Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
Die drei Musketiere .
Im Gang kam mir Marie entgegen. Ihre Augen leuchteten im Kerzenlicht. »Nun sind die Liebenden vereint!«, flüsterte sie. Lauschend wandte sie den Kopf. »Wir sollten uns für eine Weile zurückziehen und die beidem ihrem Glück überlassen.« Sie strich mir lächelnd übers Haar. »Ich danke dir für deine Hilfe.« Dann ging sie mit leisen Schritten in ihr eigenes Schlafgemach. In Ermangelung anderweitiger Beschäftigung – und weil es schon spät war – begab ich mich ebenfalls auf mein Zimmer und legte mich aufs Bett. Es konnte nicht schaden, wenn ich mich ein wenig ausruhte, denn letzte Nacht hatte ich nicht viel Schlaf bekommen. An wirkliche Entspannung war allerdings nicht zu denken, dafür war ich zu aufgedreht. Außerdem war das Zimmer hellhörig. Oder die Königin und der Herzog nebenan waren zu laut. Man konnte alles hören, das Quietschen des Bettes, das Stöhnen von George und das entzückte Seufzen der Königin – es ging richtig zur Sache. Ich war drauf und dran, das Zimmer zu verlassen, doch zu meiner Erleichterung waren sie gleich darauf fertig. Kurz danach fingen sie an, miteinander zu reden, und auch das konnte ich erstaunlich gut verstehen. Befremdet stand ich auf und ging an der Wand entlang. Ein paar Schritte vom Kopfteil meines Bettes entfernt war die Unterhaltung besonders deutlich zu hören. Sie sprachen über ein Geschenk, das die Königin für George mitgebracht hatte. Ich fuhr vorsichtig mit den Fingerspitzen über die Wand, bis ich den schmalen Spalt unter der Seidentapete ertastete. Damit war klar, wieso alles so prima zu verstehen war – hier befand sich eine Verbindungstür. Man konnte sie allerdings nicht sehen, denn sie war komplett unter der mit orientalischen Mustern bemalten Tapete verborgen. Sogar den Knauf hatte man abmontiert, weshalb rein optisch nichts auf das Vorhandensein einer Tür hinwies. Da das Zimmer nebenan die ganze Zeit unbenutzt geblieben war, hatte ich bisher nichts davon bemerkt.
»Du kannst mir unmöglich dein Diamantencollier schenken«, hörte ich den Herzog protestieren.
»Bitte nimm es an, Liebster. Es ist ein Unterpfand meiner Liebe und ewigen Treue!«
»Diese Halskette ist viel zu wertvoll. Ich hörte schon davon. Der König hat ein Vermögen dafür ausgegeben. Reinweiße, kostbare Brillanten, Dutzende an der Zahl!«
»Darum gebe ich sie dir ja. Weil dieses Collier das Wertvollste ist, was ich besitze. Und ja, ich bekam es einst von Ludwig, aber für ihn war es nur eine öffentliche Demonstration königlicher Großzügigkeit, kein Zeichen echter Zuneigung. Die ist anderen vorbehalten. Deshalb kann ich es dir aus freiem Herzen und voller Liebe schenken.« Flehend schloss die Königin: »Du darfst es nicht zurückweisen, George!«
Es wurde immer spannender. Ich klebte förmlich mit dem Ohr an der Tapetentür. Das war ja genau wie in dem Roman! Da hatte die Königin ihrem Lover auch Brillanten geschenkt! Und es war nichts Gutes dabei herausgekommen. Der Stress mit dem Kardinal und dem König war danach erst richtig losgegangen. Die Brillanten waren sozusagen der Startschuss für die ganze Krise gewesen!
»Dann nehme ich es an als Zeichen unserer niemals endenden Verbundenheit«, sagte George zärtlich.
Nimm sie besser nicht!, wollte ich durch die Wand rufen. Sie bringen nur Unglück!
Doch natürlich hielt ich die Klappe.
»Ich werde es stets auf dem Herzen tragen«, fuhr George fort.
Klar. Um den Hals konnte er sich die Klunker schlecht hängen, das würde auffallen. Trotzdem würden die Brillanten für gewaltigen Ärger sorgen, jedenfalls dann, wenn es ablief wie in dem Roman: Richelieu würde herausfinden, dass die Königin das Collier nicht mehr besaß, sondern es ihrem Lover geschenkt hatte. Das würde er brühwarm dem König weitererzählen. Und ihn aufstacheln, der Königin zu befehlen, auf dem Maskenball die Brillanten anzulegen. Womit dann der Beweis ihrer Untreue erbracht wäre, denn sie hatte die Kette ja nicht mehr. Und damit sie sich das Collier nicht noch rasch vor dem Ball zurückborgen konnte, würde Richelieu es dem Herzog klauen lassen. Eine geheimnisvolle Frau würde es stehlen. Aber d’Artagnan und seine Freunde würden es gerade noch rechtzeitig wiederbeschaffen.
Hm, das war alles sehr seltsam. Den Ball würde es tatsächlich geben. Doch wer war die geheimnisvolle Frau, und wer d’Artagnan? Und welche Rolle spielte ich bei der ganzen Geschichte? Ich grübelte heftig darüber nach, aber nur bis zu dem
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