Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
Vom Netzwerk:
waren. Nach dem Tod von Dr. Thomas hatte er eine Phase gehabt, in der er so einsam und depressiv gewesen war, dass er nicht wusste, ob er weiterleben wollte. Er hatte niemanden gehabt, dem er vertrauen konnte, und hatte es aufgegeben, jemanden zu finden. Als er von Selbstmord sprach, zuckte ich zusammen. Irgendwann fragte ich ihn, was ihn von diesem Schritt abgehalten hatte, und er nannte zwei Gründe. Zum einen das Versprechen, das er seinem Onkel gegeben hatte, wonach er mit dem neuen Leben, das dieser ihm geschenkt hatte, Gutes bewirken sollte, zum anderen die Hoffnung, mich zu finden. Er sagte, er sei immer überzeugt gewesen, dass ich irgendwann in sein Leben treten würde, und wenn das bedeutet hätte, bis zu jenem Tag allein zu sein, dann wäre er das geblieben.
    Mein Herz wurde weich wie Butter. Ein Mädchen hört nicht jeden Tag von seinem Freund, dass dieser vierzig Jahre Einsamkeit in Kauf genommen hat, um auf sie zu warten. Ich hoffte nur, dass dieses Gefühl, gebraucht zu werden, für immer anhalten würde und wollte ihn wissen lassen, was ich fühlte. Es war so einfach: Ich liebte ihn. Ich musste nur noch den richtigen Zeitpunkt finden, ihm das zu sagen, und dann beschloss ich, es jetzt zu wagen.
    Er lag mir zugewandt auf meinem Bett, und ich hatte mich an ihn gekuschelt. Manchmal kam es mir vor, als wäre er mir gegenüber offener, wenn ich ihn nicht ansah. In dieser besonderen Nacht hielt ich mich noch mehr zurück und vergrub mein Gesicht an seiner Brust, während er über seine schwierige Vergangenheit sprach. Ihn dabei nicht anzusehen, machte es auch mir leichter, diese bindenden Worte auszusprechen. Ich räusperte mich und ließ sie frei: »Ich liebe dich.«
    Kaum ausgesprochen, fühlte ich, wie sich seine Muskeln augenblicklich versteiften, als hätte ihn meine Ankündigung überrascht. Ich wappnete mich gegen die Zurückweisung.
    »Du weißt gar nicht, wie gut es tut, diese Worte zu hören«, flüsterte er. Seine Stimme klang nachdenklich, dann schwieg er ein paar Sekunden. Ich wartete, und mein Puls schlug schneller, weil von ihm nichts mehr kam. Ich fragte mich, ob ich zu voreilig gewesen war. Nach einer Zeit, die wahrscheinlich viel kürzer gewesen war, als ich sie empfunden hatte, ließ meine Anspannung nach. Wes rutschte weiter herunter, sodass wir auf Augenhöhe waren, und legte seine Hand an meine Wange.
    »Sophie«, sagte er. »Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.«
    Diese Worte zu hören, rechtfertigte jegliches Risiko, das ich eingegangen war, als ich beschlossen hatte, ihm eine Chance zu geben. Alles, was ich an gesundem Menschenverstand hatte sausen lassen, indem ich ihm glaubte und vertraute, war das Gefühl wert, das ich in jenem Augenblick erlebte. Die Situation war so unwirklich, dass ich fast daran zweifelte, ob das alles tatsächlich gerade geschah.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Wie bitte?«
    »Dein Gesichtsausdruck, so habe ich dich noch nie gesehen.«
    Er kam wohl daher, dass mir mein neu gefundenes Glück in diesem Moment bewusst geworden war. »Ach, ich habe gerade gedacht, dass mir das wie ein Traum vorkommt. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein.«
    Er lachte leise. »Was genau meinst du?«
    »Eigentlich alles, aber ganz besonders, dass du gesagt hast, du liebst mich. Bist du sicher?«, fragte ich.
    »Nein.«
    Ich wollte protestierend den Mund aufmachen, aber er verschloss ihn mit einem Finger. »Ja«, sagte er, immer noch lächelnd. Ich kicherte als Antwort, aber er erstickte das Geräusch, indem er mir die Hand auf den Mund legte. Meine Augen weiteten sich, als er sich blitzschnell lautlos von meinem Bett rollte. Ich war völlig perplex, doch dann hörte ich sie auch.
    »Sophie?«, fragte meine Mutter und klopfte an die Tür. Ich sprang auf, denn meine Mutter kam nie in mein Zimmer.
    »Ja?«
    Sie öffnete die Tür, was mich noch mehr überraschte.
    »Mama? Was ist denn? Ich wollte eigentlich schlafen.«
    Sie kam herein und setzte sich ans Fußende. Ich stand kurz vor einem Herzinfarkt und schob mich zwischen sie und meinen auf Tauchstation gegangenen Gast, der neben dem Bett auf dem Boden lag.
    »Ach, ich habe gerade eine Kleinigkeit gegessen und wollte sehen, ob du noch wach bist.«
    »Und?«, hakte ich nach.
    »Und ich wollte dich etwas fragen.«
    »Prima, was denn?«
    »Ähm, du kennst doch Tom, nicht wahr?«
    »Klar, Mama, und weiter?« Ich verlor langsam die Geduld, und meine Schuldgefühle machten mich

Weitere Kostenlose Bücher