Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
es auf Gegenseitigkeit beruht. Also die Geschichte zwischen Marie und diesem Mann.«
    »Woher weißt du das, wenn du doch erst seit einem Tag bei ihr bist?«
    »Als Frau hat man für so was einen Blick«, behauptete ich. »Außerdem bewahrt sie seine Briefe in einem parfümierten Rosenholzkästchen auf, das sie abends unter ihr Kopfkissen legt.« Ich hätte noch stundenlang weiter improvisieren können – wobei das mit dem Rosenholzkästchen nicht mal erfunden war, ich hatte heute tatsächlich eins in ihrem Zimmer gesehen, aber natürlich wusste ich nicht, was drin war.
    »Und kennst du auch den Namen dieses Verehrers?«, fragte Sebastiano.
    »Nein, den hat sie mir nicht verraten.«
    »Obwohl sie dir doch sonst alles sagt?«
    »Manche Dinge sind nun mal privat«, erklärte ich würdevoll.
    »Ob besagter Verehrer wohl heute Abend auch anwesend ist?«
    »Da gehe ich jede Wette ein.«
    »Und warum wirbt er nicht öffentlich um sie, wenn er sie doch allem Anschein nach so heiß begehrt?« Sebastiano hatte wieder sein Pokerface aufgesetzt, aber ich hatte den vagen Eindruck, dass er ein belustigtes Lächeln unterdrückte. Trotzdem ließ ich mich nicht beirren. Der Trick beim Erfinden von Geschichten bestand darin, an der einmal ausgedachten Story festzuhalten, auch wenn sie mehr Löcher hatte als Schweizer Käse.
    »Weil er spielsüchtig ist und sein ganzes Vermögen beim Würfeln verloren hat. Die Scham hält ihn davon ab, ihr offiziell den Hof zu machen.«
    Damit hatte ich wohl endgültig zu dick aufgetragen, denn Sebastiano hob auf unmissverständliche Weise die Brauen. Das musste ich nicht erst lange deuten – es war sein Ich-glaub-dir-kein-Wort -Blick.
    »Ich finde, wir sollten wieder nach oben gehen«, sagte er.
    Das fand ich selbst überhaupt nicht, doch ich konnte ja schlecht widersprechen. Zu meiner Erleichterung versuchte er im weiteren Verlauf des Abends nicht mehr, mit Marie zu flirten. Bis auf eine freundliche, aber kurze Unterhaltung spielte sich nichts zwischen den beiden ab, und weil ich die ganze Zeit über beharrlich an Maries Seite blieb, bekam ich jedes Wort davon mit. Er machte ihr ein Kompliment über ihr tolles Aussehen, aber das konnte ich gerade noch verschmerzen. Wenn er sich ernstlich bemüht hätte, wäre er wahrscheinlich mit der Erfüllung seines Auftrags weitergekommen, doch er hielt sich definitiv zurück. Stattdessen beobachtete er die Umgebung, was er damit tarnte, dass er wie zufällig zwischen den Gästen umherschlenderte und sich in Gespräche verstricken ließ. Immer wieder wanderte sein Blick zu mir, das merkte ich sogar, wenn ich ihn nicht direkt ansah. Ich hatte es schon immer gespürt, wenn seine Blicke auf mir ruhten, das war wie eine seltsame Magie zwischen uns.
    Irgendwann war das Gefühl weg, wie abgeschnitten. Als ich das nächste Mal nach ihm Ausschau hielt, war er gegangen.

Tag drei
    I
n der Nacht hatte ich lauter wirre Träume, ich schlief schlecht, obwohl das Bett in meiner Dachkammer sehr komfortabel war. Am nächsten Tag stand ich früh auf, wusch und kämmte mich und schlüpfte in eines der schlichten Gewänder aus Esperanzas Kostümfundus. Marie und Opa Henri schliefen noch und würden auch die beiden nächsten Stunden sicher nicht aufstehen, wie ich von einer Dienerin erfuhr, die mir auf der Treppe begegnete. Ich ließ mir von ihr den Weg zum Marktplatz beschreiben. Von dort war es nicht weit bis zu Gastons Wohnung in der Rue du Jour. Ich wollte ihn von der neuesten Entwicklung informieren. Zu meiner Enttäuschung war er nicht zu Hause, ich traf nur seinen Diener an, der mir mitteilte, dass sein Herr für einige Stunden fort sei. Gastons Abwesenheit machte mich nervös, denn ohne seine Hilfe – genauer: ohne die Hilfe seines Alten – konnte ich die Rückreise in die Zukunft vergessen. Ich hatte zwar noch die Maske, aber Esperanza hatte mir klar zu verstehen gegeben, dass ich sie nur bei Lebensgefahr benutzen durfte. Ich hatte nicht vor, diese Regel zu brechen, denn sonst würde ich am Ende noch sonst wo landen. Ich wusste, dass die Zeit nicht in verlässlichen Bahnen verlief, sondern auch gefährliche Schlenker, Löcher und Sackgassen aufwies, in denen man sich für immer verlieren konnte. José hatte mich und Sebastiano mehr als einmal eindringlich davor gewarnt und uns eingeschärft, nur bekannte Portale unter Aufsicht eines Alten zu benutzen.
    Ich bat den Diener, Gaston unbedingt von meinem Umzug zur Duchesse de Chevreuse zu berichten und dass ich bis zum

Weitere Kostenlose Bücher