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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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unbekannte ältere Frauenstimme stockend: »Ist Mr. Gumm da?«
»Am Apparat«, sagte er kurz.
»Oh, Mr. Gumm. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Sie an den Luftschutzlehrgang gedacht haben. Hier ist Mrs. Keitelbein.«
»Ich habe ihn nicht vergessen«, log er. »Guten Tag, Mrs. Keitelbein.« Er ermannte sich und sagte: »Mrs. Keitelbein, es tut mir leid, aber ich muß ...«
»Er ist heute nachmittag«, unterbrach sie ihn. »Heute ist Dienstag. Um zwei Uhr.«
»Ich kann nicht kommen«, sagte er. »Ich werde mit meiner Arbeit am Preisausschreiben nicht fertig. Ein andermal.«
»O je«, sagte sie. »Aber, Mr. Gumm, ich bin hergegangen und habe allen von Ihnen erzählt. Man erwartet, daß Sie vom Zweiten Weltkrieg erzählen. Ich habe alle angerufen, und sie sind richtig begeistert.«
»Tut mir leid.«
»Das ist aber schlimm«, sagte sie betroffen. »Vielleicht könnten Sie kommen und einfach nicht sprechen; wenn Sie dabei wären und nur Fragen beantworten würden – ich weiß, das würde den Leuten so viel Freude machen. Glauben Sie nicht, daß Sie dafür Zeit finden könnten? Walter kann vorbeikommen und Sie mit dem Wagen abholen, und er fährt Sie hinterher bestimmt heim. Der Lehrgang dauert heute höchstens eine Stunde, also kostet Sie das im Höchstfall eineinviertel Stunden.«
»Er braucht mich nicht mitzunehmen«, sagte Ragle. »Sie sind nur einen halben Straßenblock entfernt.«
»Ach, richtig«, sagte sie. »Sie wohnen ja nicht weit von uns. Dann müßten Sie es aber wirklich schaffen können. Bitte, Mr. Gumm – als Gefälligkeit für mich.«
»Okay«, sagte er. So wichtig war das auch nicht. Eine gute Stunde.
»Vielen, herzlichen Dank«, sagte sie. Ihre Erleichterung und Dankbarkeit sprachen aus jeder Silbe. »Ich weiß das wirklich zu schätzen.«
Nachdem er aufgelegt hatte, befaßte er sich sofort wieder mit seinem Rätsel. Er hatte nur gute zwei Stunden Zeit, die Lösungen zur Post zu bringen, und die Versuchung, die Sache aufzugeben, war wie immer sehr groß.
    Um zwei Uhr stieg er die schrägen Stufen am Eingang vom Haus der Keitelbeins hinauf und läutete.
Mrs. Keitelbein öffnete die Tür und sagte: »Willkommen, Mr. Gumm.«
Er blickte an ihr vorbei und sah eine schemenhafte Versammlung von Damen in geblümten Kleidern und einigen mager aussehenden Männern; sie starrten ihn alle an, und er begriff, daß sie herumgestanden und auf ihn gewartet hatten. Jetzt konnte der Lehrgang beginnen. Selbst hier, dachte er. Wie bekannt ich bin! Aber das brachte ihm keine Befriedigung. Die einzige Person, die ihm etwas bedeutete, fehlte. Junie Black.
Mrs. Keitelbein führte ihn zu ihrem Schreibtisch. Sie hatte einen Stuhl so aufgestellt, daß er den Zuhörern gegenüberstand.
»Da«, sagte sie. »Hier sitzen Sie.« Für den Vortrag hatte sie sich schön gemacht, mit einem langen wallenden Rock und einer Spitzenbluse.
»Okay«, sagte er.
»Bevor man Ihnen Fragen stellt, werde ich kurz ein paar Aspekte des Luftschutzdienstes besprechen, damit das erledigt ist«, sagte sie und tätschelte seinen Arm. »Das ist das erste Mal, daß wir bei unseren Treffen eine Berühmtheit haben.« Sie lächelte, setzte sich an den Schreibtisch und klopfte, um Ruhe herzustellen.
Die Damen und Herren, die immer noch undeutlich wirkten, verstummten. Sie hatten sich in der ersten Reihe der Klappstühle niedergelassen. Walter selbst saß hinten, in der Nähe der Tür. Er trug eine Krawatte zum ärmellosen Pullover und nickte Ragle förmlich zu. Ich hätte meine Jacke anziehen sollen, dachte Ragle. Er war in Hemdsärmeln gekommen, nun fühlte er sich verlegen.
»Bei unserem letzten Vortrag hat jemand eine Frage gestellt. Es sei unmöglich, im Falle eines überraschenden Großangriffs auf Amerika alle feindlichen Raketen abzuschießen«, sagte Mrs. Keitelbein. »Das ist völlig richtig. Wir wissen, daß wir nicht alle Raketen abfangen könnten. Ein gewisser Prozentsatz wird durchkommen. Das ist die schreckliche Wahrheit, und wir müssen uns ihr stellen.«
Die Zuhörer setzten ernste Mienen auf.
»Wenn ein Krieg ausbrechen sollte«, fuhr Mrs. Keitelbein fort, »hätten wir es selbst im besten Fall mit furchtbaren Verlusten zu tun. Zigmillionen Tote und Sterbende. Großstädte in Schutt und Asche, radioaktive Strahlung, verseuchte Ernten, das Erbgut künftiger Generationen unwiderruflich geschädigt. Wir hätten es mit einer Katastrophe zu tun, wie es sie auf der Erde noch nicht gegeben hat. Die zur Verteidigung von unserer Regierung aufgebrachten

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