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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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sind, die auf diese Weise hier landen?«
    »Wir können Sebastiano danach fragen«, schlug Clarissa vor.
    Die Tür zur Küche öffnete sich, und Jacopo streckte seinen Kopf ins Freie.
    »Besuch für die Damen!«, rief er.
    Clarissa wurde ganz aufgeregt. »Er ist da!«
    Sie rannte ins Haus und ich folgte ihr, so schnell ich konnte.

    Im Verkaufsraum prallte ich gegen sie, denn sie war wie angenagelt stehen geblieben. »Er ist nicht gekommen!«, rief sie anklagend.
    »Nein, leider nicht«, sagte Bartolomeo. Er stand mitten im Raum, argwöhnisch beäugt von Matilda, die sich hinter dem Tresen aufbaute wie ein weiblicher Türsteher. Neben Bart standen zwei Kundinnen, die ihn mit Interesse musterten, was sein Unbehagen sichtlich verstärkte. Er trat von einem Fuß auf den anderen, ihm war anzusehen, dass er lieber woanders gewesen wäre.
    »Du hast es versprochen!«, rief Clarissa.
    Erschrocken sah ich die Tränen in ihren Augen. Sie tat mir leid, doch das war nichts gegen meine eigene Panik.
    »Wo ist er denn?«, fragte ich. »Du hast doch gesagt, er kommt heute her, damit er mich abholen kann!«
    »Das sagte ich nicht«, stellte Bart richtig. »Ich sagte, ich tue mein Bestes, um ihn heute mit hierherzubringen.«
    Offensichtlich war sein Bestes nicht gut genug, denn Sebastiano war nicht erschienen. Dafür hatte Bart sich Mühe mit seinem Äußeren gegeben. Gegenüber letzter Nacht sah er deutlich besser aus. Er trug ein weißes Hemd, darüber eine glatt gebügelte Weste und hautenge Strumpfhosen, die ordentlich was hermachten, weil sie seine strammen Beine betonten. Und er hatte sich rasiert. Bei Licht betrachtet und ohne das flusige Bartgestrüpp sah er richtig gut aus.
    Ich sah, wie er Clarissa aus den Augenwinkeln musterte und mir entging auch nicht die Röte, die dabei in seine Wangen stieg.
    Aha, dachte ich. Er fährt auf sie ab! Und sie weint sich die Augen aus, weil dieser Sebastiano sich nicht blicken lässt!
    Mittlerweile liefen ihr tatsächlich die Tränen übers Gesicht. »Ich hatte so gehofft, dass er diesmal kommt!«, schluchzte sie.
    »Sei nicht traurig«, sagte er bedrückt. »Du hast ja noch mich! Ich kümmere mich um dich, wenn du willst! Du kannst jederzeit mit mir reden!«
    »Kannst du etwa das, was er kann?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Nein«, sagte er. »Aber wenn es dir hilft, darüber zu sprechen, bin ich für dich da.«
    Laut aufweinend schüttelte sie den Kopf und rannte zurück auf den Hof.
    »Immer, wenn Ihr herkommt, gibt es Ärger!«, beschwerte sich Matilda. »Vielleicht ist es besser, Ihr bleibt ganz fort!« Sofort schränkte sie das ein. »Natürlich nur so lange, bis wieder Entgelt für Kost und Logis dieser beiden hungrigen Mäuler fällig wird.«
    Bartolomeo senkte den Kopf und wandte sich zum Gehen.
    »Moment mal«, sagte ich. »Was wird denn jetzt aus mir?«
    »Du wirst wohl auf Sebastiano warten müssen«, sagte er kurz angebunden.
    »Von dem kein Mensch weiß, ob er jemals herkommt, oder was?«
    Er zuckte nur die Achseln und ging zur Tür.
    Das konnte nicht wahr sein! Ich eilte ihm nach, während er schon auf die Gasse hinaustrat. »Warte mal! Was soll ich denn jetzt deiner Meinung nach machen?«
    Matilda hörte es und hatte sofort einen Vorschlag. »Du kannst die Töpfe schrubben.«
    »Gern«, log ich. »Ich gehe nur eben … frisches Wasser holen.«
    Hastig schnappte ich mir den Kübel und lief hinaus, um mich an Barts Fersen zu heften.

    Er eilte davon und blickte dabei stur geradeaus. Letzteres passte mir gut, denn so konnte ich ihm folgen, ohne dass er es bemerkte. Ab und zu, wenn er abbog oder einen größeren Platz überquerte, drückte ich mich vorsichtshalber in Hauseingänge oder unter Torbögen, damit er mich nicht aus den Augenwinkeln wahrnehmen konnte.
    Kritisch wurde es beim Überqueren der Rialtobrücke. Jedenfalls vermutete ich, dass es die Rialtobrücke war, denn an der gewohnten Stelle sah ich den Fondaco dei Tedeschi , in dem zu meiner Zeit die Hauptpost untergebracht war, in diesem Jahrhundert aber das deutsche Handelshaus. Wenigstens das war mir von der Besichtigung noch im Gedächtnis hängen geblieben. Die Brücke allerdings sah völlig anders aus, sie war vollständig aus Holz, woraus ich schloss, dass man irgendwann zwischen jetzt und später eine neue gebaut hatte.
    Auf beiden Seiten des Kanals herrschte ein unbeschreibliches Gedränge. Offensichtlich war Markttag, denn überall waren Stände aufgebaut, an denen alles Mögliche verkauft

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