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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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Markthallen feilboten. Bereits in den frühesten Morgenstunden herrschte hier ein entsprechend geschäftiges Treiben. In der Weinhalle priesen die Winzer aus dem Rhônetal, aus Bordeaux, Burgund und der Champagne ihre erlesenen Tropfen an. Weber und Tuchhändler stellten ihre exquisiten Stoffe aus. Um die Lebensmittel-Hallen, in denen man Getreide, Brot, Käse und Fleisch kaufen konnte, machte ich aufgrund der mir eher unangenehmen Mannigfaltigkeit an Gerüchen lieber einen großen Bogen. Dafür liebte ich die Hallen, die den Blumen-, Obst- und Gemüsemarkt beherbergten. Noch nie zuvor hatte ich eine so faszinierende Vielfalt an Düften, Farben und Formen erlebt. Daher ließ ich es mir auch nicht nehmen, dort fast täglich frische Schnittblumen für unser Haus zu besorgen.
    Nur ein paar Straßen weiter südwärts vom Quartier des Halles gelangte man an die Seine und die kleine Binneninsel Île de la Cité. Darauf befand sich der aus mehreren Gebäuden bestehende Palais de la Cité, der bis zum 14. Jahrhundert die Residenz der französischen Könige gewesen war, sowie die Kathedrale Notre-Dame de Paris, ein beeindruckendes gotisches Bauwerk, dessen kolossale Silhouette schon von weitem auszumachen war.
    Spazierte man an der Seine entlang weiter westlich, so kam man am Palais du Louvre und früheren Stadtschloss Louis XIV., dem Palais des Tuileries sowie dem dazugehörigen Schlosspark Jardin des Tuileries, einer großartigen Gartenanlage im barocken Stil vorbei.
    Überhaupt liebte ich es fast genauso, an der Seine entlang spazieren zu gehen, wie ich in London meine Spaziergänge an der Themse genossen hatte. Ein großer Fluss durch eine Stadt verkörperte für mich den Wandel der Zeit auf eine ebenso melancholische wie poetische Weise.
    In Paris konnten Maddy und ich auch endlich wieder ein abwechslungsreiches kulturelles Leben genießen. Wir besuchten Ballettaufführungen in der Académie Royale de Musique , sahen uns die Theaterstücke von Molière in der Comédie-Française an und amüsierten uns königlich bei den Vorführungen der Artisten, Pantomimen und Marionettenspieler auf den Jahrmärkten wie Saint-Germain und Saint-Laurent. Zu vielen dieser Veranstaltungen ließen wir uns von Jean-Marc begleiten, was in der adligen Gesellschaft von Paris zunächst für einiges Aufsehen sorgte, uns aber alsbald einen im Grand Siècle recht populären Ruf als Exzentrikerinnen einbrachte.
    Da wir hofften, über die entsprechenden Kontakte zu hohen und extravaganten Adelskreisen wieder etwas über die Sybarites in Erfahrung zu bringen, pflegten wir diesen Ruf auch weiterhin. Zum Beispiel, indem wir uns eine ziemlich ausgefallene Garderobe zulegten. So waren wir beispielsweise die Ersten, die anstelle eines gewöhnlichen Reifrockes einen sogenannten Cul de Paris unter unseren Kleidern trugen. Während der Reifrock das Volumen eines Rockes rundherum vergrößerte, bauschte das Polster des Cul de Paris nur das Hinterteil enorm auf. Als Maddy und ich ihn auf einem Ball in dem prunkvollen Stadtpalast Hôtel Lambert erstmalig trugen, verursachte dies fast einen kleinen Skandal und stand am nächsten Tag im Mercure Galant, der damals stilprägenden Zeitschrift von Paris.
    Binnen eines Jahres waren wir in der gehobenen Pariser Gesellschaft derart en vogue, dass das kleine Tischchen in unserer Empfangshalle unter den täglich hereinflatternden Einladungen zu Konzerten, Soiréen und Bällen fast zusammenbrach.
    Dies erforderte von uns natürlich einen entsprechend kostspieligen Lebensstil, der von uns unter anderem dadurch finanziert wurde, indem wir Jean-Marc in unserem Namen Geschäfte an der Börse erledigen ließen, wobei er ein außerordentliches Geschick bewies.
     
    Angesichts unserer Beliebtheit blieb es nicht aus, dass Maddy und ich auch bald zahlreiche Verehrer hatten. Zu ihnen zählten unter anderem der Vicomte de Châteaudun, der Comte de Boulogne, der Comte de Saint-Pol, der Marquis de la Garnache und der Marquis de Villarceaux. Sie alle machten uns regelmäßig ihre Aufwartung und ließen unsere Eingangshalle aufgrund all der zugesandten Bouquets beinahe schon wie ein Blumengeschäft aussehen. Maddy und ich unterstellten allerdings kaum einem von ihnen ernsthafte Absichten und lächelten über ihre scherzhaften Flirtversuche und vermeintlichen Rivalitäten untereinander.
    So eiferten zum Beispiel der Comte de Saint-Pol und der Marquis de Villarceaux auf dem Ball der Marquise de Montespan mal wieder spielerisch darum, wer

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