ZEITLOS - Band 2 (German Edition)
zusätzlich zu unseren von Brayasil neu empfangenen Kräften zum Anzapfen des Universalen Bewusstseins, das er Große Kraft nennt! Die Schädel scheinen auf dem Weg nach Mexiko zu sein. Das sind doch alles keine Zufälle! Wenn du mich fragst, dann deuten diese Entwicklungen eine neue Dynamik an, die uns veranlassen sollte, uns innerhalb der Gruppe darüber auszutauschen«
»Hm…, vielleicht hast du recht. Die Große Kraft hat uns den Zugang zu Neles Erinnerungen an ihr Gespräch mit Bernauer ermöglicht. Das ist gerade erst vor zwei Monaten geführt worden. Ich denke nicht, dass Mehringer Pharma Industries schon dazu gekommen ist, die Ovulationshemmer mit der geheimnisvollen Substanz zu versetzen. Mich macht allerdings die Andeutung stutzig, dass man angeblich daran arbeite, die Halbleitereigenschaften des Siliziums wieder herzustellen. Wie soll denn das geschehen?
Dazu bräuchten sie einen Kristallschädel sowie eine kooperative Gruppe von Schamanen. Da fallen mir höchstens die Russen ein, die auf dem Gebiet der außersinnlichen Wahrnehmung schon oft mit schamanisch Tätigen zusammengearbeitet haben. Wenn die aber die ursprüngliche Gitterstruktur wieder herstellen wollten, wäre das nur mit einem riesigen Aufwand an Gedankenenergie denkbar, denn sonst wäre dieser Vorgang nicht mit den physikalischen Gesetzen vereinbar. Daran müssten sich ganze Volksstämme beteiligen, das halte ich nicht für durchführbar«
»Na schön, der Physiker bist du. Wenn du sagst, dass das unmöglich wäre, beruhigt mich das offen gestanden. Mittlerweile bin ich nämlich froh darüber, dass wir das digitale Zeitalter stoppen konnten. Es ist eine Freude zu sehen, wie sich Kinder und Schüler seitdem entwickeln. Ich wünsche mir die alte Technik und vor allem die trennende Macht des Geldes auf keinen Fall zurück«
»Ich auch nicht, obwohl wir schon bald wieder mit diesem Thema konfrontiert sein könnten. Hoffentlich kann Jens in Berlin die Medikamentenpanscherei beweisen und noch rechtzeitig publik machen, bevor eine ahnungslose Bevölkerung gefährdet wird. Ich mache mich jetzt auf den Weg zur Reunion. Wahrscheinlich bin ich in drei Tagen zurück«
»Pass auf dich auf, Schatz!«
»Das werde ich«, Zärtlich beugte er sich zu ihr hinüber und gab ihr einen Kuss.
***
Markus überquerte den Platz vor dem Gebäudeblock in dem sein Büro lag. Der Campus sah wieder fast so aus wie vor dem Ereignis: Studenten bevölkerten das Gelände, überall standen Fahrräder herum und es erschien ihm so, als ob die wissenschaftliche Arbeit seit dem Ausfall der modernen Elektronik sogar an Qualität gewonnen hatte. Endlich gab es wieder lebhafte wissenschaftliche Diskussionen zwischen den Studenten, nicht wie damals, als viele von ihnen nur noch schweigend im Internet nach den neuesten Erkenntnissen anderer suchten.
Der Austausch bekam wieder eine persönliche Qualität. Sicherlich ging es jetzt langsamer voran, aber dafür durchdachter und verantwortungsvoller. Die Wissenschaft schien nicht mehr von dieser dringlichen Eile wie früher getrieben zu sein, außerdem gewann die persönliche Verantwortung für das, woran man gerade arbeitete, mehr Gewicht und dadurch auch mehr Bedeutung und Anerkennung. Man gewöhnte sich an vorher zu fragen: Wem nutzt das Ergebnis meiner Arbeit? Wohin führt es? Ist es mit dem KODEX vereinbar? Ist es zum Nutzen und Wohle aller? Diese Fragestellung gab es früher nicht, da lautete die Standardfrage aller Kaufleute: Was kostet es, was bringt es mir ein?
Die Folgen des Technikausfalls waren auch bei weitem nicht mehr so krass wie am Anfang: Mittlerweile gab es wieder regelmäßigen Bahn-, Bus- und Flugverkehr. Natürlich eher auf dem Niveau der 60er Jahre angesiedelt, aber immerhin. Man konnte auch wieder mit einigen Ländern telefonieren, natürlich analog. Digitaltechnik gab es nach wie vor nicht. Das lag zwar immer noch an den gekippten Siliziumgittern, aber nicht nur daran. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die digitale Übertragung von Tönen und Bildern das menschliche Gehirn zwar einerseits befähigte Informationen rascher zu verarbeiten und Entscheidungen zu fällen, diese aber andererseits die Fähigkeit zum konzentrierten Zuhören, zu Mitgefühl, Selbstreflexion und intuitiven Prozessen ausbremste und blockierte – es somit seiner universelleren, sozialeren Möglichkeiten beraubte. Für den Weg zu einer höher entwickelten Gesellschaft, die bereit und vorbereitet ist, in das
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