Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
diese ganze Nummer bloß deshalb hatte durchziehen können, weil Sebastiano ihm meine vertraulichen Infos verraten hatte, war mir ja schon vorher klar gewesen.
»Ich wollte nur dein Bestes«, fuhr er fort. »Deine Beschattung habe ich persönlich übernommen, denn nur so konnte ich dich vor einer Anklage wegen Verschwörung bewahren. Mein Plan sah vor, dir den Schmuck wegzunehmen und dich unbehelligt gehen zu lassen. Richelieu hätte ich dann erzählt, dass du ihn mir freiwillig überlassen hast.«
»Sehr gnädig von dir.«
Er überhörte meinen ironischen Unterton. »Auf der Île de la Cité habe ich dich leider verloren. Meine Unaufmerksamkeit hat dich fast das Leben gekostet, denn nur so konnte der Dickwanst dich überfallen und berauben. Doch rückblickend hatte dieser Zwischenfall wenigstens ein Gutes – die Brillanten sind aus dem Spiel. Die Königin kann sie nicht tragen und wird so entlarvt.«
»Du willst wohl unbedingt, dass sie geköpft wird, oder?«, entfuhr es mir.
»Anna, wir sind nicht am Hofe von Heinrich dem Achten. Eine Verbannung ist das Äußerste, was ihr passieren wird.«
»Aber das ist nicht fair! Sie tut doch keinem was!«
»Sie ist eine Ehebrecherin und schadet der Krone.«
»In Wahrheit ist das dem Kardinal völlig egal! Er will sie bloß loswerden, um seine Macht auszuweiten. Und den König stört es kein bisschen, dass sie einen anderen Mann liebt. Er hält überhaupt nichts von der Ehe, zumal er ebenfalls einen Freund hat.«
Sebastiano starrte mich an. In seinen Augen flackerte es, für eine Sekunde glaubte ich, eine Spur Verunsicherung wahrzunehmen. So, als würde tief in ihm drinnen etwas in Bewegung geraten, vielleicht sogar seine verschütteten Erinnerungen. Doch dann schüttelte er den Kopf.
»Du redest Unsinn, Anna. Außerdem haben wir diese Unterhaltung schon einmal geführt, und es kam nichts dabei heraus. Eigentlich dachte ich, du hättest deinen Irrtum eingesehen und dein fehlgeleitetes Verhalten bereut.« Seine Augen verengten sich. »Was versteckst du da hinter deinem Rücken?«
»Gar nichts«, behauptete ich.
Ich hatte die ganze Zeit die Schatulle in der Hand gehabt, was ihm bisher entgangen war. Ich selbst hatte ebenfalls gar nicht mehr daran gedacht, weil ich so entzückt gewesen war, ihn wiederzusehen. Erst, als vorhin zum ersten Mal das Wort Brillanten gefallen war, hatte ich sie unauffällig hinter meinen Rücken geschoben.
»Zeig mir deine Hand.«
Ich zog sie hervor. Aber erst, nachdem ich die Schatulle in die andere Hand genommen hatte, die zufällig auch gerade hinter meinem Rücken war. Ich kam mir vor wie bei einem dämlichen Spiel im Kindergarten. Es war klar, dass Sebastiano das nicht mitmachte, und weil er ein Mann der Tat war, kürzte er die Aktion ab, indem er mit beiden Armen um mich herumgriff und mir die Schatulle wegnahm.
Er klappte sie auf und betrachtete mit versteinerter Miene das Collier.
»Bitte«, rief ich. »Daraus darfst du jetzt keine falschen Schlüsse ziehen! Ich habe dich nicht angelogen! Ehrlich nicht!« Flehend setzte ich hinzu: »Du darfst es nicht mitnehmen! Gib es mir wieder!«
Er schloss die Schatulle und sah mich an. Sein Gesicht war mit einem Mal sehr blass. »Geh mir aus den Augen. Sonst bin ich gezwungen, dich festzunehmen und dem Kerkermeister zu überstellen. Und glaub mir, das ist keine leere Drohung.«
Ich war so geschockt, dass ich keinen Ton herausbrachte. Während ich entsetzt zurückwich, steckte Sebastiano die Schatulle ein, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte auf direktem Wege zum Haus des Kardinals.
Ich verschwendete ungefähr zwei bis drei wertvolle Minuten damit, flennend auf dem Platz herumzustehen und mir selber furchtbar leidzutun. Dann riss ich mich zusammen und rannte los. Ich musste José finden, sofort! Er musste das regeln! Irgendwie musste er Sebastiano zu seinem Gedächtnis zurückverhelfen, damit der das Collier wieder herausrückte. Und falls er es schon dem Kardinal gegeben hatte, musste er es ihm eben wegnehmen, egal wie.
Himmel, war das alles verfahren! Und es war ganz allein meine Schuld. Wieso hatte ich nicht das Naheliegende getan, bevor ich mich wie eine liebeskranke Irre in Sebastianos Arme geworfen hatte? Ich hätte beispielsweise das Collier einfach in meinen Lederbeutel stecken können. Dann wäre die Schatulle leer und alles bestens gewesen.
Während ich herumrannte und nach der Kutsche Ausschau hielt, wurde mir klar, dass ich weitere Zeit vergeudete. José konnte
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