Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
alle innerhalb kurzer Zeit entwaffnen und töten konnten. Auch der Anführer war von Giles bereits entwaffnet und an die Wand gedrängt worden. »Verrätst du uns nun, woher ihr kommt und was ihr über uns wisst?«, fragte er ihn mit bleckenden Zähnen.
»Niemals!«, stieß dieser wütend hervor. »Doch es gibt noch weitaus mehr von uns und unsere Nachfolger werden euch das Jüngste Gericht bescheren.«
Mit diesen Worten führte er seinen Ring zum Mund, stieß kurz darauf einen erstickten Laut aus und sank zu Boden.
»Ein Giftring?«, fragte ich fassungslos. »Er hat sich vergiftet? Was sind das für Fanatiker?«
»Offenbar sehr gut organisierte«, antworte Giles finster. »Zumindest haben sie verhindern können, dass wir mehr über sie herausfinden konnten. Uns bleibt wohl nichts übrig, als abzuwarten, ob weitere ›Ritter des Dan‹ unseren Weg kreuzen werden.«
Wie es schien, hatten wir zumindest in London die »Ritter des Dan« erledigt, denn in der nächsten Zeit ereigneten sich, trotz der Drohung des Anführers, keine weiteren Angriffe von Vampirjägern.
Im Laufe der Monate geriet die Angelegenheit bei uns dann zunehmend in Vergessenheit und schon bald holte uns der übliche Alltagstrott ein. Ich verstärkte meine Bemühungen im Kampf um die Gleichberechtigung, schrieb Artikel, knüpfte Kontakte und hielt Vorträge. Giles amüsierte sich mit seinen Club-Kumpanen, schloss unsinnige Wetten ab, ergötzte sich in Saufgelagen.
Es dauerte nicht lange und wir waren auch erneut zu unseren früheren Streitereien übergegangen. Giles mokierte sich über mein Engagement, während ich mich darüber ärgerte, dass er offenbar nur an so wenig sinnvollen Beschäftigungen Gefallen fand.
Wir hielten dies noch ein paar weitere Jahre lang aus, bis wir uns schließlich beide von unseren ewigen Debatten zermürbt fühlten.
»So funktioniert das nicht mehr, Gemma«, sagte Giles eines Tages nach einem unserer unzähligen Wortgefechte und sah mich resigniert an.
»Was willst du damit sagen?«, fragte ich wütend.
»Zwischen uns, Gemma«, erklärte Giles leise. »Wir streiten uns nur noch. Möglicherweise hast du ja auch recht damit, dass dein Engagement sinnvoll und wichtig ist, aber es beschäftigt dich mittlerweile so sehr, dass für mich dabei kein Platz mehr ist.«
In meine Wut mischte sich nun Verzweiflung. »Das stimmt nicht!«, protestierte ich.
»Doch, es stimmt, Gemma«, entgegnete Giles ruhig. »Und du weißt es. Ich bin es auch, ehrlich gesagt, ziemlich leid, hier so tatenlos herumzusitzen. Daher habe ich mich letzte Woche von der Britischen Ostindien-Kompanie anwerben lassen und werde für ein paar Jahre in die Kolonien reisen. Ich habe die Möglichkeit, Gouverneur Raffles auf Java dabei zu unterstützen, unsere kolonialen Interessen dort zu festigen.«
»Ich verstehe«, entgegnete ich tonlos. »Das ist sicherlich abwechslungsreicher, als hier an meiner Seite zu verharren. Wann reist du ab?«
»Übermorgen«, antwortete Giles.
»Gut«, erwiderte ich abweisend, »je eher desto besser. So kann ich in Zukunft wenigstens meinen Aktivitäten unbehelligt von deinen Spötteleien nachgehen. Wenn du mich nun entschuldigen würdest, ich würde jetzt gerne jagen gehen. Sicherlich hast du Verständnis dafür, dass ich dabei heute Abend auf deine Gesellschaft lieber verzichten möchte.«
Wenig später verließ ich wie gehetzt das Haus. Mir war nicht wirklich nach Jagen zumute und so streifte ich ruhelos durch die Straßen des abendlichen Londons. Als ich an der St. Paul's Cathedral angelangt war, folgte ich einem spontanen Impuls und erklomm im Schutz der Dunkelheit die imposante Kirche und setzte mich an den Rand der Kuppel.
Von hier aus hatte man einen grandiosen Blick über die Themse und einen großen Teil meiner geliebten Stadt, doch so recht hatte ich kein Auge dafür. Zu viele Erinnerungen kamen in mir hoch und ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Größtenteils waren es Tränen des Zorns, darüber, dass meine Beziehung zu Giles offenbar ein weiteres Mal daran scheiterte, dass er kein Verständnis für die Dinge aufbrachte, die mir so wichtig waren.
Plötzlich landete ein Gerfalke neben mir, und da diese Tierart in unserer Region nicht gerade zahlreich vertreten war, konnte es sich nur um Fergus handeln. Zornig sah ich ihn an und wischte meine Tränen weg. »Was willst du hier?«, fragte ich missmutig. »Hat er dich geschickt?«
Der Falke stieß einen kleinen protestierenden Schrei aus und flog
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