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Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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erklärte ich mich für restlos bescheuert. Durch die Tapetentür würde er jeden Laut von nebenan hören, es war völlig ausgeschlossen, dass wir auf mein Zimmer gingen. Doch im nächsten Augenblick hatte ich eine Art Erleuchtung – ich konnte ihn mit nach oben in die Dachkammer nehmen, wo ich in der ersten Nacht geschlafen hatte! Das war schön weit ab vom Schuss. Dort musste ich ihn bloß noch so lange ablenken, bis die Königin und der Herzog das Haus verlassen hatten. Was ja nicht mehr ewig dauern konnte.
    »Gut«, sagte ich tief durchatmend. »Komm mit.« Ich nahm die Laterne, dann ergriff ich seine Hand und zog ihn die Treppe hoch, in der Hoffnung, dass er die blöden Rosenblätter nicht sah, von denen immer noch welche auf den Stufen herumlagen. Oben auf der Galerie blieb er stehen.
    »Warte«, befahl er.
    »Was ist?«, fragte ich erschrocken.
    »Das.« Erneut zog er mich in seine Arme und küsste mich voller Verlangen. Ich kämpfte dagegen an, mein letztes bisschen Zurechnungsfähigkeit zu verlieren, und riss mich gerade genug zusammen, um mich aus seiner Umarmung zu lösen und ihn weiterzuziehen, zu der Treppe, die ins Dachgeschoss führte. Das Zimmer war so, wie ich es hinterlassen hatte – das Bett war bezogen, und alles war ordentlich aufgeräumt. Sogar mein Kleidersack war noch hier, denn Marie hatte mir verboten, weiterhin die schäbigen alten Sachen anzuziehen, wie sie die aus Esperanzas Fundus stammenden Kleidungsstücke und Schuhe genannt hatte.
    Sebastiano ließ meine Hand los und legte den Waffengurt ab, den er über eine Stuhllehne hängte. Dann öffnete er die Verschlüsse von seinem Wams und trat auf mich zu, bis er nur eine Armlänge von mir entfernt stand. Im Licht der kleinen Laterne, die ich mit nach oben genommen hatte, sah er mit dem dunklen Bart gefährlich attraktiv aus. Ich schluckte, denn auf einmal hatte ich das Gefühl, bedrohlich nah an einer Klippe zu stehen. Ein falscher Schritt, und ich würde in bodenlose Tiefen fallen.
    Er legte mir die Hand auf die Wange und streichelte mich sanft. Ich spürte die Wärme seiner Haut, die vertrauten Schwielen an der Innenfläche seiner Finger.
    »Anna«, sagte er leise. »Willst du das wirklich?«
    »Ja«, flüsterte ich. Und tat den einen Schritt, der uns noch trennte, auf ihn zu, direkt in seine Arme. Endlich!, konnte ich nur noch denken, und ab da ging mir jeder Bezug zur Realität vollständig verloren. Er umfing mich fest und küsste mich leidenschaftlich, und ich ließ mich bereitwillig fallen. Aber nicht in bodenlose Tiefen, sondern in ein Universum voller leuchtender Sterne.

    Es war einfach nur wundervoll, fast wie bei unserem allerersten Mal. Streng genommen war es das ja auch, zumindest aus der Sicht von Sebastiano. Und diese Tatsache störte mich ziemlich. Es nagte an mir, dass er mit mir ins Bett gegangen war, obwohl er eine feste Freundin hatte. Er wusste zwar nicht mehr, dass er eine hatte, aber es gab sie. Dass ich die feste Freundin war, änderte auch nichts daran, denn davon ahnte er ja nichts, folglich hätte ich genauso gut jemand ganz anderes sein können. Jedenfalls theoretisch.
    Es dauerte etwas, bis ich merkte, wie verworren und unlogisch meine Gedankengänge waren. Und dass ich im Grunde bloß eifersüchtig auf mich selbst war, was ebenso sinnlos wie dämlich war. Außerdem war ich, obwohl es so schön mit ihm gewesen war, von schmerzlicher Traurigkeit erfüllt. Irgendwie hatte ich gehofft, dass er sich an mich erinnern würde. Dabei. Oder wenigstens hinterher. Aber sein Gedächtnis war nicht zurückgekehrt. Er wusste immer noch nicht, dass wir uns schon lange kannten.
    Ich lag in seinen Armen, und er streichelte versunken mein Haar. Nach einer Weile stand er auf und ging zum Fenster. Die Kammer hatte eine kleine Gaube zur Place Royale hin, von der aus man den Platz gut überblicken konnte. Vor den Fassaden waren Laternen verteilt, damit auch die Spätheimkehrer problemlos zu ihren Häusern fanden. An der besseren Beleuchtung merkte man, dass hier nur reiche Leute wohnten.
    Sebastiano stand reglos am Fenster. Sein nackter Körper sah im Kerzenlicht aus wie die Statue eines römischen Kriegers. Ich konnte mich nicht an ihm sattsehen und bemerkte deshalb erst nach einer Weile seine wachsame Haltung. Er sah aus, als würde er etwas dort unten auf dem Platz beobachten.
    Besorgt stand ich vom Bett auf, wickelte ein Laken um mich und lugte Sebastiano über die Schulter. Erschrocken fuhr ich zusammen, denn da unten ging die

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