Zeitenlos
wütend.
»Na ja, er möchte Weihnachten mit uns verbringen, mit dir und mir.« Sie hielt inne. »Was hältst du davon?«
»Ich weiß nicht. Wo?«
»Er würde gerne hierher kommen.«
»Meinetwegen«, erwiderte ich. »Und deshalb bist du zu mir gekommen?«
»Eigentlich schon. Wir haben Weihnachten immer zusammen verbracht, nur du und ich, und ich weiß nicht, ob ich ihn wirklich einladen möchte. Das beschäftigt mich schon seit Tagen, denn er würde so gerne kommen.«
»Warum solltest du ihn nicht einladen wollen?«
Sie dachte nach. »Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich es jetzt schon so familiär möchte wie er.«
Darauf wusste ich nichts zu sagen, hatte aber auch keine Lust, mir etwas einfallen zu lassen. Ich wollte sie einfach nur aus meinem Zimmer raus haben.
»Mama, das wird schon klappen.« Ich stand auf, um zu signalisieren, dass sie gehen sollte, und die Botschaft kam an. Ich ging mit ihr zur Tür, die ich hinter ihr abschließen würde. In der Tür blieb sie stehen und drehte sich zu mir um.
Ich erstarrte.
»Wie läuft es mit dir und Wes?«, fragte sie.
Ich bekam einen Kloß in den Hals und räusperte mich. »Gut«, antwortete ich so beiläufig wie möglich.
»Prima«, gab sie zurück. »Vielleicht kannst du ihn ja auch einladen. Mir wäre es lieber, wenn wir noch einen Gast hätten. Das würde die Situation entspannen, weißt du.«
»Mal sehen.« Ich machte Anstalten, die Tür zu schließen.
»Oder muss er woanders hin?«, fragte sie, offensichtlich unzufrieden mit meinem Mangel an Begeisterung.
»Ähm, ich glaube nicht.«
»Gut, dann ist das auch geklärt. Lade ihn ein! Es wäre schön, wenn er dabei ist.« Sie lächelte und verließ den Raum. Dass sie eine Regel gebrochen hatte, schien ihr nicht bewusst zu sein. Ich schloss die Tür und verriegelte sie zum ersten Mal seit unserem Einzug. Dann entfuhr mir ein tiefer Seufzer.
»Du kannst herauskommen«, sagte ich und drehte mich um. Er war noch vor mir wieder auf dem Bett und grinste breit.
»Ich habe keine Ahnung, was daran so komisch war«, sagte ich und funkelte ihn an.
»Du hast dich gewunden wie ein Aal.«
»Nicht witzig«, maulte ich. »Sie hätte dich hier finden können, und dann wäre sie total ausgeflippt.«
»Sie hätte mich nicht gefunden«. Er war so selbstsicher.
»Na klar. Du magst vielleicht ein gutes Gehör haben, aber du kannst dich nicht unsichtbar machen.«
Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Bist du sicher?«, sagte er feixend.
Ich warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Etwa doch? Das kannst du?«
»Natürlich nicht.« Er zog mich eng an sich und gab mir einen dicken, nassen Kuss. Ich lachte, wischte mir mit dem Handrücken das Gesicht ab und küsste ihn zurück, ganz anständig.
»Also?«, flüsterte ich.
»Also?«, gab er ebenso leise zurück.
»Kommst du oder nicht?«
»Kommen, wohin?« Er stellte sich dumm.
Ich schlug nach seinem Arm, was meiner Hand mehr wehtat als seinem steinharten Bizeps. »Weihnachten!«
»Ach das«, sagte er und rollte sich herum, sodass ich unter ihm lag. »Nur wenn du ganz lieb fragst.«
Ich versuchte mich freizumachen. »Meine Mutter hat dich eingeladen, schon vergessen?«
Er lockerte seinen Griff und ließ mich los. »Wenn das so ist, werde ich kommen.«
Ich lächelte und schmiegte mich wieder an ihn. Nach einer Weile wurden meine Augen schwer. Bevor ich meine Lider den Kampf gewinnen ließ, fiel mir aber noch eine Frage ein. »Was wünschst du dir zu Weihnachten?«
Behutsam drückte er mich und flüsterte dann: »Mehr Zeit mit dir.«
Kapitel 10
Weihnachten
I ch wusste genau, was ich ihm zu Weihnachten schenken wollte. Das erste Geschenk war nicht teuer, für das zweite würde ich meine Ersparnisse ein bisschen angreifen müssen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, was ich ohne selbst verdientes Geld machen würde. Es war völlig unvorstellbar, meine Mutter um Geld zu bitten, damit ich meinem Freund ein Weihnachtsgeschenk kaufen konnte.
Ich hatte jetzt einige Monate bei Healey’s gearbeitet und den gesparten Lohn so gut wie gar nicht angerührt. Seit wir zusammen ausgingen, hatte Wes mich nie für etwas zahlen lassen. Und ich schuldete ihm immer noch 500 Dollar für die Autoreparatur, die er bisher aber nicht hatte annehmen wollen, weshalb ich mehr als willens war, einen Großteil meines Ersparten für ihn auszugeben. Weihnachten war also eine willkommene Gelegenheit, denn zum ersten Mal würde ich Geld für ihn ausgeben, ohne dass er es ablehnen
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