Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
da, das mich irgendwie an Romeo und Julia erinnerte, denn es bestand darin, dass die Nymphe sich am Schluss weinend für immer in ihre Quelle zurückzog, um dort zu sterben, weil sie irrtümlicherweise annahm, die Hochzeit hätte schon stattgefunden. Woraufhin der Jüngling, der leider eine halbe Minute zu spät kam, sich rasend vor Trennungsschmerz und unter dramatischem Trommelwirbel vor der Quelle erdolchte. Vorher waren die Erbin und der Nachbarssohn noch zusammen durchgebrannt, immerhin ein Teil-Happyend. Als alles vorbei war, versammelten sich die drei Darsteller auf der Bühne und nahmen den Applaus entgegen, der ziemlich spärlich ausfiel, weil außer uns kaum noch jemand da war. Nur Philippe klatschte wie verrückt und blickte Cécile dabei anbetend an. Auf seinem schmalen Gesicht stand seine ganze hoffnungslose Liebe. Sie warf ihm huldvoll eine Kusshand zu, worauf er bis über beide Ohren errötete und ihr nachsah, als sie mit den anderen von der Bühne abtrat und hinter den Kulissen verschwand.
Gemeinsam mit Philippe gingen Sebastiano und ich zum Ausgang, wo Philippe erklärte, hier auf Cécile warten zu wollen, um sie nach Hause zu begleiten. Ich bat ihn, Cécile liebe Grüße von mir auszurichten und dass ich am nächsten Tag bei ihr vorbeikommen würde. Auch bei Philippe wollte ich auf jeden Fall noch einmal reinschauen, denn vor meiner Rückreise in die Zukunft – die ja schon morgen Nacht stattfinden würde – wollte ich mich von den beiden verabschieden und mich für alles bedanken.
Als ich mit Sebastianos Hilfe in die Kutsche stieg, sah ich Cécile aus dem Theater kommen und bei Philippe stehen bleiben. Im Licht der Fackeln, die vor dem Gebäude brannten, konnte man sehen, wie die beiden miteinander tuschelten und dabei mehr oder minder verstohlen zu uns herüberschauten. Die Art, wie Cécile dabei das Gesicht verzog, weckte ein ungutes Gefühl in mir. Sie sah dabei so ähnlich aus wie in dem Augenblick, als Marie erklärt hatte, für mich ein Zimmer ganz in der Nähe von ihrem eigenen herrichten zu wollen. Ich fragte mich, was sie über mich zu bereden hatten, doch dann wurde ich nachhaltig abgelenkt, denn Sebastiano setzte sich mit gewittrigem Gesichtsausdruck neben mich.
»Was hast du mit diesem Kerl zu schaffen?«, wiederholte er seine Frage von vorhin. »Woher kennst du ihn?«
»Er ist kein Kerl, sondern heißt Philippe und ist wirklich nett. Er hat mir nach meiner Ankunft hier in Paris sehr geholfen. Und außerdem ist er mit Cécile befreundet. Hast du nicht gemerkt, wie er sie anhimmelt?«
Die Kutsche setzte sich rumpelnd in Bewegung und rollte durch die Nacht. Am Himmel hing bleich und beinahe rund der Mond. Das erinnerte mich sofort daran, dass in der nächsten Nacht Vollmond war und ich bis dahin keine weitere Chance kriegen würde, Sebastiano zu einem Ausflug auf den Pont au Change zu bewegen. Von daher passte es gut, dass wir gerade über Philippe sprachen, denn das verschaffte mir die Möglichkeit, unauffällig zum eigentlichen Thema überzuleiten.
»Was hast du eigentlich gegen Philippe?« Ich stellte mich dumm. »Es kam mir so vor, als würdet ihr euch kennen.«
»Er hat mir im Auftrag eines ziemlich merkwürdigen Mannes zweimal eine Botschaft gebracht, die mir mehr als verdächtig vorkam.«
»Was stand denn da drin?«
»Dass ich zum folgenden Mondwechsel unbedingt auf den Pont au Change kommen müsse.« Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte zuerst, es sei eine Verwechslung, doch beim zweiten Mal versicherte dieser Philippe mir, dass es seine Richtigkeit habe und ich mich beim Mondwechsel auf der Brücke aufhalten solle.«
Ich gab mich weiterhin ahnungslos. »Was kann er damit gemeint haben?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Und was ist mit dem merkwürdigen Mann, in dessen Auftrag er handelte?«
»Oh, der war mindestens genauso verrückt. Ihn lernte ich einige Wochen später kennen. Ein geschniegelter Dickwanst, der mich beschwor, ihn bei Nacht auf die Brücke zu begleiten, um das Portal benutzen zu können .« Sebastiano äffte Gaston gekonnt nach. »Ich musste ein Machtwort sprechen, um ihn loszuwerden.«
»Hm, wirklich eigenartig.« Ich tat nachdenklich. »Morgen Nacht haben wir Vollmond. Vielleicht sollten wir einfach nachsehen, was auf der Brücke los ist.«
»Gar nichts wird dort los sein.«
»Dann hätte dieser … Dickwanst doch nicht so ein Getue gemacht und dich dreimal aufgefordert, da hinzugehen.«
»Verrückte kommen auf die seltsamsten
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