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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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zu suchen, würde sich gar nicht erst ergeben. Und wenn ich nur ein bißchen Glück hatte, dann würde es für mich keine Schichten mehr geben, dann würde ich ganz oben arbeiten.
    Oder vielleicht auch nicht? Der Auftrag sah so einfach aus. Jeder hätte ihn ausführen können. Natürlich nicht jeder Beobachter, weil sie an die Oberfläche nicht gewöhnt waren. Warum aber ich? War es wirklich möglich, daß ich noch eine Chance bekam? Was es auch immer war, schon bald würde ich es herausfinden.
    Ich ließ mich noch mal mit dem Archiv verbinden und sagte: „Und?“
    Der Mann gab keine Antwort. Er starrte mich nur an, als hätte er mich noch nie gesehen, und ich wußte, daß es das nicht sein konnte.
    „Wer?“ fragte ich. „Wer ist sie? Wo ist sie?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte er. „Ich habe über sie keine Akte.“
    Jetzt war ich an der Reihe, nichts zu sagen.
    „Sie sollten vielleicht herkommen und erklären, was Sie wissen. Ich verstehe das nicht.“
    Ich nickte. „Das sollte ich vielleicht tun.“ Und in diesem Augenblick erhoben sich bei mir die ersten Zweifel.
     
     
    Sir Guy von Angel, Erster Ritter Seiner Königlichen Majestät, Attilas XXI, König des Saarlands, hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem gut bewaffneten und stolz gerüsteten jungen Ritter, der vor zwei Tagen mit dem Rest der Kavallerie so aufrecht zum Schlachtfeld geritten war. Seinen Schild hatte er weggeworfen, als er auseinanderfiel. Sein selbstgemachter Kettenpanzer und das bißchen Geld, das Baron Munchbold ihm gelassen hatte, mußten geopfert werden, um am Tag vorher für eine Mahlzeit und einen Schlafplatz zu bezahlen – und schon da hatte er mit Gilbert im Stall schlafen müssen. Am nächsten Morgen mußte er bei einem Hufschmied seinen Helm gegen ein Hufeisen für Gilbert eintauschen, aber das war der Verlust seines Bruders, nicht sein eigener.
    Trotzdem aber bekam er bei dem Geschäft noch etwas hinzu.
    „Ihr wart doch bei der Schlacht dabei, oder?“ fragte der Hufschmied zwischen wuchtigen Hammerschlägen auf den Amboß.
    Guy nickte und fragte sich, worauf der Mann hinauswollte. Er war so weit ohne Schwierigkeiten nach Lothringen vorgestoßen. Niemand hatte Verdacht geschöpft, daß er nicht zu den Männern mit dem roten Drachen gehörte – und wenn doch, dann war es ihnen gleich.
    „Ich habe nicht viele zurückkommen sehen“, war der Kommentar des Mannes.
    „Aber“, sagte Guy langsam, „ein paar habt Ihr doch gesehen?“
    Der Mann zögerte. „Neulich, am Morgen – gestern war das. Nur zwei.“ Er lachte unflätig. „Eine davon war eine Frau. Die hättet Ihr sehen sollen.“
    „Hatte sie rotes Haar?“
    „Kennt Ihr sie?“
    „Ich glaube schon.“
    „Sie sind hier durchgeritten, als wäre ein Haufen Dämonen hinter ihnen her.“
    Guy mußte zugeben, daß dies von der Wahrheit nicht weit entfernt war, behielt aber seine Überlegung für sich. „In welche Richtung sind sie denn geritten?“
    „Nach Verdun, wohin sonst?“
    „Wohin sonst“, pflichtete der Saarländer bei und fragte sich, wo das wohl sein mochte. Wahrscheinlich lag Verdun in der Richtung, die er selbst auch eingeschlagen hatte; wenn durch dieses Dorf zwei Reiter gekommen waren, dann mußte die Hauptstadt Lothringens wohl auch in dieser Richtung liegen.
    Er kletterte in den Sattel – wie lange würde es wohl dauern, bis er den ebenfalls eintauschen mußte? – und freute sich, daß er die richtige Straße gefunden hatte. Nach dem, was er von der Geschichte gehört hatte, mußte das Mädchen ein paar Tage vor der Schlacht aus Blancz entführt worden sein. Was hatte sie in der Zwischenzeit gemacht? Es fiel ihm ein, was der Bürgermeister des Dorfs ihm erzählt hatte, und da glaubte er, auf der richtigen Fährte zu sein.
    Hatte der Hufschmied sie wirklich gesehen? Sie konnte nicht die einzige Frau mit roten Haaren sein. Und – angenommen, sie war es tatsächlich – wer war der Reiter, der sie begleitete? Sie waren in Richtung Verdun geritten. Was wollten sie dort? Und – der Gedanke kam ihm plötzlich – was war, wenn sie nicht mit ihm zurückkommen wollte…?
    Erst einmal mußte er sie finden, aber es wurde ihm klar, daß dieser Auftrag weit mehr Schwierigkeiten mit sich brachte, als er ursprünglich angenommen hatte.
     
     
    „Wo hast du denn das Mädchen her?“ fragte Raul. „Deine Beute aus der Schlacht, was?“
    „Mädchen?“ sagte Perier gedankenabwesend. „Ach so. Ja.“
    „Ja was?“
    Perier nahm das Stichwort auf. „Was“,

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