Zeitenlos
den Schultern. »Es ist eigentlich nichts Besonderes. Er ist nur irgendein Typ, und ich glaube, wir werden uns heute ›unterhalten‹ müssen.« Ich deutete bei dem Wort »unterhalten« mit den Fingern Anführungsstriche an.
»Aha. Du meinst also, ihr werdet es tun?«
»Nein!«, rief ich entrüstet so laut, dass ihr Vater in unsere Richtung blickte. »Nur reden «, stellte ich klar.
Sie warf mir einen Blick zu, als würde ich etwas verheimlichen, fragte aber nicht weiter nach. »Entschuldigung.«
Ich hatte keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Wes und ich waren noch nicht einmal ansatzweise auf dem Weg dahin, aber das konnte sie natürlich nicht wissen, und so sagte ich nur: »Ist schon okay.« Genau in diesem Moment begann mein Handy auf dem Tresen zu vibrieren. Wir sahen beide zu, wie es sich im Kreis bewegte.
»Es beißt nicht«, meinte sie.
»Ach, sei still!«, erwiderte ich, wobei ich gleichzeitig nach dem Handy griff und sie mit dem Ellbogen in die Seite puffte. Ich verstand selbst nicht, warum ich mich so merkwürdig verhielt. Wahrscheinlich hing es mit dem zusammen, was ich Wes zu sagen hatte. Wollte er sich mit mir treffen, gab es kein Zurück, wenn er ablehnte, war das wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass es zu spät war, um noch irgendetwas zu retten. Wenn es überhaupt etwas gab, was sich zu retten lohnte.
Ich las die Nachricht, die er mir geschickt hatte: DU BRAUCHST NICHT FRAGEN . RUF EINFACH AN UND SAG MIR WO . Unwillkürlich glitt ein Lächeln über mein Gesicht, und ich fühlte eine Welle der Erleichterung, die ich zu kontrollieren versuchte. Mir wurde ganz warm ums Herz, doch es waren noch so viele wichtige Einzelheiten zu klären, und bevor das nicht erledigt war, wollte ich die Schmetterlinge in meinem Bauch nicht zulassen.
»Und du denkst doch daran!«, beschuldigte Dawn mich erneut.
»Sag mal, geht das nicht in deinen Kopf? Ich kenne ihn kaum.«
»Wenn du meinst«, sagte sie und widmete sich wieder ihren eigenen Aufgaben.
Ich sagte die Wahrheit. Es gab Wichtigeres, über das ich mir Gedanken machte musste, ihn anzurufen beispielsweise und die Details unseres Dates zu klären. Ich wollte nicht, dass er zu mir nach Hause kam, daher musste ich mir überlegen, wo wir uns sehen konnten. Ich hatte vor, selbst zu fahren. Das würde mir etwas mehr Kontrolle geben.
Ich beschloss, mich nach der Arbeit mit ihm in der Marina zu verabreden. Der Landungssteg war ein guter Ort zum Reden. Es war zwar kein ausgefallener Treffpunkt, da viele Leute dort hingingen, aber trotzdem konnte man sich ungestört unterhalten. Einfach perfekt.
Kapitel 7
Vertrauen
A ls ich auf den Parkplatz fuhr, stand sein Wagen schon da. Ich parkte einige Autos entfernt, stieg aus und hielt nach Wes Ausschau. Wegen der getönten Scheiben war es schlecht zu erkennen, ob er im Wagen saß.
Doch als ich näher kam, stieg er aus. Wie immer sah er nicht einfach nur gut, sondern absolut blendend aus, aber seine Wintermütze brachte mich doch etwas aus der Fassung. Es war zwar für Anfang November ein ungewöhnlich kalter Abend, trotzdem war ich nicht so dick eingepackt wie er. Ich hatte den Verdacht, dass er dieses Accessoire bewusst trug, weil er genau wusste, wie toll er damit aussah. Wenn das so war, hatte er sein Ziel erreicht.
»So spät im Jahr ist es hier draußen vielleicht doch ein bisschen kalt«, sagte ich zur Begrüßung.
»Ja, ein bisschen vielleicht, aber wir werden es überleben«, versicherte er.
Mir gefiel der Klang des Wörtchens »wir« etwas zu sehr und Wes an meiner Seite zu wissen, verleitete mich beinah dazu, sämtliche Vorbehalte zu vergessen, aber ich musste mich zusammenreißen. Es war mein Glück, dass er so anständig war und mir geduldig so viel Raum gab, wie ich brauchte.
»Es tut mir leid, dass ich in den letzten Tagen wenig Zeit hatte«, begann ich und stockte. Er hörte zu, sagte aber nichts. »Ich hatte zwei Klausuren am Hals, außerdem waren zwei Projekte fällig, und dann hat meine Mutter auch noch einen Neuen. Zu Hause war ziemlich viel los.« Das war noch nicht einmal gelogen. Die Klausuren und Projekte gab es wirklich, und meine Mutter hatte tatsächlich jemanden kennengelernt, auch wenn das für mich selbst noch ganz neu war.
»Du musst mir nichts erklären.« Er war genauso lieb wie immer, was ihn nur noch attraktiver machte.
»Doch, das muss ich. Ehrlich gesagt kann ich mich in deiner Gegenwart nur schwer konzentrieren, und ich musste einfach einen klaren Kopf
Weitere Kostenlose Bücher