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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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hinter sich, und der Übergang war für sie nicht abgeschlossen. In ihren Gedanken gehörte sie noch immer zu den Gruppen, die mit Feuerstühlen auftauchten, mit plärrenden Radios ... die Mädchen in Pullis und Ringelsocken, die Jungen in Jeans und Kaschmirpullovern.
»Holen Sie Ihren Badeanzug«, sagte Ragle.
»Okay«, sagte sie. »Aber nur eine Stunde oder so, dann muß ich wieder heim.« Sie zögerte und sagte: »Margo hat Sie nicht herüberkommen sehen, oder?« Wie sie wußte, tratschte Margo gern.
»Nein«, sagte er. »Margo ist ganz versunken in ...« Er gestikulierte. »Sie ist mit Bügeln beschäftigt«, schloß er. »Ganz hingegeben.«
Sie schaltete die Waschmaschine aus, holte Badeanzug und Handtuch, und nach kurzer Zeit schritten sie und Ragle durch den Ort zum Schwimmbecken.
Ragle neben sich zu haben verlieh ihr ein Gefühl der Geborgenheit. Sie fühlte sich stets von großen, kräftigen Männern angezogen, vor allem von älteren. Für sie hatte Ragle genau das richtige Alter. Und dann das, was er getan hatte, etwa seine militärische Laufbahn im Pazifik. Und seine landesweite Prominenz im Preisausschreiben. Sie mochte sein knochiges, grimmiges Gesicht mit den Narben; es war ein männliches Gesicht, ohne jede Spur von Doppelkinn. Sein Haar wirkte wie von der Sonne gebleicht, weiß und gelockt, nie gekämmt. Sie war der Ansicht, ein Mann, der sich kämmte, sei weibisch. Bill brauchte jeden Morgen eine halbe Stunde für seine Haare, wenn auch jetzt nicht mehr so intensiv, seit er den Bürstenhaarschnitt trug. Sie berührte kurzgeschorene Haare ungern; die starren Stoppeln erinnerten sie an eine Zahnbürste. Und Bill paßte genau in sein schmalschultriges Sakko ... er besaß praktisch keine Schultern. Der einzige Sport, den er betrieb, war Tennis, und das ging ihr gegen den Strich. Ein Mann in weißen Shorts mit Söckchen und Tennisschuhen! Bestenfalls ein College-Student ... was Bill gewesen war, als sie ihn kennengelernt hatte.
»Fühlen Sie sich nicht manchmal einsam?« fragte sie.
»Wie?«
»Weil Sie nicht verheiratet sind.« Die meisten jungen Leute, die sie in der Oberschule gekannt hatte, waren schon verheiratet, bis auf die, die nicht in Frage kamen. »Ich meine, es ist ja schön, bei Ihrer Schwester und Ihrem Schwager zu leben, aber möchten Sie nicht gern ein eigenes kleines Heim für sich und Ihre Ehefrau?« Sie betonte das letzte Wort.
Ragle überlegte und sagte: »Letztlich wird es einmal dazu kommen. Aber ein Hindernis ist, daß ich ein Nichtstuer bin.«
»Ein Nichtstuer«, wiederholte sie und dachte an das viele Geld, das er beim Preisausschreiben gewonnen hatte. Der Himmel wußte, wieviel es insgesamt war.
»Ich mag nichts Dauerhaftes«, erklärte er. »Wahrscheinlich habe ich das Nomadenleben im Krieg gelernt ... und meine Familie ist vorher viel herumgezogen. Meine Eltern ließen sich scheiden. In mir wehrt sich ernsthaft etwas dagegen, mich endgültig niederzulassen – im Sinn von einem Haus, einer Ehefrau, einer Familie mit Kindern, Hausschuhen und Pfeife.«
»Was ist dagegen zu sagen? Es bedeutet Sicherheit.«
»Aber ich bekomme Zweifel«, sagte Ragle. Nach einer Pause fuhr er fort: »Ich bekam Zweifel, als ich verheiratet war.«
»Oh«, sagte sie interessiert. »Wann war das?«
»Vor Jahren. Vor dem Krieg. Als ich Anfang Zwanzig war. Ich lernte ein Mädchen kennen, sie war Sekretärin bei einer Spedition. Sehr nett. Polnische Eltern. Ein sehr waches, kluges Mädchen. Für mich zu ehrgeizig. Sie wollte nichts anderes, als zu der Klasse aufsteigen, wo man Gartenfeste gibt, Grillparty im Innenhof.«
»Ich finde daran nichts auszusetzen«, sagte Junie. »Es ist natürlich, daß man schön leben will.«
»Nun, ich habe Ihnen ja gesagt, daß ich ein Nichtstuer bin«, brummte Ragle und ließ das Thema fallen.
Das Gelände war hügelig geworden, und sie mußten aufwärts steigen. Hier gab es um die Häuser größere Rasenflächen und Blumenterrassen; große, eindrucksvolle Villen, Heim der Begüterten. Die Straßen verliefen unregelmäßig. Dichte Baumhaine tauchten auf. Und darüber konnten sie die Wälder sehen, hinter der letzen Straße, dem Olympus Drive.
»Hätte nichts dagegen, hier oben zu wohnen«, sagte Junie. Besser als die einstöckigen Fertighäuser ohne Fundamente, dachte sie. Die beim ersten windigen Tag ihre Dächer verlieren. Wo die Garagen unter Wasser stehen, wenn man die Nacht den Gartenschlauch laufen läßt.
Zwischen den Wolken am Himmel schoß ein blitzschneller,

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