Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
Wange, als könnte er nicht glauben, dass ich vor ihm stand. »Wir dachten, du seist ertrunken!«
Ich schniefte. »Woher wusstet ihr davon?«
»Dein Musketier war gestern bei Marie de Chevreuse und hat ihr die traurige Nachricht überbracht. Die Herzogin hat daraufhin eine Botschaft an Cécile gesandt, und auf diese Weise habe auch ich davon erfahren.« Er strahlte mich an. »Aber es war wohl ein Irrtum. Du ahnst nicht, wie froh ich darüber bin!«
Es tat mir gut, dass er sich so freute. Zögernd erwiderte ich sein Lächeln und wischte mir die Tränen ab. Auch Cécile kam näher. Ihr weißblondes Haar stand zerzaust nach allen Seiten ab, und am Hals hatte sie einen Knutschfleck. Sie hatte sich eine Toga über ihr durchsichtiges Nymphenhemdchen gehängt und musterte mich mit weit aufgerissenen Augen. »Du bist gar nicht ertrunken!«
»Nein, ich konnte ans Ufer schwimmen.«
»Wieso bist du überhaupt ins Wasser gefallen?«
Ich holte tief Luft. »Gaston hat mich reingeworfen. Er wollte mich umbringen.«
»Was?«, riefen Philippe und Cécile wie aus einem Mund.
»Wie konnte das geschehen?«, wollte Philippe fassungslos wissen. »Warum hat er das getan?«
»Er wollte die Brillanten der Königin. Ich hatte sie zufällig bei mir, und er hat sie mir geraubt.«
»Du hattest zufällig die Brillanten der Königin bei dir?«, echote Cécile ungläubig.
»Nun ja, es war nicht wirklich zufällig. Sie hatte das Collier jemandem überlassen und brauchte es schnell zurück. Also hat sie die Herzogin gebeten, es für sie abzuholen. Doch die war verhindert, deshalb habe ich es erledigt. Davon hat Gaston Wind bekommen und mich unterwegs überfallen.«
Die beiden musterten mich skeptisch. Es war kaum zu übersehen, dass sie mir den größten Teil meiner Story nicht abkauften. Vor allem Cécile sah mich seltsam an.
»Gib es zu, du spionierst für Richelieu«, sagte sie unvermittelt.
»Was?« Ich lachte entgeistert auf. Das war ja wohl der absurdeste Vorwurf aller Zeiten. »Ich hasse den Kerl! Nie und nimmer würde ich für den arbeiten!« Trotzig betrachtete ich sie. »Tatsächlich hatte ich sogar manchmal das Gefühl, du könntest vielleicht für ihn spionieren.«
Sie starrte mich an. »Du bist verrückt.«
»Hört auf, ihr zwei.« Philippe schüttelte ungeduldig den Kopf. »Anna, was willst du von uns?«
»Als Erstes muss ich wissen, wo Sebastiano wohnt.«
Damit schien ich Céciles Argwohn nur noch mehr zu schüren. »Philippe, sie stellt sich absichtlich dumm. Sie hat eine Affäre mit diesem Musketier und weiß ohne Frage ganz genau, wo er logiert.«
»Aber ich weiß es wirklich nicht!«, rief ich verzweifelt. »Ich bin extra deswegen hergekommen! Bitte, Philippe! Sag es mir!«
»In der Rue Saint-Martin, über dem Kräuterladen.«
Himmel noch mal! Jetzt fiel es mir wieder ein! Monsieur Mirabeau hatte die Straße erwähnt, ich hatte es vor lauter Aufregung nur vergessen. Stöhnend presste ich die Handballen gegen meine Schläfen. Ich musste mich besser konzentrieren, wenn ich überhaupt noch irgendwas retten wollte. Es gab nämlich noch eine Möglichkeit (wenn auch eine klitzekleine), die ich bisher nicht bedacht hatte. Doch dafür musste ich ein wenig von der Wahrheit offenbaren.
»Der Kardinal will die Königin heute Abend auf dem Maskenball bloßstellen«, erklärte ich. »Der König hat sie aufgefordert, das Diamantcollier zu tragen. Aber das kann sie nicht, weil Gaston den Schmuck hat.«
»Wieso wäre es eine Bloßstellung, wenn sie das Collier nicht tragen kann?«, fragte Cécile mit gedehnter Stimme.
Ich wand mich, doch dann sah ich ein, dass hier nur die ganze Wahrheit weiterhalf. Ohne die Unterstützung der beiden konnte ich es vergessen. Folglich musste ich mit der entscheidenden Information herausrücken.
»Der Kardinal hat dem König verraten, dass sie die Brillanten ihrem Geliebten geschenkt hat. Und deshalb hat er den Plan eingefädelt, sie auf dem Ball auffliegen zu lassen.« Dass Richelieu das nur dank meiner groben Unvorsichtigkeit hatte tun können, behielt ich lieber für mich.
Cécile pfiff durch die Zähne. »Sieh einer an!«
Philippe war empört. »Was für ein Schurkenstreich!«
Daran knüpfte ich nahtlos an. »Und das alles nur, weil sie ihrer wahren Liebe folgt, statt in einer Ehe vor sich hin zu leiden, die nur aus Geschäftsgründen geschlossen wurde.«
Philippe nickte sofort mit großer Entschiedenheit, und auch Cécile sah aus, als könnte sie dieser Argumentation einiges
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