Zeitenlos
nicht wissen.«
»Vielleicht nicht, aber ein paar Antworten habe ich wohl verdient.«
»Okay.« Er stand einfach nur da und rührte sich nicht, was ich als Gelegenheit sah, an mein Ziel zu kommen.
»Warum redest du nicht mehr mit mir?«, fragte ich.
»Weil ich versuche, mich von dir fernzuhalten«, entgegnete er spontaner, als ich erwartet hatte.
»Warum?«
»Um die Zukunft zu ändern«, antwortete er rundheraus.
»Warum änderst du die Zukunft, wenn du dich von mir fernhältst?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete er schnell.
»Warum tust du es dann?«
»Ich weiß es nicht«, erklärte er mit zusammengepressten Zähnen.
Ich hatte das Gefühl, mich an jeden noch so kleinen Strohhalm zu klammern, wusste aber nicht, welcher der rettende war. Ich wollte ehrliche Antworten haben, und deshalb musste mir dringend eine Frage einfallen, die ihn zu einer ehrlichen Antwort zwingen würde. Und es musste schnell gehen, denn ich steckte in einer Sackgasse. »Okay, warum bist du in der einen Minute so distanziert und gemein und tauchst als Nächstes wie aus dem Nichts auf?«
Wes überlegte eine Weile, bevor er antwortete: »Ich bin so distanziert, weil ich mich von dir fernhalten will. Und wenn du besser auf dich aufpassen würdest, müsste ich dir nicht ständig zu Hilfe kommen.«
Jetzt kochte ich vor Wut. »Also weißt du, ich will deine Hilfe gar nicht«, sagte ich und machte einen Schritt zur Seite. Doch er baute sich wieder vor mir auf.
Behutsam griff er meinen Arm. »Sophie, geh nicht so. Beruhige dich erst mal.«
»Ich soll mich beruhigen? Vor zwei Wochen hast du mir gesagt, dass du mich liebst, und kurz danach verschwindest du einfach in der Versenkung. Und jetzt verlangst du von mir, dass ich mich beruhige?«
Seine Verärgerung war nicht zu übersehen. »Was willst du von mir?«, fragte er und starrte mich wütend an.
»Ich will dich!«, brüllte ich. Ich war selbst ein bisschen überrascht, wie leicht mir dieses Bekenntnis fiel. »Aber … das weißt du ja bereits, und es ist auch egal.« Einen Moment lang ließ ich den Kopf hängen.
»Mir ist es nicht egal«, sagte er sanft.
»Woher soll ich das wissen? Du hast es echt gut drauf, dass ich mich total beschissen fühle.«
»Es tut mir leid«, sagte er, als ihm bewusst wurde, dass da wohl etwas Wahres dran war.
»Ich brauche keine Entschuldigungen, ich will nur eine Erklärung.«
Er wandte sich ab. »Warum passiert mir das schon wieder?« Er schien Selbstgespräche zu führen, aber ich konnte mir einen Kommentar nicht verkneifen.
»Das hast du schon mal gesagt. Was mache ich denn schon wieder?«
Wes drehte sich zu mir um. »Du findest mich immer wieder. Und ich weiß nicht, wie oder warum.«
»Du hast mir doch gezeigt, wo du wohnst«, erinnerte ich ihn.
»Das meine ich nicht. Du weißt, wo ich jetzt wohne, aber woher kanntest du die Länder, Bundesstaaten und Städte?«
»Hör mal, du redest Unsinn. Bis zu dem Tag, an dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich keine Ahnung, in welcher Stadt du wohnst.« Ich war jetzt wirklich durcheinander, bemühte mich aber, auf ihn einzugehen.
»Nein«, sagte er. »Du tauchst immer und immer wieder in meinem Leben auf, und ich bin einerseits wahnsinnig glücklich darüber, dich zu kennen, dich zu sehen. Ich fühle mich lebendig und stark, sobald du in meiner Nähe bist. Dann habe ich das Gefühl, alles tun zu können, was ich will. Aber es gibt auch eine andere Seite. Denn irgendwann kommt der Tag, an dem mir klar wird, dass du wieder gehen wirst.«
»Was redest du denn da? Warum immer wieder ?«
Er warf einen Blick zur Decke und atmete tief durch. Langsam öffnete er die Augen und wandte sich mir zu.
»Bitte sag mir die Wahrheit! Was ist bloß los mit dir?«
»Du willst eine Erklärung, was hier gespielt wird? Okay, sollst du kriegen. Ich habe dich schon mal geliebt, in zwei früheren Leben. Zwei Leben, die viel zu früh zu Ende gegangen sind, weil du jedes Mal gestorben bist. Und ich muss immer wieder daran denken, dass es erneut passieren wird.«
Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte, deshalb sah ich ihn sekundenlang bloß an und fragte dann: »Meinst du das im Ernst?«
»Ja.«
»Ähm, gib mir nur eine Minute, ich brauche ein bisschen Zeit.« Ich setzte mich aufs Sofa und starrte auf meine Füße. Er machte einen Schritt auf mich zu, als wollte er mir helfen, ließ es aber. Stattdessen beobachtete er mich genau und wartete auf eine Reaktion.
Jetzt hatte ich endlich die Chance,
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