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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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und hielten unsere Gesichter in die Sonne. Die Stille des Nachmittags erfüllte den Innenhof, nichts war zu hören außer dem Brummen der Fliegen, die wie immer bei schönem Wetter den Abtritt umschwirrten. Es roch nach Kloake, aber das war erträglich, denn frischer Kräuterduft aus der Offizin überlagerte die unangenehmen Dünste.
    Clarissa brach schließlich das Schweigen. »Was ging bei deiner Rückkehr schief?«
    »Wir sind in die rote Gondel gestiegen, Sebastiano und ich. Dieser alte Ruderer, José, war auch dabei. Dann kamen das Licht und der Knall, genau wie bei der ersten Reise, und gleich darauf wurde ich ohnmächtig, ebenfalls wie beim ersten Mal. Aber es klappte nicht. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in derselben Gasse wie beim letzten Mondwechsel und Sebastiano saß neben mir.«
    »Wohin hat er dich danach gebracht?«
    Ich merkte, wie ich rot wurde. »In ein Kurtisanenhaus.« Eilig setzte ich hinzu: »Es war nur für eine Nacht, alles war ganz seriös, ich hatte ein Zimmer für mich allein.«
    »War es das Haus von Marietta?«
    Ich nickte erstaunt. »Du kennst sie?«
    »Wir sind uns schon begegnet.« Es klang, als wollte sie nicht darüber reden. »Wie ging es weiter?«
    »Sebastiano brachte mich gestern ins Kloster San Zaccaria.«
    »San Zaccaria!« Clarissa lachte ungläubig. »Nur das Allerbeste für dich, wie?«
    »Es tut mir leid, wenn du …«
    »Ach, schon gut«, fiel sie mir resigniert ins Wort. »Ich bin nur neidisch, das ist alles.«
    Ich betrachtete sie aufmerksam. »Clarissa, magst du mir nicht endlich erzählen, was wirklich mit dir los ist?«
    Sie verspannte sich. »Worauf willst du hinaus?«
    »Du verheimlichst mir doch etwas!«
    »Ich wüsste nicht, was.«
    »Ich schon. Was meintest du zum Beispiel mit: Habe ich nicht genug gebüßt ? Genug wofür?«
    Sie presste die Lippen zusammen, dann stiegen unvermittelt Tränen in ihre Augen und sie ließ den Kopf hängen. »Wenn du die ganze Wahrheit hörst, wirst du mich hassen!«
    »Bestimmt nicht! Versuch es doch einfach und erzähl mir alles!«
    Sie schüttelte bockig den Kopf und blickte zu Boden.
    »Clarissa, es tut dir sicher gut, darüber zu sprechen! Es hilft, wenn man sich belastende Dinge vom Herzen reden kann!«
    Sie seufzte. »Na gut. Du wirst ja doch keine Ruhe geben, bis du es erfahren hast. Ich habe einen schweren Fehler begangen, für den ich jetzt zahlen muss, indem ich hier festsitze und mich abschufte wie die niedrigste Dienstmagd. Aus dieser Verbannung wegzulaufen wäre zwecklos, denn dann würden sie mich nie mehr in meine Zeit zurücklassen.«
    Ich erschrak über ihre düsteren Worte, kapierte aber so gut wie nichts. Es klang alles überaus rätselhaft, doch ich war entschlossen, Licht ins Dunkel zu bringen.
    »Wen meinst du mit sie ?«
    »Na, die Alten.«
    »Welche Alten?«
    »Diejenigen, die alles kontrollieren und die Befehle geben.«
    »Wer sind diese Alten?« Ich hielt inne und dachte scharf nach. »Warte. Heißen sie zufällig Monna Esperanza und José Sowieso?«
    »José Marinero de la Embarcación, der Gondoliere. Ja, das sind zwei von den Alten. Ihr Wort ist Gesetz, ihre Befehle sind zu befolgen, sonst sind die Strafen fürchterlich.«
    Ich dachte an die Maske, die in meiner Rocktasche steckte. Nimm das und geh zu der Feier.
    »Gibt es noch mehr Alte?«, erkundigte ich mich.
    Sie zuckte nur die Achseln, als wüsste sie das selbst nicht so recht.
    »Gegen welche Befehle hast du denn verstoßen?«, wollte ich wissen.
    »Ach, eigentlich war es nur ein dummes Versäumnis.« Abermals seufzte sie, so tief, als hätte sie die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern zu tragen. »Dazu muss ich etwas ausholen. Als ich damals in diese Zeit kam, sollte ich zunächst genau wie du beim ersten Mondwechsel zurückkehren. Das klappte nicht, wiederum genau wie bei dir. Dann stellte sich heraus, dass ich eine Aufgabe zu erfüllen hatte.«
    »Eine Aufgabe?«, echote ich alarmiert.
    Sie nickte. »Damals erklärte man mir, es sei mir vorherbestimmt, ein Ereignis zu verhindern, das schlimmen Einfluss auf die Zukunft hätte.«
    Das kam mir sehr bekannt vor.
    » Man erklärte es dir? Wer denn?«
    »Der Mann, der mich damals aus dem Kanal fischte und in die rote Gondel zog.«
    »Kenne ich ihn?«
    »Nein, der ist schon lange fort.«
    »Hattest du vielleicht eine Maske dabei, als du damals ins Wasser gefallen bist?«, fragte ich aufgeregt.
    Clarissa zog die Stirn kraus und dachte nach. »Jetzt, wo du mich fragst … Stimmt. Ich hatte sie

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