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Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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leise. Gleich darauf ertönte ein Aufschrei, und der Kampflärm verstummte.
    Als wir uns vorsichtig näher heranpirschten, sahen wir im fahlen Morgenlicht eine Kutsche am Waldrand stehen. Daneben beugten sich drei elegant gekleidete Männer über einen vierten, der am Boden lag und sich nicht rührte.
    »Ist er tot?«, fragte einer mit zitternder Stimme.
    »Ich fürchte, ja«, antwortete der zweite. Es klang erschüttert.
    »Damit habt Ihr Eure Satisfaktion, Bouteville«, sagte der erste. Anklagend blickte er den dritten Typen an, der einen bluttriefenden Degen in der Hand hielt.
    »In der Tat«, sagte der in ungerührtem Ton, während er seinen Degen mit einem Grasbüschel abwischte und das ganz normal zu finden schien. »Ich nehme an, Ihr kümmert Euch um alles Weitere und teilt es auch de Portes’ Gattin mit?«
    »Gewiss«, gab einer der beiden anderen förmlich zurück. »Schließlich sind wir seine Sekundanten. Obwohl es seine Frau furchtbar treffen wird, denn sie waren erst seit letztem Monat verheiratet.« Er ließ den Kopf hängen. »Ich traue mich kaum, ihr die Nachricht zu überbringen!«
    »De Portes hätte mich eben nicht blasierter Geck nennen dürfen.«
    Ich konnte kaum atmen vor Schreck. Bisher hatte ich diese Duelle bei Morgengrauen immer für ein Klischee gehalten. Passend ausgedacht für Filme und Romane, wie Die drei Musketiere . Oder erfunden für Touristen, die im Bois de Boulogne spazieren gingen und vorher in ihrem Reiseführer nachschlugen, was da früher alles so passiert war. Aber anscheinend waren diese Storys über Typen, die sich wegen der kleinsten Beleidigung gegenseitig massakrierten, wirklich wahr.
    Der siegreiche Duellant ging zu seinem Pferd, das in der Nähe angebunden war, und saß auf. Mit einem letzten hochmütigen Blick auf die anderen ritt er davon.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte einer der beiden Sekundanten.
    »Du weißt, dass wir de Portes nicht zurückbringen können, denn er war ein Cousin des Kardinals. Wir werden in den Kerker wandern, weil wir es nicht verhindert haben. Die Sache darf gar nicht erst publik werden. Am besten bleibt er einfach verschwunden, und seine Kutsche auch.«
    »Es könnte ein Raubüberfall gewesen sein«, pflichtete der andere ihm bei. »Und wir sind nie hier gewesen.«
    »Dann müssten wir de Portes’ Kutsche zurücklassen und zu Fuß in die Stadt zurückgehen.«
    »Sei’s drum. Doch zuerst müssen wir den armen Kerl unter die Erde bringen.«
    Sie schleppten den Toten in den Wald, und José gab mir ein Zeichen.
    »Aber wir können doch nicht …«
    »Hast du nicht zugehört? Die Kutsche ist sozusagen herrenlos. Vielleicht bringe ich sie auch der armen Witwe des bedauernswerten de Portes, sofern ich seine Adresse in Erfahrung bringen kann. Sicher will sie wissen, was wirklich passiert ist. Und wir sind mit der Kutsche um einiges früher in der Stadt, was uns nur von Nutzen sein kann. Nun komm, rein mit dir, es zählt jetzt jede Stunde.« Gleich darauf saß er auf dem Kutschbock und nahm die Zügel. Ich überwand meinen inneren Widerstand und stieg ein. José trieb das Gespann an. Die beiden Pferde trabten gehorsam vorwärts, und wir nahmen rasch Fahrt auf.
    Die Sekundanten kamen aus dem Wald gerannt und schrien uns wüste Beschimpfungen hinterher, doch José gab den Pferden nur ungerührt die Peitsche, sodass wir noch schneller wurden.
    Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache, es kam mir irgendwie pietätlos vor, dass wir die Kutsche eines Toten benutzten. Aber eigentlich hatte José recht – sie stand der Witwe zu. In dieser Zeit war ein Gefährt wie dieses mitsamt Pferden locker so viel wert wie eine CKlasse im einundzwanzigsten Jahrhundert.
    Ich versuchte, mich zu entspannen und alle bohrenden Gedanken auszuschalten. Das Rumpeln der Räder übte eine einschläfernde Wirkung aus. Ehe ich mich versah, war ich weggetreten. Als ich wieder aufwachte, näherten wir uns bereits der Stadtmauer. Rechterhand lag der Tuilerienpalast mit seinen gepflegten Parkanlagen, und auf der linken Seite erstreckten sich Felder, Viehweiden und Pferdekoppeln. Auf einer kleinen Anhöhe drehten sich knatternd zwei Windmühlen, und hier und da sah man Mönche bei der Arbeit. Die Straße zum Stadttor war von Klostergebäuden gesäumt, deren bäuerliche Schlichtheit in auffallendem Kontrast zur Prachtfassade des Palastes stand.
    Die Kutsche fuhr durch die Porte Saint-Honoré und dann geradewegs weiter, quer durch die Stadt in Richtung Bastille, und hielt dann an

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