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Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Blick ließ einen Hauch von Interesse ahnen, aber mehr als ein paar nichtssagende Grußworte fielen nicht für mich ab. Vermutlich war ich einfach zu langweilig. Mit dem rosa-weiß gestreiften Kleid und den Ringellöckchen sah ich aus wie die artige kleine Schwester, die um zehn ins Bett geschickt wurde. Im Vergleich dazu wirkten alle anderen anwesenden Frauen wie Filmstars auf der Oscar-Verleihung, mit eng geschnürten Korsagen, offenherzigen Dekolletés und großem Make-up. Aber am schönsten und aufregendsten von allen war eindeutig Marie, und dazu brauchte sie nicht mal viel Schminke. Sie trug ein tief ausgeschnittenes Samtkleid, dessen satter roter Farbton ihren makellosen Teint und die funkelnden Augen betonte. Ihr langes Haar war nicht so kleinmädchenhaft geringelt wie bei mir, sondern fiel in großzügigen Locken über ihre Schultern.
    Unvermittelt erfasste mich eine Welle von Mutlosigkeit. Gegen Marie hatte ich keine Chance. Sebastiano würde ihr auf der Stelle willenlos verfallen. Männer waren nun mal so, da wäre er sicher keine Ausnahme. Sein Unterbewusstsein würde gar keine Zeit haben, alte Gefühle zu beleben, weil es bei Maries Anblick vollauf mit Sabbern beschäftigt sein würde.
    Es war fast, als hätte ich ihn in Gedanken herbeibeschworen, denn genau in diesem Moment betrat er den Saal. Schon wieder musste ich die Luft anhalten, als ich ihn sah. Was zur Folge hatte, dass ich mich an dem Wein verschluckte, von dem ich noch einen Schluck im Mund gehabt hatte. Ich spuckte und hustete und rang nach Luft, was mich wertvolle Sekunden kostete, in denen ich nichts tun konnte, außer wie ein hypnotisiertes Schaf zu glotzen.
    Sebastianos Wams war vom selben leuchtenden Rot wie Maries Kleid, sodass sie beide, er und sie, in der Menge der Anwesenden wie zwei zwingend zueinander gehörende Juwele hervorstachen. Diese Übereinstimmung war von solcher Symbolkraft, dass mir ein schwacher Laut des Entsetzens entwich, als Sebastiano sich tatsächlich auf sie zubewegte, während sie ihm gleichzeitig entgegenging. Sie waren wie zwei Magneten, die voneinander angezogen wurden. Er blieb vor ihr stehen und küsste ihr galant die Hand, und sie warf mit perlendem Lachen den Kopf zurück, als er irgendwas Witziges zu ihr sagte. Er strahlte sie an, ich sah seine Zähne quer durch den ganzen Saal aufblitzen.
    Willenlos. O Gott. Ich hatte es gewusst!
    Ich merkte gar nicht, dass ich mich in Bewegung gesetzt hatte. Wie eine an Schnüren hängende Marionette hielt ich auf die beiden zu. Von dem Stimmengewirr und dem Gefiedel hörte ich nichts mehr, nur noch das Klacken meiner Absätze, es klang wie zu-spät-zu-spät-zu-spät-zu-spät . Ich fühlte mich wie eine Kreuzung aus Alice im Wunderland und dem Verrückten Hutmacher und wurde schneller. Zu schnell. Kurz bevor ich die beiden erreicht hatte, rutschte ich auf dem glänzend gebohnerten Intarsienparkett aus und fiel der Länge nach hin. Es war genau wie auf dem Marktplatz – ich knallte Sebastiano förmlich vor die Füße. Doch diesmal gab es einen entscheidenden Unterschied. Im Fallen flutschte mir das Weinglas aus der Hand und flog ihm entgegen, worauf er es mit einer blitzschnellen Handbewegung mitten in der Luft fing. Der Inhalt des Glases folgte allerdings Murphys Gesetz (und dem von Newton) – der ganze restliche Wein verteilte sich in einem Schwall über das edle rote Wams.
    »Lieber Himmel«, rief Marie.
    Sebastiano sagte auch irgendwas (für mich hörte es sich an wie Verdammter Mist ), aber das ging in Maries erschrockenem Ausruf unter. Gleich darauf half mir jemand auf die Beine. Ein wenig taumelig hob ich den Kopf, und als Nächstes sah ich in zwei verblüffte und vertraute blaue Augen.
    »Tut mir leid«, stieß ich atemlos hervor. Wenn Sebastiano mich nicht gestützt hätte, wäre ich sofort wieder hingefallen, so sehr brachte mich seine Nähe aus dem Gleichgewicht. Meine Kehle wurde eng, und ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, weil ich solche Sehnsucht nach ihm hatte.
    »Das ist Anna, meine bezaubernde junge Gesellschafterin«, hörte ich Marie sagen.
    »So, ist sie das«, erwiderte Sebastiano mit gedehnter Stimme, während er mich losließ. Er verzog keine Miene, aber seine verengten Augen ließen keinen Zweifel daran, dass ihm hier einiges faul vorkam.
    »Es war ein Versehen, ehrlich!« Ich verhaspelte mich. »Zum Glück ist es ja rot. Das Wams, meine ich. Und der Wein auch. Wir können das ganz schnell … äh, trocken tupfen. Damit Ihr hier

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