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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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es beschreiben?«
»Nein.«
»Hat es Ähnlichkeit mit meinem Erlebnis gestern abend? Ich frage nicht aus Neugier. Mich hat das beunruhigt. Ich glaube, irgend etwas stimmt nicht.«
»Irgend etwas stimmt nicht«, sagte Ragle.
»Ich meine nicht mit dir oder mit mir oder mit irgendeiner anderen Person. Ich meine, ganz allgemein.«
»›Die Zeit ist aus den Fugen‹«, sagte Ragle.
»Ich finde, wir sollten uns zusammentun.«
Ragle sagte: »Ich werde dir nicht sagen, was mit mir geschehen ist. Du wirst jetzt nicken, aber morgen oder übermorgen, wenn du in deinem Supermarkt herumstehst und mit den Kassiererinnen schwätzt, geht dir der Gesprächsstoff aus, und du kommst auf mich zu sprechen. Und du bringst die anderen mit nervenkitzelndem Klatsch dazu, daß sie sich krümmen vor Lachen. Ich habe genug vom Klatsch. Vergiß nicht, ich bin ein Nationalheld.«
»Wie du meinst«, sagte Vic. »Aber wir könnten etwas erreichen. Im Ernst. Ich mache mir Sorgen.«
Ragle schwieg.
»Du kannst nicht einfach verstummen«, sagte Vic. »Ich habe eine Verantwortung, meiner Frau und meinem Sohn gegenüber. Hast du keine Herrschaft mehr über dich? Kannst du noch beurteilen, was du tun und nicht tun wirst?«
»Ich werde nicht Amok laufen«, sagte Ragle. »Jedenfalls habe ich keinen Grund, etwas anderes anzunehmen.«
»Wir müssen alle im Haus zusammenleben«, betonte Vic. »Angenommen, ich sage dir ...«
»Wenn ich das Gefühl habe, daß ich eine Bedrohung bin, gehe ich«, unterbrach ihn Ragle. »Ich werde sowieso gehen, wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen. Wenn du so lange durchhältst, ist also alles in Ordnung.«
»Margo wird dich nicht gehen lassen.«
Er lachte.
»Margo wird mich gehen lassen müssen«, sagte er.
»Bist du sicher, daß du dir nicht einfach selber leid tust, weil dein Liebesleben verpfuscht ist?«
Ragle ging darauf nicht ein. Er stand vom Tisch auf und ging ins Wohnzimmer, wo Sammy lag und sich ›Rauchende Colts‹ ansah. Er ließ sich auf das Sofa fallen und schaute auch zu.
Ich kann nicht mit ihm reden, dachte er.
Ein Pech. Ein Riesenpech.
»Wie ist der Western?« fragte er Sammy beim Werbespot in der Pause.
»Prima«, sagte Sammy. Aus der Hemdbrusttasche des Jungen ragte zerknülltes weißes Papier. Es sah fleckig und verwittert aus, und Ragle beugte sich vor, um besser zu sehen. Sammy achtete nicht darauf.
»Was hast du da in der Tasche?« fragte Ragle.
»Ach«, sagte Sammy, »ich habe drüben in den Ruinen Abwehrstationen aufgebaut. Ich habe ein Brett ausgegraben und eine Menge alter Telefonbücher und Zeitschriften gefunden.«
Ragle griff hinüber und zog den Zettel aus der Tasche des Jungen. Er zerfiel in seinen Händen in einzelne Teile. Dünne Papierstreifen, und auf jedem war mit Druckbuchstaben ein Wort geschrieben, verschmiert von Regen und Schmutz. Tankstelle Kuh Brücke
»Hast du die auf den Grundstücken der Stadt gefunden?« fragte er scharf, unfähig, klar zu denken. »Hast du sie ausgegraben?«
»Ja«, sagte Sammy.
»Kann ich sie haben?«
»Nein«, sagte Sammy.
Er verspürte echten Zorn.
»Na gut«, sagte er so vernünftig wie möglich. »Ich gebe dir etwas anderes dafür. Oder ich kaufe sie dir ab.«
»Wozu willst du sie denn haben?« fragte Sammy und ließ sich zum letzten Mal vom Fernsehen ablenken. »Sind sie wertvoll oder was?«
Er antwortete wahrheitsgemäß: »Ich sammle sie.« Er ging zum Dielenschrank, griff in sein Jackett, nahm das Kästchen heraus und nahm es mit ins Wohnzimmer. Er setzte sich zu Sammy, öffnete das Kästchen und zeigte dem Jungen die sechs Papierstreifen, die er schon zusammengetragen hatte.
»Einen Zehner pro Stück«, sagte Sammy.
Der Junge hatte fünf Streifen insgesamt, aber zwei waren vom Wetter so mitgenommen, daß er das Wort nicht lesen konnte. Er bezahlte ihm trotzdem fünfzig Cents, nahm die Streifen und ging, um in Ruhe nachdenken zu können.
Vielleicht ist das Ganze ein Witz, dachte er. Ich bin Opfer eines dummen Streiches. Weil ich im Preisausschreiben ein Heldensieger Erster Klasse bin.
Publizität durch die Zeitung.
Aber das ergab keinen Sinn. Überhaupt keinen.
Verwirrt glättete er die fünf Papierstreifen, so gut er konnte, dann legte er sie in das Kästchen. In mancher Beziehung fühlte er sich schlechter als vorher.
    Später an diesem Abend fand er eine Stablampe, zog einen Mantel an und machte sich auf den Weg zu den Ruinen.
Seine Beine schmerzten schon von der Wanderung mit Junie, und bis er die leeren Grundstücke erreichte, begann er sich zu

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