Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
stand auf, sammelte die Bruchstücke der Tafel ein und hielt sie Sebastiano entgegen. »Sieh nur, was du angerichtet hast«, meinte er grinsend. »Ich fürchte, jetzt wird das reizende Kind unsere Bestellungen nicht mehr aufnehmen können.«
    Sebastiano krauste die Stirn und betrachtete die Wachstafel, oder besser: das, was davon übrig war. Die letzten Bestellungen vom Nachbartisch standen noch darauf.
    »Hast du das geschrieben?«, fragte er mich.
    Ich nickte stumm und mit trockenem Mund. Er sah so unglaublich gut aus! Um ein Haar hätte ich erneut angefangen zu heulen, weil er sich nicht an mich erinnerte. Meine Augen brannten von den aufsteigenden Tränen. Krampfhaft blinzelnd blickte ich zur Seite. Wenn ich mich nicht unter Kontrolle brachte, würde ich es nie hinkriegen, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Genauer gesagt, die Art von Aufmerksamkeit, auf die ich Wert legte, nicht die von der Guck-mal-was-für-ein-Bauerntrampel-Sorte.
    »Wer ist das Mädchen, Jacques?«, fragte eine der Frauen den jungen Mann, der die Tafel aufgehoben hatte.
    »Ach, sie war heute Morgen während des Aufruhrs auf dem Marktplatz und wollte mit Sébastien sprechen.«
    »Worüber denn?«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Jacques vielsagend lächelte.
    »Das wissen wir nicht«, warf einer der anderen Gardisten ein. »Vielleicht über süße Geheimnisse.« Er glich Jacques aufs Haar, die beiden mussten Zwillingsbrüder sein. Sie unterschieden sich nur durch die Farbe ihrer Kniehosen. Die von Jacques waren grau, die seines Bruders blau.
    »Sébastien, stimmt es, was Jules sagt?«, fragte das andere Mädchen. »Hast du süße Geheimnisse mit der Kleinen? Hübsch ist sie ja. Aber sie müsste mal baden.«
    Erneut allgemeines Gelächter. Ich merkte, wie mir vor lauter Verlegenheit das Blut in die Wangen stieg. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken.
    Zu meiner Erleichterung machte Sebastiano bei dem neckischen Geplänkel der anderen nicht mit. »Lasst sie in Ruhe«, sagte er. »Das Mädchen kennt mich überhaupt nicht. Es war einfach eine Verwechslung.« Er wandte sich an mich. »Stimmt doch, oder?«
    Ich nickte, dankbar für die Rettungsleine, die er mir da zugeworfen hatte. Trotzdem machte ich mir nichts vor. Diese Begegnung hatte genau wie die letzte absolut blöd angefangen. Ich sah schon wieder aus wie Aschenputtels kleine Schwester. Außerdem war ich wie der Tollpatsch vom Dienst mit meinem Kopf gegen seinen geknallt und in den Augen seiner Freunde die reinste Witzfigur. Und jetzt sollte ich irgendwie alles rausreißen. Nein, falsch. Ich musste es rausreißen. Fragte sich nur, wie.
    Auf jeden Fall musste ich mich zusammennehmen und durfte mich nicht wie eine Heulsuse aufführen. Ich reckte das Kinn und blickte möglichst gelassen in die Runde, obwohl ich mich wie das letzte Nichts fühlte.
    »Was darf ich den Herrschaften bringen?«
    Sie gaben alle ihre Bestellungen auf, es ging kreuz und quer durcheinander. Die beiden Frauen überlegten es sich dreimal anders, und am Nachbartisch wollten noch zwei Gäste einen Becher Wein. Ich hatte mir das größte Bruchstück der Wachstafel geschnappt und schrieb eilig mit. Als ich das nächste Mal aufsah, begegnete ich direkt Sebastianos Blick. Er wirkte irgendwie … irritiert. In der Hoffnung, dass das ein gutes Zeichen war, lächelte ich ihn an. Es war kein aufgesetztes Lächeln, sondern kam von Herzen. So, wie ich mich fühlte – zittrig, ein bisschen ängstlich, aber voller Zuneigung. »Ihr habt noch nicht bestellt, Monsieur«, sagte ich.
    Dadurch, dass alle übrigen zusammengerückt waren, saß er nun außen auf der Bank.
    »Ich nehme Schinken und Brot und dazu einen Becher Roten«, sagte er. »Aber nur zwei Fingerbreit Wein, den Rest Wasser.«
    Ich starrte ihn an und schluckte. So hatte er seinen Wein bei unseren anderen Ausflügen in die Vergangenheit auch immer bestellt, wenn wir dort zusammen was trinken waren.
    »Ist was, Mädchen?«, fragte er.
    »Nein, alles bestens.« Hastig ergänzte ich meine Notizen, dann eilte ich zur Theke, um die Getränke in Auftrag zu geben, bevor ich in der Küche die bestellten Mahlzeiten herunterratterte. Monsieur Mirabeau musste sich nichts notieren, er merkte sich jedes einzelne Gericht mühelos. Er war gerade dabei, mit einem Riesenmesser einen großen Schinken fachgerecht kleinzusäbeln, und nickte nur, als ich ihm alles aufzählte.
    »Leider ist die Tafel kaputtgegangen«, schloss ich, nachdem ich fertig war. »Ich hab sie aus Versehen

Weitere Kostenlose Bücher