich hatte meine eigenen Probleme und konnte mich nicht auch noch um meine Mutter kümmern, was ich ihr versuchte klarzumachen, ohne allzu egoistisch zu klingen.
»Mama, du brauchst mich nicht, um dich mit ihm zu treffen. Ich bin sicher, dass jeder Mann, mit dem du Zeit verbringen willst, nett ist.« Bitte, bitte, bitte , dachte ich, während ich auf ihre Antwort wartete.
»Aber ich würde gerne deine Meinung hören. Er ist ziemlich hartnäckig, und ich bin mir einfach nicht sicher. Ich wäre für deine Meinung dankbar«, erklärte sie.
»Ich bin sicher, dass er nett ist.«
»Ich will aber deine Zustimmung«, entgegnete sie.
Ihre Augen flehten mich an, und man sah, dass sie mit sich kämpfte. Ich wünschte mir, mehr Zeit für sie zu haben, aber ehrlich gesagt, wollte ich gerade einfach nur weg.
»Du hast meinen Segen, Mama«, sagte ich, stand auf und stellte die Müslischale in die Spüle.
»Wirklich? Einfach so? Und du willst ihn nicht einmal kennenlernen?«
»Doch, klar, das will ich. Nur noch nicht jetzt … Ich möchte lieber noch etwas damit warten.«
»Das ist in Ordnung«, sagte sie, nickte und schaute mich prüfend an. Ich zwang mich zu einem Lächeln. Sie schien zufrieden mit dem, was sie sah, und wandte sich wieder ihrem Kaffee zu. Erleichtert verabschiedete ich mich.
Mir war nicht ganz klar, warum Mama meine Zustimmung wollte. Es war mir egal, ob sie sich mit jemandem traf. Früher hätte mich die Vorstellung möglicherweise aus der Fassung gebracht, dass sie einen Mann in unser Leben brachte, aber ich war jetzt achtzehn und hatte genug damit zu tun, mir über meine eigene Zukunft Gedanken zu machen. Daher war ich glücklich, dass jemand für sie da war, denn ich hatte mir immer Sorgen darüber gemacht, was passieren würde, wenn ich einmal auszog. Es störte mich also überhaupt nicht, dass sie eine neue Beziehung hatte. Was nicht bedeutete, dass ich das »Lern-meine-Tochter-kennen«-Spiel mitmachen musste. Ich war erleichtert, dass sie mich damit zumindest vorläufig in Ruhe lassen würde.
Als ich am Samstag zur Arbeit ging, war ich immer noch unschlüssig, ob ich Wes mit den Ungereimtheiten, die ich entdeckt hatte, konfrontieren sollte. Ich schickte ihm eine SMS : HAB GLEICH FEIERABEND . TREFFEN WIR UNS ? Dann legte ich das Handy auf den Tresen und begann schon nach einer Minute, es ungeduldig anzustarren und mich zu fragen, warum er noch nicht geantwortet hatte. Ich bemerkte nicht einmal, dass Dawn sich von hinten angeschlichen hatte.
»Wartest du darauf, dass es anfängt zu tanzen?«, wollte sie wissen. Als ich den Kopf hob und den Blick bemerkte, mit dem sie mein Handy bedachte, musste ich grinsen.
»Ja, so in etwa.«
»Hm … ich wette, dass da ein Typ im Spiel ist … nein, nicht irgendein Typ. Ein wirklich niedlicher Typ«, spekulierte sie.
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte ich so unschuldig wie möglich.
»Wenn es nicht so wäre, würdest du das Handy nicht mit Argusaugen beobachten.«
Wo sie recht hatte, hatte sie recht.
»Ich bin ein bisschen nervös«, gab ich zu.
Sie zog sich einen Stuhl heran und rückte so dicht zu mir, dass Mr Healey uns nicht hören konnte. Er war ohnehin mit seiner Arbeit beschäftigt, aber Dawn führte sich auf, als könnte er uns belauschen. Ich zuckte beiläufig mit
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