Zeitfinsternis
seinen Kopf zu bewegen – die Handvoll Wachtposten, den neuen Hofarzt, Bischof Lamarck, Pierre, Hauptmann Perier, die Frau –, während er versuchte, eine Entscheidung zu treffen. Es war nicht leicht, Herrscher zu sein. Seine Augen verharrten bei der Frau. Er wußte nicht, wer sie war. War sie mit dem Hauptmann hereingekommen? Er hielt das für wahrscheinlich. Aber warum hatte man ihr erlaubt hereinzukommen…Was wollte sie…Warum starrte sie ihn so an? Er fuhr sich nervös mit der Zunge über seine trockenen Lippen. Mit Frauen hatte er nie viel zu tun gehabt; seine Mutter hatte man in ein Kloster verfrachtet, sobald es so schien, als würde der Erbe, den sie produziert hatte, am Leben bleiben. Dann war da natürlich ein altes Kindermädchen gewesen, hinzu kamen die Dienst- und Putzmägde, ganz zu schweigen von den Gespielinnen seines Vaters. Er hatte immer nur Pierre zum Spielen gehabt, und er wußte, daß er reif für Besseres war.
Er winkte lässig mit seinem linken Arm. „Bringt ihn weg“, sagte er zu den Wachen.
Sie folgten seinem Befehl. Das hieß, daß Hauptmann Perier jetzt ihr Problem war. Vielleicht würden sie ihn in ein tiefes Verlies im Keller werfen, oder vielleicht würden sie ihn auch nur auf die Straße stoßen.
Der König sah sich um. „Laßt uns allein“, befahl er allen, die noch übrig waren; es war offensichtlich, wer mit dem ,uns’ gemeint war.
Er sah die Frau an, und die Frau sah ihn an.
„Die Beobachter, die Fells Tod gemeldet haben, müssen doch wissen, wer ihn umgebracht hat.“
„Sie haben Attilas Hofnarren im Verdacht, der einer von den wenigen war, die dem Massaker der Schlacht entkommen sind.“
Erster und M ASCHINE .
„Was soll ich jetzt machen? Was habe ich gemacht?“
„Nichts.“
„Nichts? Warum?“
„Wenn er beobachtet wird, verrät er sich vielleicht. Es scheint, daß er mit dem Massenmord etwas zu tun hat.“
„Und was dann?“
„Ich verfüge noch nicht über diese Information.“
„Hmmmm.“
M ASCHINE und Erster.
Er war in einer üblen Stimmung. Die Frau war weg. Er dachte von ihr noch immer als Frau, obwohl er wußte, daß sie nur ein paar Jahre älter als er war. Vielleicht hatte es damit zu tun, daß er von sich selbst nicht als Mann dachte, überlegte er. Aber er war König, oder etwa nicht? Und bei ihr hatte er sich auf jeden Fall wie ein Mann benommen. Aber warum war sie von ihm weggegangen? Wohin war sie gegangen?
… und was kümmerte es ihn schon? Napoleon XV. konnte jede Frau haben, die er wollte. Er brauchte sie nicht. Er konnte jede haben. Jede…
Aber das war nicht dasselbe gewesen. Er wußte, daß jene, die nachher gekommen waren, ihn ausgelacht und verspottet hatten. Sie hatten ihn wie ein zwar anmaßendes, aber unfähiges Kind behandelt. Und doch war er ihr König, und sie hatten zu machen, was er ihnen sagte. Aber es war nicht dasselbe gewesen.
Um seine Probleme noch zu vergrößern, gab es da den neuen Zauberer.
So war es geschehen:
Der König saß auf seinem Thron, wie Könige das so zu tun pflegen, während eine Ansammlung von Herumstehenden und Bittstellern darauf warteten, daß er ihnen seine Aufmerksamkeit widmete.
Da es aber der Tag nach der ersten Nacht war, in der die Frau nicht in seinem Bett geschlafen hatte, war er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Napoleon spielte seine Rolle gut, und seine Wachen schafften regelmäßig jeden weg, der versuchte, den König ohne Erlaubnis anzusprechen. Das Gleiche versuchten sie auch mit dem Neuankömmling.
Später sagte man, der Mann sei plötzlich aus dem Nichts vor dem Thron erschienen, obwohl es wahrscheinlicher sein dürfte, daß er durch den Eingang zum Audienzsaal hereingekommen war und sich durch die Lothringer hindurchgedrängt hatte, die dort versammelt waren.
„Euer
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