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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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heißt?«
»Nein.«
»Interessiert es Sie?«
Sie schob sich hoch, öffnete die Augen und sagte: »Sie wissen, daß ich nur zwei Jahre Spanisch in der Oberschule gelernt habe. Also brauchen Sie mir das nicht unter die Nase zu reiben.« Verärgert drehte sie sich auf die Seite.
»Das war Poesie«, sagte er. »Ich habe versucht, Liebe mit dir zu machen.«
Sie rollte sich wieder herum und starrte ihn an.
»Soll ich?« fragte er.
»Ich muß nachdenken«, sagte sie. »Nein, das würde nie gehen. Bill oder Margo würden es merken, dann gäbe es allerhand Kummer, und man würde Sie vielleicht aus dem Preisausschreiben ausschließen.«
»Die ganze Welt liebt Liebende«, sagte er, beugte sich über sie, ergriff sie am Hals und küßte sie auf den Mund. Ihr Mund war trocken, klein, und er bewegte sich, um ihm zu entkommen; er mußte ihren Hals mit beiden Händen festhalten.
»Hilfe«, sagte sie schwach.
»Ich liebe dich«, sagte er.
Sie starrte ihn wild an, die Pupillen heiß und dunkel, so, als dächte sie – der Himmel wußte, was sie dachte. Wahrscheinlich nichts. Es war, als habe er ein kleines, erregtes Tier mit dünnen Armen gepackt. Es hatte wache Sinne und schnelle Reflexe – unter ihm wehrte es sich, und seine Fingernägel gruben sich in seine Arme –, aber es plante nicht, überlegte nicht, dachte nicht an die Zukunft. Wenn er es losließ, würde es ein paar Meter wegspringen, sich den Pelz waschen und dann vergessen. Seine Angst verlieren, sich beruhigen. Und sich an nichts erinnern.
Ich wette, daß sie jeden Ersten im Monat erstaunt ist, wenn der Zeitungsjunge zum Kassieren kommt. Was für eine Zeitung? Was für ein Zeitungsjunge? Wieso zwei Dollar fünfzig?
»Wollen Sie, daß wir hier verjagt werden?« sagte sie an seinem Ohr. Ihr Gesicht, ohne Bereitschaft und mit Falten, lag direkt unter dem seinen.
Ein paar Leute, die vorbeigingen, hatten sich umgedreht und gegrinst.
Das Gehirn einer Jungfrau, dachte er. Sie hatte etwas Rührendes ... die Fähigkeit zu vergessen verlieh ihr jedesmal wieder die Unschuld. Gleichgültig, wie weit sie sich mit Männern einließ, vermutete er, sie blieb seelisch wahrscheinlich unberührt. So, wie sie vorher gewesen war. Pulli und Gesundheitsschuhe. Selbst wenn sie dreißig, fünfunddreißig, vierzig wurde. Ihre Frisur würde sich im Lauf der Jahre ändern; sie würde mehr Schminke verwenden, wahrscheinlich Diät halten. Aber sonst – ewig.
»Sie trinken nicht, nicht wahr?« sagte er. Die heiße Sonne und die Situation trugen dazu bei, daß er sich nach einem Bier sehnte. »Könnte man Sie dazu überreden, irgendwo in eine Bar zu gehen?«
»Nein«, sagte sie. »Ich möchte mich sonnen.«
Er ließ sie los. Sie setzte sich sofort auf, richtete ihr Oberteil und wischte Grashalme von ihren Knien.
»Was würde Margo sagen?« meinte sie. »Sie schnüffelt sowieso schon herum.«
»Margo ist vermutlich unterwegs, um ihre Eingabe abzuliefern«, sagte er. »Um die Stadt zu zwingen, die Ruinengrundstücke zu räumen.«
»Das ist sehr anerkennenswert. Viel besser, als die Frau eines anderen verführen zu wollen.« Sie nahm eine Flasche Sonnenöl aus ihrer Handtasche und begann, sich die Schultern einzureiben.
Er wußte, daß er sie eines Tages haben konnte. Die richtigen Umstände, eine gewisse Stimmung; und es würde sich lohnen, entschied er. Lohnen, all die kleinen Requisiten aufzubauen.
Dieser Narr Black, dachte er.
Hinter dem Park, zur Stadt zu, veranlaßte ihn eine unregelmäßige Fläche von Grün und Weiß, wieder an Margo zu denken. Die Ruinen. Von hier oben sichtbar. Drei Stadtgrundstücke mit Betonfundamenten, die nie von Bulldozern aufgerissen worden waren. Die Häuser selbst – oder welche Gebäude dort auch gestanden haben mochten – waren längst abgerissen. Vor Jahren, den verwitterten, rissigen, gelblichen Betonblöcken nach. Von hier aus sah das hübsch aus. Die Farben waren schön.
Er konnte Kinder in den Ruinen herumlaufen sehen. Ein besonders begehrter Spielplatz ... Sammy spielte dort auch ab und zu. Die Keller bildeten Höhlen. Gewölbe. Margo hatte wahrscheinlich recht; eines Tages würde ein Kind dort ersticken oder am Wundstarrkrampf sterben, wenn es sich an einem rostigen Draht verletzt hatte.
Und hier sitzen wir, dachte er. Lassen uns von der Sonne bescheinen. Während Margo sich im Rathaus abmüht, für uns alle etwas zu tun.
»Vielleicht sollten wir zurückgehen«, sagte er zu Junie. »Ich müßte meine Lösung ausarbeiten.« Mein Beruf, dachte er ironisch.

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