Zeitfinsternis
eine Eingangstür hatte das Haus. Guy stieß sie auf und sah hinein. Zunächst konnte er nur Staub und Trümmer erkennen, aber gerade, als er wieder hinausgehen wollte und die Tür quietschend schloß, hörte er die Stimme.
„Weddaaa!“ rief die Stimme, oder zumindest hörte es sich für den Ritter so an.
Er zog sein Schwert aus der Scheide und ging auf die Quelle des Geräuschs zu. Er sah die Treppen, kam aber zu der Entscheidung, daß niemand, der seine fünf Sinne beisammen hatte, ihnen trauen würde. Er ging statt dessen in das Hinterzimmer.
Der Mann, der dort auf dem Bett lag, war alt, blind, und er stank.
„Wer seid Ihr?“ fragte Sir Guy. Der Mann gab darauf zur Antwort:
„Wer seid Ihr?“
„Sir Guy von Angel, Erster Ritter Seiner Königlichen Majestät, Attila XXI. König des Saarlands“, war die Antwort von Sir Guy von Angel, Erstem Ritter Seiner Königlichen Majestät, Attila XXI. König des Saarlands.
„Aha“, antwortete der alte Mann gänzlich unbeeindruckt. Er sah ohne zu blinzeln zu der feuchten und verdreckten Decke hoch. „Ich bin der Bürgermeister von Blancz. Wer hat gewonnen?“
„Wie?“ fragte Sir Guy. „Ach so…wir. Saarland.“
Der Mann nickte. „Was wollt Ihr? Warum seid Ihr hier?“
„Auf Befehl Seiner Königlichen Majestät, Attilas XXI. König des Saarlands. Ich bin gekommen, um die Frau zu finden, die von diesem finsteren Schurken, Napoleon XIV. aus diesem Dorf entführt worden ist. Ihr müßt mir alles sagen, was Ihr von ihr wißt.“
Der Bürgermeister starrte noch immer nach oben und sagte: „Frau? Welche Frau?“
„Die junge Frau“, sagte Guy und schob endlich sein Schwert wieder in die Scheide, „um die es in der Schlacht ging. Die Frau, die die Lothringer entführt haben.“ Er machte eine kurze Pause. „Da war doch eine Frau?“
„Ach, die Frau. Elendes Flittchen. Meine Tochter hat mir alles über sie erzählt. Wo ist meine Tochter denn? Immer noch am Schlachtfeld?“
Guy gab ein unverbindliches Geräusch von sich; der Bürgermeister hielt es für Zustimmung und sprach weiter:
„Sie hat hier nur ganz kurz gewohnt. Ich habe keine Ahnung, wo sie her ist, und nach allem, was ich gehört habe, ist sie nicht mit Gewalt entführt worden. Sie ist mit einem Haufen Fußsoldaten aus Lothringen weggegangen. Kleine Hure.“
„Wißt Ihr sonst noch etwas von ihr?“
„Mal überlegen.“ Der Mann leckte sich die Lippen. „Brandrotes Haar bis zur Hüfte. Brüste bis hierhin.“ Er krümmte seine dünnen Hände und hielt sie so weit von sich weg, wie er reichen konnte, und der jüngere Mann fragte sich, ob er tatsächlich so blind war, wie er vorgab. „Das hat mir meine Tochter erzählt, versteht Ihr“, fügte der Bürgermeister noch hinzu.
„Ihren Namen wißt Ihr nicht mehr?“
„Nein.“
„Sonst noch etwas?“
„Nein.“
„Vielen Dank.“ Guy zog sich zur Tür zurück.
„Meine Tochter weiß vielleicht ihren Namen“, rief ihm der Bürgermeister nach. „Sie kommt bald zurück. Fragt sie.“
Der Ritter schloß die Haustür hinter sich und ging zu seinem Pferd zurück. Er strich über die kurzen Stoppeln auf seinem pickligen Kinn, band das Pferd los und stieg in den Sattel. Es sah so aus, als würde er nach Lothringen reiten müssen. Selbst wenn Napoleons Armee nicht vernichtet worden wäre, hätte ihn nichts davon abgehalten. Es gab keine bewachte Grenze, aber der Ritter hielt trotzdem nicht viel von dem Unternehmen. Es schien jedoch keine Möglichkeit zu geben, darum herumzukommen, und er versicherte sich schnell selbst, daß er das auch gar nicht vorhatte. Der König hatte ihm einen Befehl gegeben, und den mußte er ausführen – den wollte er ausführen.
Er ritt auf die Grenze zu, die keine Grenze war. Es dauerte nicht lange, bis er Gilbert, sein Pferd, sah, das am Straßenrand im Schatten einer Kastanie lag. Er hielt das
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