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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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er auch nicht. Klar, er musste ja auch niemanden beeindrucken. Er hatte dieselben verwaschenen Strumpfhosen an wie am Vortag. Dazu trug er ein weites Hemd und lederne Schnabelschuhe. Sein Haar hing in unordentlichen Locken bis auf die Schultern und mit seinem Dreitagebart sah er gefährlich aus wie bei der Schlägerei mit dem Messerstecher. Ein rascher Blick zu seinem Gürtel zeigte mir, dass er den erbeuteten Dolch noch trug.
    Ich räusperte mich. »Ich bin dir nicht böse, dass du mich in den Kanal geschubst hast«, teilte ich ihm mit. »Dafür hast du mich ja anschließend auch wieder rausgezogen. Damit hast du es quasi ausgebügelt. Sozusagen. Okay, danach hast du mich irgendwie hierherverschleppt, ohne meine Einwilligung, wenn ich das noch erwähnen darf. Aber ich gehe mal davon aus, dass es ein Versehen war. Deshalb nehme ich dir das auch nicht übel. Na ja, ich war nackt und zu Tode erschrocken und du bist einfach abgehauen und hast mich von Bart in diesem Kräuterladen abladen lassen. Aber ich unterstelle mal, du hast es nicht böse gemeint. Deshalb vergesse ich das jetzt einfach. Ich sage mir: Schwamm drüber, Anna. Vorbei ist vorbei. Hauptsache, du bringst mich jetzt zurück und alles ist im Lack.«
    Ich redete und redete, die Worte kamen heraus wie ein Wasserfall, obwohl ein einziger Satz gereicht hätte, auf den Punkt zu bringen, was ich meinte. Doch ich konnte nicht an mich halten. Ich war zu begeistert davon, dass ich alles sagen konnte, was ich wollte, ohne dass es transformiert oder gestoppt wurde. »iPod«, sagte ich. »Handy. PC. Kino. Popcorn. Cola. Gilmore Girls.« Ich kicherte entzückt und konnte gar nicht mehr aufhören. »Lady Gaga. Wonderbra.«
    Dann merkte ich, dass es mit Sebastianos Stimmung nicht zum Besten stand. Genauer gesagt, er schaute reichlich angefressen drein.
    Ich räusperte mich erneut und bemühte mich um einen seriösen Gesichtsausdruck. »Unicef«, sagte ich. »World Wildlife Fund. Greenpeace.«
    Ich schwieg für einige taktvolle Sekunden, dann sprach ich freundlich weiter.
    »Bist du in einer Art Time-Task-Force oder so?«
    Sein missmutiger Ausdruck machte einem breiten Grinsen Platz, was bei mir ein eigenartiges Ziehen in der Magengegend auslöste.
    Plötzlich sah er aus wie Orlando Blum als Will Turner, nur ein paar Jahre jünger.
    »Sicher hast du schrecklich viel zu tun mit dieser ganzen Zeitreiserei«, fuhr ich fort. »Gefährliche Aktionen im Kampf gegen das Böse und so weiter. Was genau machst du da eigentlich so?«
    Sein Grinsen verflog. »Darüber kann ich dir nichts erzählen.«
    »Verstehe«, sagte ich. »Die Sperre.«
    »Was?«
    »Na, diese Blockade. Dass man Leuten, die aus früheren Epochen stammen, nichts verraten kann. So wie bei mir und Clarissa. Dann kommst du also aus meiner Zukunft.« Das fand ich ungeheuer aufregend. Gerne hätte ich ihn ausgefragt, ob irgendwann Apparate erfunden würden, die Vokabeln für einen lernten. Oder eine Schokolade, von der man abnahm und keine Pickel mehr kriegte. Oder ob es die Menschheit schaffte, den Weltfrieden herbeizuführen.
    »Ich schätze mal, Bart ist so was wie dein regionaler Assistent«, sagte ich. »Er hat übrigens ein Auge auf Clarissa geworfen. Das sage ich nur für den Fall, dass du das nicht weißt. Eigentlich wäre es gut, wenn er sich um sie kümmern könnte. Sie führt dort bei dieser Matilda ein schrecklich langweiliges Leben, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie adlig ist. Okay, sie wäre auf der Guillotine gelandet, wenn sie nicht im letzten Augenblick die Zeitreise gemacht hätte …«
    »Was um Himmels willen hat sie dir erzählt?«, unterbrach Sebastiano mich stirnrunzelnd.
    Verunsichert erwiderte ich seinen Blick. »Na ja, alles von dem Moment an, als sie auf diesem Hinrichtungskarren saß, mit dem sie zum Schafott rollte …«
    »Bei Gelegenheit kannst du sie fragen, wie es wirklich war«, meinte er.
    »Soll das heißen, sie hat mich angeschwindelt?«
    Er zuckte die Achseln. »Das musst du mit ihr selbst klären.«
    Ich beschloss, es einfach abzuhaken. Bald war ich sowieso weg.
    Wir hatten den Canal Grande erreicht. Am Fuß der Rialtobrücke blieb ich stehen und spähte die Ufer entlang. »Wo ist denn die rote Gondel?«
    »Sie ist nicht da.«
    »Warten wir hier auf sie?«
    »Sie wird heute nicht kommen.«
    Ich starrte ihn an. »Was? Wann kommt sie denn?«
    »Erst zum nächsten Mondwechsel. Also in zwei Wochen, dann ist Neumond.«
    »Heißt das, ich muss noch zwei Wochen hierbleiben?«,

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