Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
besticktem Oberteil und einem Ausschnitt, der mehr aus meiner Oberweite machte, als tatsächlich vorhanden war. Die Haare ließ ich offen. Sebastiano liebte es, wenn ich mein Haar lang trug, er vergrub gerne sein Gesicht darin. Möglicherweise schaffte ich es ja, dass er es an diesem Abend tun würde. Vielleicht half das seiner Erinnerung auf die Sprünge.
Nachdem die Kirchenglocken sieben Uhr geschlagen hatten, wurde ich immer aufgeregter. Sebastiano wollte mich um halb acht abholen, eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung. Ich fühlte mich wie vor unserem ersten Date.
Opa Henri schaute vorm Schlafengehen noch einmal im Salon vorbei und lobte mein Outfit. »Du siehst reizend aus, Kind! Was für ein hübsches Kleid!« Er selber kam eher leger daher, denn er war schon im Nachtgewand und hatte eine Zipfelmütze auf dem Kopf, wie man sie in diesen alten Zeiten im Bett trug.
Kaum war er wieder davongeschlurft, als auch schon der Hausdiener auftauchte und die Ankunft von Monsieur Foscaire meldete. Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Marie legte mir eine farblich zum Kleid passende Samtstola um die Schultern. »Denk dran, was ich dir gesagt habe.«
»Ja, ich passe auf mich auf.«
»Es könnte nicht schaden, wenn du mehr über ihn herausfindest.« Eilig setzte Marie hinzu: »Natürlich nur, um einen besseren Eindruck von ihm zu gewinnen.«
Aha. Also doch. Ich hatte richtig vermutet. Sie wollte, dass ich bei Sebastiano auslotete, ob der Kardinal Intrigen gegen die Königin spann, und wenn ja, welche.
»Ich werde versuchen, sein Vertrauen zu gewinnen«, versprach ich. Das war nicht mal gelogen, denn genau das hatte ich vor. Und nicht nur das. Wenn alles so funktionierte, wie ich es mir vorstellte, wären Sebastiano und ich schon sehr bald ein paar hundert Jahre weit weg von hier, zu Hause und im einundzwanzigsten Jahrhundert. Dort würden nur noch ein paar Geschichtsbücher und Einträge bei Wikipedia an die Zerwürfnisse zwischen dem Kardinal und der Königin erinnern. Und vielleicht noch eine alte Story über ein paar Musketiere aus dem Jahr 1625, die angeblich auf wahren Ereignissen basierte, von der aber das meiste garantiert nur ausgedacht war, so wie bei allen Romanen. Mit unserer Rückkehr würde sich alles in Wohlgefallen auflösen. Die Katzenmaske würde ich gar nicht brauchen, und was immer Sebastiano im Jahr 1625 zu tun hatte, war bereits erledigt. Ganz bestimmt.
»Ich wünsche dir einen vergnüglichen Abend«, sagte Marie. Es klang aufrichtig. In ihren Augen stand ein wehmütiger Ausdruck, ein Hauch von Einsamkeit. Wieder wurde ich von Mitleid durchflutet. Möglicherweise hatte sie in ihrem früheren Leben einen Freund zurückgelassen, den sie geliebt und nun vergessen hatte. So wie Sebastiano mich.
Aus dem Mitleid wurde Selbstmitleid und dann Angst, denn niemand konnte mir garantieren, dass er sich an mich erinnerte. Auf dem Weg nach unten musste ich ein paarmal tief durchatmen. Dann sah ich ihn von der Treppe aus im Vestibül stehen. Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf, während ich die restlichen Stufen hinabschwebte. Der Abend konnte beginnen.
Die Bewunderung, die ich in seinen Augen aufblitzen sah, war Balsam für meine Seele.
»Hallo«, sagte ich atemlos (es kam als Da bin ich heraus), worauf er mich mit einem galanten Handkuss begrüßte, was mir sehr gut gefiel.
»Du siehst hübsch aus, Anna.« Er hielt mir seinen Arm hin, damit ich mich einhaken konnte.
»Danke.« Sein Unterarm fühlte sich unter meinen Fingerspitzen kräftig und durchtrainiert an. Es war ein wundervolles Gefühl, ihm so nah zu sein. Der Auftakt dieses Dates war wirklich verheißungsvoll. Sebastiano war mit einer Kutsche gekommen, einem einspännigen, offenen Gefährt für zwei Personen. Ich musste also nicht mit den schönen hellen Seidenschuhen über schmutziges Pflaster laufen und den Saum des traumhaften Kleids ruinieren. Sebastiano hielt mir galant den Schlag auf und stützte mich beim Einsteigen. Ich kam mir vor wie eine echte Lady.
»Bist du schon einmal in einer Theatervorstellung gewesen?«, fragte ich, als wir beide nebeneinander auf der gepolsterten Bank im Inneren der Kutsche saßen.
»Schon oft.« Er gab dem Kutscher das Kommando zum Losfahren.
»In welchen Stücken denn?«
Er runzelte die Stirn. »Sie können nicht besonders gut gewesen sein, denn ich habe ihre Namen vergessen.«
»Du weißt keinen einzigen mehr?«
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Nein, ich fürchte nicht.«
»Das freut
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