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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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er sorgfältig nach hinten gekämmt hatte. Er ging an einem eleganten Stock mit Elfenbeingriff und trug ein Wams und Beinkleider, welche wohl im vorigen Jahrhundert modern gewesen waren, allem Anschein nach jedoch noch von irgendjemandem liebevoll in Schuss gehalten wurden.
    Das Dienstmädchen machte einen kleinen Knicks. »Wenn ich vorstellen darf: der Marquis de Larchant!« Der Marquis schloss sich ihr mit einer für sein Alter erstaunlich graziösen Verbeugung an.
    Dann kam er lächelnd auf uns zu. »Aber bitte, Mesdames, nehmen Sie doch Platz!«
    Abwartend blieb er vor uns stehen.
    Maddy und ich blickten skeptisch auf die staubbedeckte Sitzbank und setzten uns dann vorsichtig auf die äußerste Kante.
    Daraufhin nahm er schwungvoll auf dem gegenüberstehenden Sessel Platz und verschwand kurzfristig in einer Staubwolke. Als er daraus hervortauchte, lächelte er uns freundlich an. »Arlette sagte mir, dass Ihr die Witwe des jungen Alexandre de Fontainebleau seid?«, fragte er.
    Maddy setzte gerade an, ihm zu antworten, da schien ihm etwas einzufallen und er drehte sich um und brüllte: »Arlette!«
    Entschuldigend wandte er sich uns wieder zu. »Excusez-moi, Mesdames, aber sie ist ein bisschen schwerhörig.«
    Das Dienstmädchen erschien etwas missmutig wieder im Salon und blickte den Marquis fragend an. »Arlette, bereite uns doch bitte einen Tee zu«, bat Larchant und Arlette schlurfte neuerlich davon.
    »Ihr Engländerinnen trinkt ja schließlich lieber Tee, n’est-ce pas?«, fragte er uns augenzwinkernd.
    »Woher wisst Ihr, dass wir aus England stammen?«, fragte Maddy schmunzelnd.
    Nun sah der Marquis fast schon empört aus. »Madame, ich bin zwar alt, aber nicht blind! Darum ist es mir auch nicht verborgen geblieben, dass mein junger Freund Alexandre in der Neuen Welt in Ihnen offenbar eine ganz außergewöhnlich attraktive Gattin gefunden hat. Allerdings steht Ihnen auch Ihre Freundin an Charme und Liebreiz in nichts nach.« Er bedachte mich mit einem bewundernden Blick, der davon zeugte, dass er trotz seines hohen Alters noch Talent zum Flirten besaß. Dann jedoch wich sein Lächeln einem traurigen Ausdruck. »Arlette sagte mir aber auch, dass Alexandre bereits tot ist. Wie ist das passiert?«
    Maddy berichtete ihm von der Schlacht um Québec und wie Alexandre im Kampf den Tod fand.
    Der Marquis lauschte ihr betrübt und seine Augen bekamen einen glasigen Schimmer. »Aber er war doch noch so jung«, murmelte er leise.
    Für einen Greis wie ihn war wohl selbst ein mittlerweile 54-jähriger Mann noch jugendlich.
    Schließlich riss sich Larchant zusammen und ergriff wieder das Wort. »Aber Madame, nun verratet mir doch, was Euch hierher führt? Ich nehme an, Ihr seid in Fontainebleau, um das Erbe Eures Gatten in Anspruch zu nehmen?«
    »Nur bedingt«, antwortet Maddy zögernd, »ich beabsichtige eigentlich, Pierre-Antoine de Fontainebleau auch weiterhin die Verwaltung des Besitzes zu überlassen.«
    Das Gesicht des Marquis verfinsterte sich.
    »Allerdings wird es einige Änderungen geben«, fügte Maddy hinzu. »Ich habe veranlasst, dass der Pachtzins zugunsten der Pächter geändert wurde, und werde in nächster Zeit darauf achten, dass Cousin Pierre-Antoine sich auch an meine Auflagen hält und die Geschäfte im Sinne Alexandres führt. Darum besuchen wir momentan alle Pächter, um sie davon zu unterrichten. Und so sind wir auf Euer Grundstück gestoßen. Es befindet sich innerhalb der Grenzen Fontainebleaus, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass Ihr auch ein Pächter seid?« Maddy sah den Marquis, dessen Gesicht sich bei der Nachricht von den veränderten Pachtbedingungen wieder erhellt hatte, nun fragend an.
    Dieser lehnte sich genüsslich lächelnd zurück, was erneut eine kleine Staubexplosion verursachte. »Dies ist eine etwas längere Geschichte, Ma Chère, aber ich werde sie Euch mit Vergnügen erzählen.«
    Der Marquis berichtete, dass sich das kleine Stück Land, auf dem wir uns aufhielten, tatsächlich so etwas wie eine »Insel« innerhalb der Ländereien Fontainebleaus darstellte und sich seit geraumer Zeit im Besitz der Familie Larchant befand. Ursprünglich war das Land der Larchants wesentlich größer gewesen und grenzte direkt an das der Fontainebleaus. Beide Familien hatten immer in einträchtiger Nachbarschaft gelebt. »Schon Alexandres Urgroßvater war mit meinem Großvater befreundet«, erklärte der Marquis die Generationen währende Freundschaft der Familien.
    Er selbst, der Marquis,

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