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Zeitoun (German Edition)

Zeitoun (German Edition)

Titel: Zeitoun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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geplündert zu haben.
    Der kleine Lebensmittelladen war gerade geplündert worden, und die Polizei hielt Ausschau nach Leuten, die daran beteiligt gewesen sein könnten. Sie fanden Maten. Man legte ihr Handschellen an und nahm sie wegen des Verdachts fest, Lebensmittel im Wert von 63,50 Dollar gestohlen zu haben. Ihre Kaution wurde von einem Richter per Telefon auf 50   000 Dollar angesetzt. Die übliche Kaution für ein derartiges Delikt wäre 500 Dollar gewesen.
    Sie wurde nach Camp Greyhound gebracht, wo sie auf dem Asphaltboden schlief. Dann transportierte man sie ins Louisiana Correctional Institute for Women, Hunts Frauengefängnis, wo sie über zwei Wochen festgehalten wurde. Schließlich kam sie wieder frei, nachdem sich AARP, eine Organisation, die sich für die Interessen älterer Menschen einsetzt, sowie einige Pro-bono-Anwälte ihres Falls angenommen hatten und Associated Press einen Artikel über ihren Leidensweg veröffentlicht hatte.
    Die Anwälte konnten einen Richter schließlich davon überzeugen, dass eine Frau von über siebzig, die sich in einem Hotel einquartiert hatte, wohl kaum Würstchen aus einem Lebensmittelladen stehlen musste. Darüber hinaus konnten sie nachweisen, dass der Laden die Würstchen, die sie bei sich gehabt hatte, nicht mal im Sortiment führte. Maten hatte den Laden nie betreten. Außerdem hätte sie weit agiler sein müssen, als sie es war, um in den verwüsteten Laden zu gelangen, in dem überall Trümmer und Glasscherben herumlagen.
    Am späten Nachmittag hörte Zeitoun, wie eine Gruppe von Wärtern den Zellenblock betrat. Er konnte sie nicht sehen, aber es hörte sich so an, als wären sie mindestens zu viert oder fünft. Eine Zelle weiter den Gang hinunter wurde ratternd geöffnet. Die Wärter schrien und fluchten, und es gab ein Gerangel. Dann war es einige Minuten ruhig, und schließlich wurde die Zellentür wieder geschlossen. Dieser Vorgang wiederholte sich etliche Male.
    Dann war er an der Reihe. Zuerst sah er ihre Gesichter, fünf Männer auf der anderen Seite der blauen Gitterstäbe. Einen von ihnen hatte er schon mal gesehen, doch die anderen kannte er nicht. Sie trugen alle schwarze Kampfanzüge, waren ausgerüstet wie ein Sondereinsatzkommando. Sie hatten Schilde, Schutzpolster, Schlagstöcke, Helme. Sie warteten in Kampfpositur, bis die Tür aufging.
    Zeitoun war fest entschlossen, sich nicht zu wehren. Er würde auf keinen Fall den Eindruck erwecken, auch nur den geringsten Widerstand zu leisten. Als die Zellentür aufglitt, stellte er sich in die Mitte des Raumes, die Hände in der Luft, die Augen geradeaus gerichtet.
    Aber trotzdem stürmten die Männer herein, als wäre er gerade dabei, einen Mord zu begehen. Fluchend stießen ihn drei Männer mit ihren Schilden gegen die Wand. Während sie ihn mit dem Gesicht gegen die Zementsteine drückten, legten sie ihm Handschellen und Fußfesseln an.
    Sie zerrten ihn hinaus auf den Gang. Drei Wärter hielten ihn fest, während die anderen beiden seine Zelle durchsuchten. Sie schlugen das Bettzeug zurück, drehten die Matratze um, suchten den kleinen Raum ab.
    Zwei Wärter nahmen Zeitoun die Handschellen und Fußfesseln wieder ab.
    »Ausziehen«, sagte einer.
    Er zögerte. Bei seiner Ankunft in Hunt hatte man ihm keine Unterwäsche gegeben, deshalb wäre er nackt, wenn er den Overall auszog.
    »Los jetzt«, sagte der Wärter.
    Zeitoun öffnete den Reißverschluss des Overalls und zog ihn sich von den Schultern, schob ihn dann über die Taille runter auf den Boden. Er war von drei Männern in schwarzen Kampfanzügen umringt. Er versuchte, seine Blöße zu bedecken.
    »Vorbeugen«, sagte einer der Wärter.
    Wieder zögerte er.
    »Mach schon.«
    Zeitoun gehorchte.
    »Weiter«, sagte der Wärter. »Pack deine Fußknöchel.«
    Zeitoun wusste nicht, wer ihn inspizierte oder wie. Er rechnete jeden Moment damit, dass etwas in sein Rektum eindringen würde.
    »Okay, aufrichten«, sagte der Wärter.
    Diese eine Demütigung hatten sie ihm erspart.
    Zeitoun stellte sich aufrecht hin. Der Wärter schob Zeitouns Overall mit dem Fuß in die Zelle und stieß dann auch Zeitoun hinein. Während Zeitoun sich wieder anzog, wichen sie mit erhobenen Schilden von ihm zurück und aus der Zelle.
    Zeitouns Tür schloss sich, und die Wärter nahmen vor der nächsten Zelle Aufstellung, um sich den nächsten Häftling vorzunehmen.
    Von den anderen Häftlingen erfuhr Zeitoun, dass diese Durchsuchungen üblich waren. Die Wärter suchten nach

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