Zeitoun (German Edition)
Militärvan noch belustigt. Er schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.
Zeitoun dachte an die Hunde, die er gefüttert hatte. Er fing den Blick eines Soldaten auf, der an der offenen Hecktür des Vans vorbeikam.
»Ich habe ein paar Hunde gefüttert«, sagte Zeitoun. »Wenn ich Ihnen die Adresse gebe, können Sie sie dann holen und irgendwo hinbringen?«
»Klar«, sagte der Soldat. »Wir kümmern uns drum.«
»Soll ich Ihnen die Adresse geben?«, fragte Zeitoun.
»Nein, ich weiß, wo sie sind«, sagte der Soldat und ging weiter.
Der Van fuhr Richtung Innenstadt.
»Bringen die uns zum Superdome?«, überlegte Todd laut.
Ein paar Häuserblocks vom Stadion entfernt fuhren sie durch den Torbogen des New Orleans Union Passenger Terminals, des großen Bahnhofs für Züge der Eisenbahngesellschaft Amtrak und für Greyhound-Busse. Zeitouns erste Vermutung – dass sie zwangsevakuiert wurden – schien sich zu bewahrheiten. Er war erleichtert und lehnte sich auf der Bank zurück. Es war nicht richtig gewesen, ihm nicht zu erlauben, ein paar Dinge mitzunehmen, und er empfand die Behandlung durch Polizei und Soldaten als brutal. Aber gegen das Endresultat war letztlich nichts einzuwenden: Sie würden in einen Bus oder Zug gesetzt und aus der Stadt gebracht werden.
Im Laufe der Jahre hatte Zeitoun immer mal wieder Freunde und Verwandte am Bahnhof abgeholt oder abgesetzt. Das Union Passenger Terminal mit dem üppigen Rasen und den Palmen davor war 1954 eröffnet worden. Das Art-déco-Gebäude sollte eigentlich stattlich wirken, war aber inzwischen von einer gewissen grauen städtischen Malaise gezeichnet. Auf dem Rasen davor stand eine seltsame knallbunte Skulptur, die aussah, als wären etliche Kinderspielzeuge ohne Sinn und Verstand zusammengeklebt worden. Einige Häuserblocks weiter ragte der Superdome auf.
Als sie seitlich an dem Gebäude vorbeifuhren, sah Zeitoun Polizeiwagen und Militärfahrzeuge. Nationalgardisten patrouillierten. Der Bahnhof war in eine Art Militärstützpunkt umgewandelt worden. Ein paar Leute wirkten entspannt, unterhielten sich lässig gegen Militärfahrzeuge gelehnt, rauchten. Andere waren wachsam, als erwarteten sie jeden Moment eine Belagerung.
Der Van hielt vor dem Seiteneingang des Bahnhofs, und die Gefangenen wurden aus dem Wagen geholt und durch die Tür geführt. Als Zeitoun und die anderen die Haupthalle des Bahnhofs betraten, richteten sich sofort fünfzig Augenpaare auf sie – Soldaten, Polizeibeamte und sonstiges militärisches Personal starrten sie an. Außer ihnen waren keine Zivilisten zu sehen. Es war, als wäre die ganze Operation, diese Umwandlung eines Bahnhofs in einen Militärstützpunkt, nur für sie durchgeführt worden.
Zeitouns Herz klopfte dröhnend. Sie sahen keine Zivilisten, keine Sanitäter oder humanitären Hilfskräfte, wie beispielsweise an der Sammelstelle Napoleon Ecke St. Charles. Das hier war anders. Es ging absolut martialisch zu, und die Stimmung war angespannt.
»Soll das ein Witz sein?«, sagte Todd. »Was zum Teufel ist hier los?«
Die vier Männer mussten sich in der Nähe des Greyhound-Fahrkartenschalters auf Klappstühle setzen. Mit jeder Minute, die verging, schien das allgemeine Interesse sich stärker auf Zeitoun, Nasser, Todd und Ronnie zu konzentrieren.
Ringsum wimmelte es von Uniformierten – Polizisten, Nationalgardisten, Gefängnisbeamten mit dem Schriftzug »Louisiana Department of Corrections« auf den Jacken. Zeitoun zählte etwa achtzig Männer und mindestens ein Dutzend Sturmgewehre in einem Umkreis von zehn Metern. Zwei Polizisten mit Hunden bewachten sie, die Leinen fest um die Faust gewickelt.
Todd wurde von seinem Stuhl gezogen und zu dem Amtrak-Fahrkartenschalter an der Wand geführt. Zwei Polizisten blieben rechts und links von ihm stehen, während ein dritter hinter dem Schalter anfing, ihn zu befragen. Die anderen drei Männer blieben sitzen. Zeitoun konnte nicht verstehen, welche Fragen Todd gestellt wurden.
Die Soldaten und Wachen in ihrer Nähe waren nervös. Als Nasser auf seinem Platz hin und her rutschte, wurde er sofort angeschnauzt.
»Still sitzen. Nehmen Sie Ihre Position wieder ein.«
Zunächst sträubte Nasser sich.
»Keine Bewegung!«, sagten sie. »Hände so, dass wir sie sehen können.«
Zeitoun sah sich um. Im Großen und Ganzen war der Bahnhof noch der alte. Er sah die Subway-Filiale, etliche Fahrkartenschalter, einen Informationsstand. Aber es waren nirgendwo Reisende zu sehen. In der Halle
Weitere Kostenlose Bücher