Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
der verwinkelten, schmalen Gasse vor mir sah, kamen fast heimelige Gefühle bei mir auf. Plötzlich freute ich mich, Clarissa wiederzusehen und bei der Gelegenheit auch Matilda und den alten Jacopo begrüßen zu können. Ich hätte sogar eine Portion Hirsebrei nicht verschmäht, nur um mit ihnen an einem Tisch sitzen zu können.
    Im Ladenraum stand Matilda wie üblich in gebieterischer Pose hinter der Verkaufstheke. Sie ließ ein Säckchen mit Kräutern fallen, als sie mich sah. Ihr Mund klappte vor Überraschung auf, doch die Sprache verschlug es ihr nicht. »Da ist wohl eine feine Dame aus uns geworden, was?«, rief sie.
    Zwei Kundinnen, die im Laden standen, musterten mich neugierig. Ich hatte sie öfters beim Wasserholen getroffen, daher war auch ihnen nicht entgangen, dass ich deutlich besser angezogen war als in den letzten Wochen.
    »Wenn du hier angekrochen kommst, weil du deine Stellung als Aushilfe wiederhaben willst, so lass dir eines sagen: Nur ein Mensch voller Weisheit und Güte würde es in Betracht ziehen, überhaupt darüber nachzudenken.«
    »Also, eigentlich wollte ich …«
    »Und da ich so ein Mensch bin, könnte ich mich dazu durchringen, vielleicht noch einmal Gnade vor Recht ergehen zu lassen und dich wieder aufzunehmen. Unter der Voraussetzung, dass du dein unentschuldigtes Verschwinden ernsthaft bereust.« Sie deutete auf den Reisigbesen in der Ecke. »Es muss dringend ausgefegt werden, du kannst gleich anfangen.«
    Aus der Küche roch es verbrannt und man hörte ein Scheppern, als etwas zu Boden fiel. Im nächsten Augenblick kam Clarissa in den Ladenraum gestürzt, mit fleckiger Schürze, erhitzten Wangen und aufgelösten Haaren.
    »Anna!«, schrie sie. Ohne auf die anwesenden Frauen zu achten, fiel sie mir um den Hals und drückte mich an sich. Ich erwiderte ihre Umarmung von Herzen und merkte, wie sehr ich sie vermisst hatte, obwohl ich erst vor zwei Tagen von hier verschwunden war.
    »Du bist wieder da!«, murmelte sie in meine Haare.
    »Eigentlich war ich gar nicht richtig weg«, sagte ich leise.
    Sie schob mich mit beiden Händen ein Stück zurück und schaute mir ins Gesicht. Dann zog sie mich zur Küchentür. »Komm, wir gehen nach hinten, da können wir reden.«
    »Hier muss ausgefegt werden!«, schrie Matilda uns hinterher, doch es klang nicht allzu grimmig.
    In der Küche saß Jacopo am Tisch und schnitzte an einer neuen Heiligenfigur. Als er mich sah, grinste er von einem Ohr bis zum anderen. »Na so was, die kleine Sonne! Welch Glanz in unserer Hütte!«
    Ich bewunderte die Schnitzerei, eine Statue der heiligen Margareta, während Clarissa einen qualmenden Topf vom Feuer nahm und auf die Anrichte stellte. »Es ist sowieso verbrannt«, sagte sie.
    »Was sollte es denn werden?«
    »Ein Gericht, das wir noch nie ausprobiert hatten«, sagte sie lakonisch, bevor sie die Hintertür aufstieß. »Fisch in Kräuterkruste. Ich beging den Fehler anzunehmen, wir könnten einmal etwas anderes kochen als Pasta oder Griesbrei oder klumpigen Gemüseeintopf.«
    Ich erinnerte mich an die köstlichen Mahlzeiten, die ich bei Marietta und im Kloster genossen hatte, und bekam prompt ein schlechtes Gewissen.
    »Weißt du, Kochen kann man nicht von allein, man muss es lernen.« Damit gab ich eine Binsenweisheit zum Besten, die ich von meiner Oma kannte. »Und wenn man niemanden hat, der es einem zeigt, lernt man es eben nicht.«
    Clarissa seufzte. »Wie recht du hast. Matilda versteht viel von Kräuterkunde, aber am Herd taugt sie nichts. Folglich gilt dasselbe für mich. Ab und zu versuche ich es, aber es kommt nichts Gescheites dabei heraus. Ich bin wahrhaftig kein Feinschmecker, das musste ich mir in den letzten fünf Jahren abgewöhnen. Aber ab und zu erinnert man sich doch an eine edlere Küche.«
    Besorgt musterte ich ihre schmale Gestalt. Es kam mir fast so vor, als hätte sie in den paar Tagen, seit ich fort war, an Gewicht verloren. Und das, obwohl sie so gut wie nichts zuzusetzen hatte. Seit meinem Verschwinden hatte sie wieder für zwei arbeiten müssen, vielleicht lag es daran.
    Höchste Zeit, dass sie einmal Gelegenheit bekam, sich richtig zu amüsieren. Und auf der Party bei diesem Trevisan Delikatessen zu futtern, so viel sie wollte. Dorotea hatte mir schon davon vorgeschwärmt, was reiche Patrizier alles bei ihren Feiern auftischten. Wenn nur die Hälfte davon stimmte, brauchten die Gäste Stunden allein dafür, sich das ganze Essen anzusehen.
    Wir setzten uns auf zwei leere Fässer

Weitere Kostenlose Bücher