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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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Tier, auf dem er ritt, an, stieg da­von her­ab und ging zu dem hell­grau­en Ap­fel­schim­mel hin. Gil­bert war groß und häß­lich, und Sir Guy hat­te schon oft Be­mer­kun­gen über­hört, in de­nen die Mei­nung ge­äu­ßert wur­de, daß man das Pferd bes­ser da­zu ver­wen­den kön­ne, einen Wa­gen zu zie­hen. Der Rit­ter aber küm­mer­te sich nie dar­um. Schließ­lich war Gil­bert… na eben Gil­bert. Das wa­cke­re Roß schi­en un­ver­letzt und ruh­te sich wahr­schein­lich nur aus, be­vor es sich wei­ter auf den Weg zu dem Gut der von An­gels mach­te.
    Das Pferd küm­mer­te sich kaum um ihn, als er die Sat­tel­gur­te an­zog und die Zü­gel über­prüf­te. Es er­hob sich wi­der­wil­lig, als Guy dar­an zerr­te. Der Rit­ter band sei­nen Helm seit­lich an den Sat­tel und sah sich sei­nen Schild an. Wo Gil­bert dar­über ge­le­gen hat­te, war er ver­bo­gen, und Guy über­leg­te sich, ob er ihn zu­rück­las­sen soll­te. Kein Rit­ter soll­te oh­ne Schild un­ter­wegs sein – oder oh­ne Lan­ze, und die hat­te er schon lie­gen­las­sen. Wenn er aber nach Loth­rin­gen ritt , wür­de ihn das Wap­pen mit der blau­en Schlan­ge si­cher­lich ver­ra­ten. Aber er konn­te es viel­leicht spä­ter über­ma­len. Er zog den Schild her­ab und band ihn mit der Rück­sei­te nach vorn wie­der fest. Er über­leg­te sich, ob er das an­de­re Pferd mit­neh­men soll­te, da­mit die Frau dar­auf wie­der zu­rück­rei­ten konn te; aber bis er die­se Über­le­gung ab­schloß, hat­te sich sein vor­he­ri­ges Reit­tier schon an­ders ent­schlos­sen und war da­von­ga­lop­piert. Guy klet­ter­te in den Sat­tel und lenk­te Gil­bert auf die Stra­ße.
    Er dach­te über die Ver­wand­ten von Ba­ron Munch­bold nach, die die wah­ren Be­sit­zer von Gil­bert wa­ren. Au­ßer ihm wuß­te das nie­mand; nie­mand, der noch am Le­ben war. Dann war da noch sein Bru­der, der sei­nen Brust­pan­zer und sei­nen Helm zu­rück­ha­ben woll­te, und sein Va­ter, des­sen Ket­ten­pan­zer er trug. Sie wür­den war­ten müs­sen. Er war für den Kö­nig un­ter­wegs. Wuß­ten sie das aber? Wür­den sie nicht an­neh­men, daß er wie al­le an­de­ren ge­fal­len war? Sir Guy war sich ziem­lich si­cher, daß At­ti­la es ent­we­der ver­ges­sen wür­de, sei­ne Fa­mi­lie da­von zu un­ter­rich­ten, wo­mit er be­schäf­tigt war, oder sich ein­fach nicht dar­um küm­mern wür­de. Trotz­dem mach­te sich Guy dar­über kei­ne Ge­dan­ken. Warum soll­te er auch? Er war am Le­ben. Er hat­te sein Pferd, sein Schwert. Was brauch­te er mehr? Au­ßer­dem war er mit ei­nem Auf­trag in frem­dem Land un­ter­wegs, in dem die Leu­te merk­wür­dig, die Aben­teu­er vor ihm zahl­los und die Ge­fah­ren, die auf ihn war­te­ten, un­be­kannt wa­ren. Noch ein­mal über­leg­te er sich, ob er um­keh­ren soll­te.
    Vie­le An­halts­punk­te hat­te er nicht. Ei­ne jun­ge Frau, de­ren Na­men er nicht kann­te. Mit lan­gem ro­tem Haar und… Din­gern. Nein, das war wirk­lich nicht viel.
     
     
    Auch Na­po­le­on XV. freu­te sich, als er von dem ein­zi­gen Über­le­ben­den auf Loth­rin­ger­sei­te hör­te, der Zau­be­rer sei­nes Va­ters sei ge­tö­tet wor­den. Sei­ner Mei­nung nach war der Ein­fluß die­ses Man­nes zu groß ge­we­sen, grö­ßer als der von al­len an­de­ren Höf­lin­gen und Be­ra­tern zu­sam­men. Der neue Kö­nig war froh, daß er ihn los war; ihm wur­de da­mit die Mü­he er­spart, An­ders um­brin­gen las­sen zu müs­sen.
    Sein ers­tes Pro­blem war die Fra­ge, was er mit dem Haupt­mann an­fan­gen soll­te, der dem Ge­met­zel ent­kom­men war. Es schi­en of­fen­sicht­lich, daß Mar­cel Pe­ri­er, so hieß der Mann, weg­ge­lau­fen war – denn wenn er das nicht ge­tan hät­te, dann wä­re er tot. Und doch war er es ge­we­sen, der die Nach­richt vom Tod sei­nes Va­ters über­bracht hat­te. Soll­te er ihn wie einen Hel­den oder wie einen Ver­rä­ter be­han­deln?
    „Ist das al­les?“
    „Ja, Eu­er Ma­je­stät“, sag­te der Mann mit der ver­staub­ten rot-wei­ßen Uni­form, der mit ge­beug­tem Haupt vor dem Po­dest knie­te, auf dem Na­po­le­ons ge­schmück­ter Thron stand. Na­po­le­on saß dar­auf.
    Der Kö­nig mus­ter­te die Men­schen in dem Raum, oh­ne

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