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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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Ich ha­be sie hier bei mir. Was soll ich mit ihr an­fan­gen?“
    „Brin­gen Sie sie zu mir. Ist sie frei­wil­lig mit­ge­kom­men?“
    „Ja.“
    „Dann fol­gen Sie die­sen An­wei­sun­gen…“
    Ich folg­te ih­nen, fuhr mit dem Trans­port­sys­tem nach Sü­den, wech­sel­te Tun­nels, lief ein Stück, dann ei­ne wei­te­re Fahrt im Wa­gen nach Sü­den, wei­ter zu Fuß. An der Kreu­zung, die mir ge­nannt wor­den war, gab ich dem Mäd­chen ih­re wei­te­re Marsch­rich­tung be­kannt.
    „Ich weiß“, sag­te sie und mach­te sich mit der Bril­le in der Hand auf den Weg in die Dun­kel­heit.
    Nach ei­ni­ger Zeit ging ich zu­rück. Nach Hau­se. Zu mei­ner Frau.
     
     
    Al­ber­ner, dum­mer, idio­ti­scher, ver­trot­tel­ter, zu­rück­ge­blie­be­ner klei­ner Dumm­kopf, dach­te der Rei­ter na­mens Raul, als er sich Ge­dan­ken über die Ver­diens­te sei­nes jun­gen Herr­schers und sei­ner mi­li­tä­ri­schen Be­mü­hun­gen mach­te. Das war kei­ne Art, sich an einen An­griff ge­gen die Saar­län­der zu ma­chen, selbst wenn man da­von aus­ging, daß der Kriegs­zug not­wen­dig war – was aber nicht der Fall war.
    Es war sinn­los, Ra­che als Selbst­zweck zu be­trei­ben, und völ­lig un­sin­nig wur­de es, wenn man mit ei­ner dürf­ti­gen Streit­macht vor­rück­te, die nicht ein­mal ei­ne rich­ti­ge Ar­mee war. Zu­sam­men­ge­wür­felt, dis­zi­plin­los, vol­ler Angst und von der Tat­sa­che de­mo­ra­li­siert, daß der Feind erst vor ei­ner Wo­che zwei­tau­send von ih­ren Ka­me­ra­den ver­nich­tet hat­te. Das ein­zig Gu­te da­bei war, daß nur so we­ni­ge Rit­ter da­bei wa­ren. Auch Raul selbst fühl­te sich nicht wohl in sei­ner Haut. Er dach­te dar­an, daß ir­gend et­was Mar­cel ver­ängs­tigt hat­te, ihn zu dem Saar­län­der in der Knei­pe und in sei­nen Tod ge­jagt hat­te. Er wünsch­te, er wüß­te, was das ge­we­sen war.
    Ei­nes wuß­te er aber: Brief­tau­ben hat­ten Be­rich­te da­von ge­bracht, daß flä­mi­sche Trup­pen in großer Stär­ke in Loth­rin­gen ein­ge­fal­len wa­ren.
    Nur we­ni­ge an­de­re wuß­ten von der In­va­si­on, aber Na­po­le­on ge­hör­te si­cher­lich zu ih­nen. Viel­leicht war das der Grund, warum er in die Ge­gen­rich­tung mar­schier­te. Da­für mach­te der Haupt­mann ihm kei­ne Vor­wür­fe; frei­wil­lig wür­de er nie das Ri­si­ko auf sich neh­men, ge­gen ein Land zu zie­hen, des­sen Zau­be­rer Dra­chen zu­stan­de brach­ten wie je­nen, der den Saar­län­der ge­ret­tet hat­te, als ihn nur noch Se­kun­den von sei­ner Ge­fan­gen­nah­me trenn­ten.
    Na­po­le­on XV. rann­te da­von, aber es sah so aus, als wür­de er sie da­bei al­le um­brin­gen.
     
     
    Der Wand­schirm war an­ge­schal­tet, oh­ne Ton wie im­mer, als Son­ya hör­te, wie die Au­ßen­tür ein paar Se­kun­den lang auf­ging und sich dann lei­se wie­der schloß. Sie saß ganz still da, ball­te ih­re Fäus­te und biß die Zäh­ne auf­ein­an­der. Die in­ne­re Tür glitt auf. Sie schloß ih­re Au­gen.
    In die­ser letz­ten Se­kun­de war ihr Ge­hirn ein Vul­kan, der Be­dau­ern und Hoff­nung, Wün­sche und Ent­schul­di­gun­gen aus­spie. Sie wuß­te aber, daß sie selbst dann, wenn sie all das hät­te aus­spre­chen kön­nen, da­mit auch nicht das ge­rings­te än­dern wür­de.
    Je­mand kam zu ih­rem Stuhl und ging dar­um her­um…
    Sie wünsch­te nun, daß sie von An­fang an nie in die Sa­che hin­ein­ge­zo­gen wor­den wä­re; sie dach­te dar­an, daß es ihr da­mals als die ein­zi­ge mög­li­che Lö­sung er­schie­nen war. Nun wur­de ihr klar, daß sie sich nur auf­ge­lehnt hat­te, weil sie be­droht ge­we­sen war, und nicht we­gen der La­ge an der Ober­flä­che; sie wuß­te, daß nie­mand ihr ver­trau­te: we­der der Ers­te, der ge­hört ha­ben muß­te, was so oft in den Trans­por­tern ge­sagt wor­den war, noch die an­de­ren, weil sie so dumm ge­we­sen war, ih­re Be­den­ken aus­zu­spre­chen. Sie frag­te sich, wer den Mör­der wohl ge­schickt hat­te.
    … setz­te sich auf die Leh­ne und sag­te: „Gu­tes Pro­gramm?“
    „Da­vid!“
    „Hast du viel­leicht einen von dei­nen Lieb­ha­bern er­war­tet?“ sag­te ihr Mann und sah auf den Bild­schirm.
    „Nein, nein“, sag­te sie has­tig. Dann hob

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