Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
und ihn bitten …« Stammelnd versuchte er, seiner Gefühle Herr zu werden. »Ich wäre ein guter Gatte«, platzte er schließlich heraus, so laut, dass einige der Leute, an denen wir vorübereilten, es garantiert gehört hatten, jedenfalls ließen die verdutzten Blicke darauf schließen.
»Ich habe jetzt leider keine Zeit, George. Ähm, Sir.«
»Nennen Sie mich George! Ich bestehe darauf!«
»Meinetwegen.« Ich raffte mein Kleid und fing an zu rennen, und gleich darauf hatte ich George abgehängt. Im Nebenraum sah ich Reggie gerade noch durch eine offene Fenstertür auf die Terrasse verschwinden. Ohne zu zögern lief ich hinterher und folgte ihm über einen Kiesweg in einen Garten, der von Lampions beleuchtet war. Hier und da standen ein paar Leute herum und unterhielten sich, hauptsächlich Männer, die Zigarren qualmten und mir erstaunte Blicke zuwarfen, als ich plötzlich vorbeigehastet kam.
»Reggie?«, rief ich, doch er war bereits nach rechts ins Gebüsch abgebogen. Eilig heftete ich mich an seine Fersen – und wäre hinter einem Ligusterstrauch fast in ihn hineingerannt, weil er so abrupt stehen geblieben war. Ich starrte an ihm vorbei auf eine Szenerie, die trotz der dürftigen Beleuchtung bestens zu erkennen war. In einer Rosenlaube fummelte Sebastiano an Iphy rum, die mit nacktem Busen vor ihm stand. Ihr Kleid war bis zur Taille heruntergerutscht.
Mir klappte der Mund auf. In meinem Inneren formte sich ein Schrei, aber ich bekam keinen Ton heraus.
»Iphy!«, rief Reggie. »Was tust du da?«
Sebastiano ließ die Hände fallen, als hätte er sich verbrannt. »Es ist nicht das, wonach es aussieht«, leitete er die abgegriffenste Entschuldigung aller Zeiten ein. »Ich wollte ihr nur helfen, das Kleid hochzuziehen. Der Verschluss war aufgegangen.«
Ich holte tief Luft. Einmal, zweimal, und dann noch einmal, es klang fast wie ein Keuchen. Ich fühlte den Puls in meiner Kehle rauschen.
Komm runter, befahl ich mir. Denk nach!
Doch ich konnte nicht verhindern, dass ich mich wie ein erhitzter, aufgeblasener Ballon aus purem Zorn fühlte. Dann sah ich Sebastianos Gesicht. Sie könnte nackt vor mir stehen, und sie würde mich trotzdem nicht interessieren. Ich erinnerte mich überdeutlich an jedes Wort. Und auf einmal konnte ich wieder vernünftig denken und ruhiger atmen.
Er war wirklich nicht der Typ für so was. Ich war zwar ab und zu mal eifersüchtig, aber ich wusste genau, dass es dafür eigentlich überhaupt keinen Grund gab. Außerdem sprach Iphys Gesichtsausdruck für sich – eine Mischung aus Schuldbewusstsein und Triumph. Damit war im Prinzip alles klar. Sie hatte Sebastiano mit einem Trick in diese Gartenlaube gelockt und ihr Kleid runterfallen lassen. Vorher hatte sie natürlich dafür gesorgt, dass Reggie im passenden Moment auftauchte.
Hinter uns näherte sich jemand mit den mir schon vertrauten Trampelschritten. Und richtig, es war George, der gerade rechtzeitig eintraf, um mitzukriegen, wie Iphy sich das Kleid über den Busen zog und ihre aufgelöste Frisur zurechtzupfte, während Sebastiano mit pikierter Miene danebenstand.
»Na, so was«, sagte der Earl perplex.
»Ich erwarte, dass du dich augenblicklich erklärst, Sebastian«, ließ Reggie sich vernehmen. Es klang nicht mal unfreundlich.
»Ich hab’s doch gerade erklärt. Der Verschluss von ihrem Kleid ging auf, und ich wollte ihr helfen, ihn wieder zuzumachen.«
»Du beliebst zu scherzen.«
»Nicht im Geringsten«, sagte Sebastiano verärgert. »Um es ein für alle Mal klarzustellen – ich habe keinerlei Absichten in Bezug auf deine Cousine. Weder solche, wie du sie mir gerade unterstellst, noch irgendwelche anderen. Sämtliche Aufmerksamkeiten, die ich ihr zuteilwerden ließ, waren nur reine Höflichkeit. Für mich ist sie eine Freundin meiner Schwester, nichts weiter. Iphigenia, falls du das falsch verstanden haben solltest, tut es mir sehr leid.«
Ich atmete tief durch. Endlich! Das konnte jetzt keiner mehr missverstehen!
Doch offensichtlich war die Sache damit nicht ausgestanden. Iphigenia schluchzte filmreif auf und schlug sich die Hände vors Gesicht. Der Earl stotterte irgendwas vor sich hin, von dem ich nur die Satzfetzen »höchst fatale Situation« und »ehrbare Frau in Schande gestürzt« verstand.
»Du weißt, dass das Konsequenzen hat«, sagte Reginald. Sein hübsches Ken-Gesicht hatte einen kalten Ausdruck angenommen.
Sebastiano lachte ungläubig. »Das ist Blödsinn. Wir gehen jetzt einfach alle wieder
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