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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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daß er damit gekommen war? Ich bin zu Fuß gekommen, würde er sagen. Oder ich habe mich von einem Auto mitnehmen lassen und bin hier abgesetzt worden.
Er drückte die Tür der Raststätte auf und trat ein. Vielleicht weiß man hier, wo die Station ist, sagte er sich. Hier soll ich vermutlich das Schinken-Käse-Brot und das Milchmixgetränk holen.
Ich weiß Bescheid, dachte er. Es sind zu viele Leute hier. Wie im Busbahnhof. Dasselbe Muster.
Die meisten Nischen waren mit Paaren besetzt. Und an der kreisförmigen Theke in der Mitte saß eine Reihe von Männern beim Abendessen oder vor Getränken. Es roch nach gebratenem Hackfleisch; in einer Ecke plärrte eine Musikbox.
Nicht genug Autos auf dem Parkplatz, um so viele Leute zu erklären.
Bis jetzt hatte man ihn noch nicht bemerkt. Er zog die Tür zu, ohne hineinzugehen, und ging schnell davon, durch den Parkplatz, um das Gebäude herum zu dem geparkten Kombi.
Zu groß. Zu modern. Zu hell. Zu voll. Ist das die letzte Stufe meiner seelischen Schwierigkeiten? Argwohn den Leuten gegenüber ... Argwohn bei Gruppen und menschlicher Aktivität, bei Farbe, Leben und Lärm. Ich meide sie, dachte er. Abnorm. Ich suche das Dunkel.
In der Dunkelheit tastete er sich in den Kombi, ließ den Motor wieder an und stieß ohne Licht zurück, bis das Fahrzeug auf die Fernstraße zeigte. Bei einer Lücke im Verkehr fuhr er auf die erste Fahrspur hinaus. Wieder war er in Bewegung, fort von der Stadt, in einem fremden Fahrzeug. Ich stehle dem Tankwart das Auto, dachte er. Aber was bleibt mir anderes übrig?
Ich weiß, daß sie sich gegen mich verschworen haben. Die beiden Soldaten, der Tankwart. Und der Busbahnhof. Der Taxifahrer. Alle. Ich kann keinem trauen. Sie haben mich mit diesem Kombi losgeschickt, damit mich der erste Streifenpolizist schnappt, der vorbeikommt. Wahrscheinlich leuchtet am Heck eine Schrift auf: ›Russischer Spion‹. Eine Art paranoides ›Gib mir einen Tritt‹, dachte er.
Ja. Ich bin der Mann mit dem Schild ›Gib mir einen Tritt!‹ So schnell er sich auch um sich selbst dreht, er kann es nie sehen. Aber seine Eingebung sagt ihm, daß das Schild da ist. Er beobachtet die anderen Leute und schätzt ihre Reaktionen ab. Er folgert das aus dem, was sie tun. Er folgert, daß das Schild da ist, weil sie es darauf anlegen, ihm Tritte zu versetzen.
Ich gehe nirgends hinein, wo es hell ist. Ich beginne keine Gespräche mit Leuten, die ich nicht kenne. Wenn es um mich geht, gibt es keine echten Fremden; alle kennen mich. Entweder Freund oder Feind ...
Ein Freund, dachte er. Wer? Wo? Meine Schwester? Mein Schwager? Nachbarn? Ich traue ihnen so viel wie allen anderen Leuten, aber nicht genug.
Und da bin ich.
Er fuhr weiter. Keine Neonschriften mehr zu sehen. Das Land lag auf beiden Seiten der Straße dunkel und leblos. Der Verkehr war dünn geworden. Nur gelegentlich leuchteten entgegenkommende Scheinwerfer über den Mittelstreifen.
Einsam.
Er schaute nach unten und sah, daß im Armaturenbrett ein Radio montiert war. Er erkannte die Skala. Die beiden Knöpfe.
Wenn ich einschalte, werde ich sie über mich reden hören.
Er streckte die Hand aus, zögerte und schaltete das Radio ein. Es begann zu summen. Die Röhren wurden warm; er hörte Störgeräusche. Er drehte am Lautstärkeknopf.
»...danach«, sagte eine schrille Stimme.
»...nicht«, sagte eine andere.
»...mein Bestes.«
»...okay.« Eine Reihe von Schnalzlauten.
Sie rufen hin und her, sagte sich Ragle. Die Ätherwellen füllten sich mit Alarmsignalen. Ragle Gumm ist uns entwischt! Ragle Gumm entkommen!
Die Stimme schrillte: »...erfahrener.«
Schickt nächstesmal Leute, die erfahrener sind, dachte Ragle. Ein Haufen von Amateuren.
»... genausogut ... nicht weiter ...«
Genausogut aufgeben, ergänzte Ragle. Nicht versuchen, ihn aufzuspüren. Er ist zu schlau. Zu raffiniert.
Die Stimme quäkte: »...sagt Schulmann.«
Das mußte Commander Schulmann sein, sagte sich Ragle. Der Oberbefehlshaber mit dem Hauptquartier in Genf. Der die Strategie auf höchster Ebene entwarf, die weltweiten militärischen Aktionen steuerte, so daß sie sich auf diesen Kombi konzentrieren. Flotte von Kriegsschiffen dampft auf mich zu. Atomgeschütze. Das Übliche.
Die quäkende Stimme wurde zur Nervensäge; er schaltete das Radio ab. Wie Mäuse. Quäkende Mäuse, hier und dort quietschend ... eine Gänsehaut lief über seinen Rücken.
Dem Tachometer nach war er etwa zwanzig Meilen weit gefahren. Eine große Entfernung. Keine Stadt. Keine

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