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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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ich noch nie zuvor gesehen hatte. Allerdings sah er Alvise und Giovanni so ähnlich, dass es sich nur um den Vater der beiden handeln konnte. Vor allem Alvise war er wie aus dem Gesicht geschnitten, mit denselben kantigen, leicht groben Zügen und den vorspringenden schwarzen Brauen. Sogar der tückische Blick war gleich. Allerdings war er weniger auffällig gekleidet. Von Kopf bis Fuß trug er schlichtes Schwarz. Nur die breite Wappenkette auf seiner Brust blitzte in edlem Silber.
    Das also war der besagte Zehnerrat, der nach höheren Ämtern strebte, und seine Söhne, vor allem Alvise, sollten dabei helfen, sie ihm zu verschaffen. Indem sie unseren heutigen Gastgeber aus dem Weg räumten, jenen Messèr Trevisan, der sicher auch bald hier auftauchen würde.
    »Alvise, da bist du ja!« Dorotea eilte auf Alvise zu und blieb mit erwartungsfrohem Lächeln vor ihm stehen. Aufmerksam beäugte sie zuerst ihn, dann seinen Vater. »Willst du mich nicht vorstellen?«
    »Gewiss. Vater, das ist Monna Dorotea, eine reizende Witwe, die derzeit im Kloster San Zaccaria weilt. Dorotea, mein Vater, Pietro Malipiero. Meinen Bruder Giovanni kennst du ja schon.«
    Na klar, dachte ich. Der war ja mit auf der Party im Kloster gewesen. Argwöhnisch musterte ich die Männer, während Dorotea ihre Maske abnahm und munter anfing zu plauschen, zuerst über ihr schönes Kleid, dann über die schöne Wappenkette von Messèr Malipiero und zuletzt über den schönen Palazzo unseres Gastgebers Trevisan.
    »In Neapel habe ich auch ein sehr schönes Haus«, sagte sie. »Und vor allem Personal.«
    Ich schrak zusammen, als sie sich unvermittelt zu mir und Clarissa umdrehte. »Hier in Venedig habe ich nur diese beiden Zofen.« Sie lächelte uns huldvoll an. Ich blieb stehen wie festgetackert, während Clarissa neben mir ärgerlich schnaubte.
    »Hübsche Zofen«, sagte Alvise. Er heftete seine Blicke auf mich und Clarissa. Ich war froh, dass ich maskiert war. In seinen Augen war ein Glimmen, das mir nicht gefiel.
    »Warum waren sie bei unserer kleinen Feier nicht in deiner Kammer?«, fragte er.
    »Oh, aber das waren sie doch. Zumindest Anna, sie war hinter der Spanischen Wand. Das ist das Mädchen mit der Katzenmaske.«
    Alvises Augen verengten sich, während er mich anstarrte. »Interessant«, sagte er.
    Sein Bruder Giovanni zog ihn am Ärmel. »Komm, wir halten nach Trevisan Ausschau.«
    »Du hast recht. Lass uns Trevisan suchen und ihn begrüßen.«
    In meinen Ohren klang es so, als würde er mit begrüßen eigentlich ermorden meinen. Und tatsächlich, das Jucken in meinem Nacken verschlimmerte sich, vor allem, als Alvise so dicht an mir vorbeiging, dass die Spitze seiner Schwertscheide mein Kleid streifte. Er blickte über die Schulter zu mir zurück und lächelte wie ein Hai vorm Zubeißen.
    Clarissa berührte mich am Arm. »Ich geh mal den Abtritt suchen«, sagte sie.
    Ich nickte nur geistesabwesend und bekam kaum mit, wie sie durch den Portikus verschwand.
    Während Alvise und Giovanni sich quer durch den Saal entfernten, hörte ich mit halbem Ohr der Unterhaltung zwischen Dorotea und Messèr Malipiero zu.
    »Ihr seht sehr jung aus für einen Zehnerrat«, sagte Dorotea.
    »Ich bin fast fünfzig.«
    »Na, dann seid Ihr ja noch sehr jung!«, behauptete Dorotea. Es schien sie nicht im Geringsten zu stören, dass er alt genug war, um ihr Vater zu sein. Aber mit alten Männern, vor allem reichen, hatte sie ja Erfahrung.
    »Ich kam mit meinem Gatten nach Venedig, vor sechs Monaten«, berichtete sie ungefragt. »Er wollte hier Geschäfte im Wollhandel tätigen. Leider starb er bald nach unserer Ankunft. Seither logiere ich im Kloster und warte auf die Ankunft von Verwandten, die mich nach Neapel zurückbringen wollen. Zu meinen Besitztümern. Wobei ich nicht sicher bin, ob es mich überhaupt wieder dorthin zieht. Venedig hat so viel zu bieten!« Von unten herauf warf sie Malipiero einen spekulativen Blick zu. Es war nicht zu übersehen, dass er Eindruck auf sie machte.
    Unterdessen verließen Alvise und Giovanni durch eine der seitlichen Türen den Saal. Ich beschloss, ihnen zu folgen. Besser, ich behielt sie im Auge. Einer musste sich ja darum kümmern, dass sie ihre Mordpläne nicht in die Tat umsetzten.
    Der Raum, in den sie gegangen waren, wimmelte von Menschen, was vermutlich daran lag, dass sich hier die Futterquelle befand. Das Gemach war eine Art Mittelding zwischen Schlaf- und Esszimmer. Die eine Seite des Raums wurde von einem gewaltigen

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