Zeitreise ins Leben (German Edition)
Lichtblitze zuckten in seinem Inneren. Mir war natürlich sehr unheimlich zumute, aber wirklich schlimm wurde es, als sich zuerst ihr linker Arm au f löste und gleich d a rauf ihre ganze linke Seite im Nichts verschwand. Mann, das war nicht gerade das, was ich vor dem Abendessen sehen wollte!“ Jakob wirkte als müsse er sich jeden Moment übergeben und Raimund la chte schallend. „Dann hat sie g e schrien und wie auch noch! Ich hab mir vor Angst fast in die Hosen gemacht. N ichts in der Welt hätte mich aus der Truhe gelockt , um dieser Frau zu Hilfe zu eilen.“ Die Erinnerung schien Jakob ziemlich zuz u setzen. Er war blass und wirkte verschwitzt . Raimund aber hatte Mühe jedes weite re Lachen zu unte r drücken .
„Jedenfalls ist diese Hexe mit Tosen und Geschrei im dichten Nebel verschwunden und eine andere Frau ist dafür erschienen. Die hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr , so wie Frau Hanna vielleicht in jungen Jahren, doch sie war seltsam gekleidet und wirkte wie aus einer anderen Welt . D ie junge Version verschwand dann wieder und Frau Hanna tauchte langsam, aber d a für in einem Stück wieder auf.“ Jakob zitterte am ganzen Leib und schüttete schnell den res t lichen Inhalt seines Bechers in sich hinein.
„Tut mir leid, Herr! Ich gebe zu, in dieser Situation war ich nicht gerade mit Mut gesegnet , aber seit diesem Tag glaube ich an die Existenz von Hexen.“ Raimund sparte sich jede B e merkung . Der Kopf schwirrte ihm von der fantastischen Erzählung . Jakobs G e schichte klang an den Haaren herbeigezogen und erinnerte doch sehr an die Zeitreise von Elisabeth. Vieles hatte sich in letzter Zeit geändert, aber vor allem hatte er gelernt , solchen Geschichten Gla u ben zu schenken. Jakob wirkte inzwischen wie volltru n ken.
„Und nun mein Herr, gehe ich schlafen. Wir haben morgen eine Menge Arbeit vor uns und Ihr sol ltet Euch ebenfalls Ruhe gönnen “, lallte er und stand leicht schwankend auf. Und es stimmte! Raimund brauchte Schlaf. Sein Bein pochte wild und doch musste er mo r gen fit sein, um trainieren zu können. Alleine bei de m Gedanken an die körperliche Tortur, packte ihn bereits freudige Erregung. Er konnte es kaum erwarten sein Schwert wieder in Händen zu halten und ein kräftiges Pferd zwischen den Schenkeln zu spüren. Schließlich lie b te er die körperliche Verausgabung, das Stählen seiner Muskeln und das Schär fen seiner Sinne . Selbst die Gedanken an Elisabeth würde ein hartes Training vertreiben .
10 . Kapitel
Bonifazius wa r ausgesprochen bemüht um mich, aber es gelang ihm stets nur kurz meine G e danken von Raimund abzulenken. Täglich gesellte er sich eine Stunde zu mir und erzählte mir von seinen Kräutern, den Templern und seinem Lieblin g sphilosophen August i nus. Alles was ich mir davon merken konnte, war das Gerücht über die heimlichen Riten der Templer, die sogar innerhalb der Kirche für böse Stimmen sorgten. So gab es bei diesen Männern den Brauch, sich auf den Mund, den Nabel und das Hinterteil zu küssen. Was ich natürlich sehr interessant und witzig fand, wenngleich ich schon kurz darauf verge s sen hatte, zu welchem Zweck und zu welchem Zeitpunkt sie das taten.
Diese Stunden mit Bonifazius waren der einzige Lichtblick des Tages, denn die Stille des Klo s ters machte mich zuweilen richtig trübsinnig. An schönen Sonnentagen war ich es leid eingesperrt zu sein und an regnerischen, kühlen Tagen wäre ich am liebsten überhaupt nicht mehr aus dem Bett gestiegen. Bonifazius bemerkte meinen Zustand voller Sorge und versuc h te mich mit Büchern bei Laune zu halten. Doch eigentlich musste ich mir eingestehen, dass es mir herzlich egal war, wann so eine verdammte Angelica arachangelica (Engelwurz) wuchs und blühte. Das einzig Int e ressante an ihr war, dass man einen guten Kräuterlikör herstellen konnte, der vor allem bei M a genverstimmung zum Einsatz kam. Und mit Magenverstimmung konnte ich mittlerweile ganz gut aufwarten. Ich wusste natürlich seine Mühen zu schätzen, doch sein Unterricht war mit einer Stunde pro Tag zu gering bemessen, um als gute Beschä f tigungstherapie durch zu gehen. Ich fühlte mich in einen zermürbenden Stillstand gezwängt und nur darauf wartend , dass Raimund sich in dem bevorstehenden Turnier ausliefer te oder zu Tode kämpfte . Der ganze Unterricht half gegen diese trübsinnigen Gedanken
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